Stirb langsam...

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„Hi, ich bin David, aber nenn mich einfach Dave!", sagte der pummelige Mann hinter dem Steuer. Nenn-mich-einfach-Dave hielt mir die Hand hin und ich schüttelte sie ihm freundlich. „Ella!", sagte ich und grinste ihn an. „Dankeschön das du mich mitgenommen hast."

„Gern geschehen, Kleine.", brummte er und lächelte schief. „Wie lange genau fährst du noch in die Richtung?", fragte ich und deutete mit dem Kopf nach vorne. „Ach, ich will zur nächsten Großstadt und bis dahin fahr ich noch bis es dunkel wird. Soll ich dich irgendwo auf der Strecke rauslassen?" Ich überlegte kurz. Dr. Morgan meinte ja ich sollte so weit wie möglich weg von hier und genau das werde ich tun. „Wenn es ihnen nichts ausmacht würde ich gerne bis zum Schluss mitfahren...", sagte ich und grinste ihn noch mal an. „Meinetwegen! Ich habe gerne so nette Gesellschaft!" entgegnete er und grinste schmierig zurück. Ja, er war eindeutig gruseliger als Dr. Gruselig...

Nenn-mich-einfach-Dave begann mir schließlich sein halbes Leben zu erzählen und ich musste hier und da nur ein paarmal „Hm..." oder „Ja..." sagen. Nach circa einer Stunde Fahrt, erzählte er gerade von der kürzlich verstorbenen Katze seiner Schwester, als wir an einem Raststätten Schild vorbei fuhren. „Du? Kleine? Wir müssten kurz da mal halten. Ich will mir einen Kaffee holen und den alten loswerden. Wenn du verstehst?" Er lachte laut über seinen eigenen Witz. „Klar!", sagte ich nur. Er blinkte und kurz darauf hielten wir auf dem Parkplatz. „Willst du auch irgendwas?", fragte er als er ausstieg. Ich schüttelte den Kopf. Als Nenn-mich-einfach-Dave weg war kramte ich das Buch von Dr. Morgan aus meiner Jackentasche.

Die Seiten des Notizbuches waren über und über beschrieben mit kleinen, kantigen Buchstaben. Ich blätterte quer durch die Seiten und las hier und dort ein paar Wörter. Schließlich fand ich eine Seite auf der zwei Ringe gezeichnet waren, mit den entsprechenden Beschreibungen. Als Nenn-mich-einfach-Dave wieder zurück kam hatte ich genug gelesen um mir alles andere zusammen zu reimen:

Es gibt zwei Ringe. Einen silbernen und einen goldenen. Diese wechseln ständig den Besitzer. Denn...und jetzt kommt der Knaller... wer den Ring hat wird König der Vampire.

Kurze Erklärung: Sollte einer König werden, der im Besitz des goldenen Ringes ist, übergibt er am Tag seiner Krönung den silbernen Ring an seinen Nachfolger. Dieser muss dann auf den Ring aufpassen wie auf seinen Augapfel. Denn wenn der König mit dem goldenen Ring stirbt, wird am nächsten Krönungstag automatisch, der König, der den silbernen Ring hat. Und dieser gibt dann den goldenen Ring des verstorbenen Königs an seinen Nachfolger und immer so weiter. Mit anderen Worten: Sobald ein König stirbt kloppen sich alle Idioten um den zweiten Ring.

Es geht hier allerding nicht um die Ringe an sich, sondern um die roten Edelsteine. Diese bestehen nämlich aus dem Blut des ersten Vampires der Welt und ein bisschen Magie. Bei dem Wort Magie hatte ich automatisch Jack mit Harry-Potter-Brille und Zauberstab im Kopf. Gruseliger weise sah er selbst dann noch sexy aus...

Aber Sekunde...Wer den Stein hat wird König der Vampire? Ich hab den Stein! Irgendwo...

Vermutlich galt die Sache mit dem König sein aber eh nur den Vampiren und Menschen waren da komplett raus. Na ja... konnte mir jetzt auch egal sein. Ich brauchte einen Plan was ich als nächstes mache. Ganz oben auf meiner Prioritätenliste stand in dicken fetten Buchstaben: ARZT AUFSUCHEN DER NICHTS MIT VAMPIREN AM HUT HAT! Und ich denke dass das vorerst ein sau guter Plan war, denn mir ging es immer noch richtig scheiße und mein Kopf drohte zu explodieren.

„Hey? Kleine?", riss mich Nenn-mich-einfach-Dave aus meinen Gedanken, „Alles gut?", fragte er und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Mal von der Tatsache abgesehen, dass sie dort eh nichts zu suchen hatte, lag sie auch noch viel zu weit oben. Er begann mit einem schiefen Grinsen mein Bein zu streicheln und ich schlug seine Hand weg. Erst sah er enttäuscht aus und dann total wütend. Er riss das Steuer herum und wir hielten mit quietschenden Reifen am Straßenrand. Er kramte kurz in den Fächern seiner Tür und hielt mir dann eine Pistole unter die Nase. „Ausziehen!", sagte er mit einem fiesen Lächeln. „Wie bitte?", fragte ich entsetzt. Er lachte. „Glaubst du kleine Schlampe, dass diese Fahrt für dich wirklich umsonst ist? Also AUSZIEHEN!" Ich schluckte. „I-Ich will, aber nicht...", sagte ich zittrig, obwohl ich vor ihm noch lange keine so große Angst hatte wir vor Jack. „Dann steig aus!", sagte er und ich war noch nie so schnell aus einem Auto gesprungen. Doch anstatt weiter zu fahren, stieg er ebenfalls aus und hielt mich mit der Pistole in Schach, bis er neben mir stand. „Du hast Recht, Kleine. In meinem Truck wäre nicht genug Platz gewesen...", flüsterte er, während er auf mich zukam. Ich wich zurück, doch er änderte die Richtung so, dass ich schließlich mit dem Rücken gegen den Truck stieß. Er kam mir immer näher und sagte schließlich: „Zieh dein T-Shirt aus!" Ich schüttelte den Kopf. „Nun mach schon oder ich blas dir das Hirn weg!" Er zielte mit der Pistole direkt auf meinen Kopf.

Warum musste ich mit neuen Bekanntschaften in letzter Zeit nur so ein Pech haben?

Zitternd zog ich langsam die Jacke aus und ließ sie zu Boden fallen. „Mach endlich!", brummte er ungeduldig und leckte sich über die Lippen. Ich schob, das T-Shirt nach oben und zog es mir mit einem Ruck über den Kopf. Ich wollte ihn nicht einen Moment aus den Augen lassen. Dave Pfiff anerkennend, als er den teuren Spitzen-BH sah, den Jack mir gekauft hatte. Er kam noch ein Stück näher und packte meine Hüfte. Er presste mich mit seinem massigen Körper gegen den Truck und mir stieg der Geruch von Kaffee und Fastfood in die Nase. Ich ekelte mich so. Er hielt mir mit der einen Hand die Pistole an den Kopf während er mit der anderen versuchte den BH zu öffnen. Währenddessen versuchte er seine Lippen auf meine zu pressen. Ich drehte immer wieder den Kopf weg, bis er knurrte: „Halt still!" „Bitte... lassen sie mich in Ruhe...", konnte ich gerade noch so sagen, da drückte er seine fettigen Lippen auf meine. Er küsste schlecht. Sehr. Und es war das ekelhafteste was ich je erlebt habe. In diesem Moment spürte ich wie der BH aufschnappte.

'Gleich würde er mir von den Schultern rutschen!', dachte ich panisch und versuchte meine Hände zwischen mich und Dave zu quetschen um den BH fest zuhalten. Dave schlug meine Hände weg und ging ein Stück zurück um ihn mir vom Körper zu reißen. Doch soweit kam es nicht. Plötzlich wurde Dave und seine Pistole weggerissen und landeten erst 5 Meter weiter stöhnend auf dem Boden. Schnell schloss ich den BH wieder. Und mit einem Male stand ein sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr,...wütender Jack vor mir. Er hatte glühend rote Augen und er knurrte mir zu: „Dass wirst du bereuen, Ella!"

Weitere Tränen strömten über meine Wangen und plötzlich war da ein Gefühl, das mich komplett überraschte. Jack hatte mich eben mehr oder weniger vor meinem Nenn-mich-einfach-Dave-fast-Vergewaltiger retten müssen und hatte mich bedroht...Das Grauen der letzten Tage strömte auf mich ein und ich hatte das Bedürfnis mich bei jemandem auszuheulen. Doch da war nur Jack. Er stand direkt vor mir und schaute mich ultra-mega-wütend an. Und ich Idiotin lief auf ihn zu und fiel ihm in die Arme. Ich spürte wie er sich überrascht versteifte. Doch plötzlich schien er sich zu beruhigen. Er schlang seine Arme um mich. Ich drückte mich einfach weiter an ihn und heulte wie ein Schlosshund. Jack begann meinen Rücken zu streicheln, bis ich über mein Schluchzen hinweg ein Klicken hörte. Fast-Vergewaltiger-Dave hatte seine Waffe entsichert. Jack ließ mich los und drehte sich zu ihm um. Er stellte sich vor mich und ich hörte ihn knurren: „Lästiger Wicht!"

Beim Wort Wicht hätte ich fast gelacht.

Jack ging auf Dave zu und dieser drückte ab. Ich schrie als ich den Schuss hörte. Mit einem Satz war Jack bei Dave und ich schrie ein zweites Mal, als Daves Kopf gegen den Truck prallte. Ohne Körper.

Ich schlug mir die Hände vor den Mund. Jack drehte sich zu mir um und grinste: „Keine Sorge, Prinzessin, sein Schuss hat mich nicht getroffen. Ich bin ausgewich-" Überrascht riss er seine Augen auf und flüsterte: „Scheiße!" „Wa-", weiter kam ich nicht, denn mit einem Mal spürte ich den Schmerz. Ich schaute an mir herunter und sah ein Loch in meinem Bauch. Es blutete. Und dass nicht gerade wenig.

Klar, Jack war der Kugel ausgewichen und ich hatte hinter ihm gestanden. Ich schnappte nach Luft und ging in die Knie. Sofort war Jack bei mir und legte mich auf den Boden.

Ich begann schwer zu atmeten und Panik breitete sich in mir aus. Doch nichts ging über den Schmerz. Es brannte höllisch und ich schrie leise auf als Jack seine Hände auf die Wunde drückte.

„Hey! Hey! Ella? Komm schon! Bleib wach!", hörte ich Jack von weit weg sagen, als meine Augenlieder begannen zu flackern. Mein Blick verschwamm und wurde schließlich ganz schwarz. Ich hörte Jack nur noch aus ganz weiter Ferne etwas sagen, als schließlich auch der Schmerz stumpf wurde. Und dann nahm ich gar nichts mehr wahr.

...


Vampire entführen keine kleinen MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt