Unbeantwortet

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„Ich habe ihn ausversehen her-" „Akustisch hab ich dich schon verstanden!", unterbrach mich Jack und raufte sich die Haare. „Okay...", murmelte er abwesend und stieg aus. Er öffnete meine Tür und zog mich grob am Arm aus dem Auto. Sein Gesicht war plötzlich Wut verzerrt. Er drückte mich gegen das Auto und knurrte: „Fast...Fast hattest du mich soweit dich wirklich gehen zulassen oder zu mindestens am Leben, aber das ändert jetzt einiges. Ich bezweifle nämlich stark das du noch lebst nachdem ich auf der Suche nach dem Ring deinen Bauch auseinander genommen habe..." „Nein...Warte!", hauchte ich und wollte ihn wegdrücken; so viel Abstand zwischen uns zu bringen wie nur möglich, doch er war einfach zu stark. „Bitte...", sagte ich und tränen rannen meine Wangen hinab, als sich seine Augen dunkelrot färbten. „Es geht doch auch anders...", wimmerte ich. „Ach und wie?", fragte er finster. „Na auf dem natürlichen Weg." „Welcher natürliche Weg?" Ich wurde rot. Das werde ich ihm auf keinen Fall genauer erklären. „Wann warst du denn das letzte Mal auf Toilette?", fragte ich entrüstet. Ich weiß nicht ob Vampire auch rot werden können, aber wenn dann wurde er gerade rot. „Na ja, als Vampir ist das nicht nötig...", sagte er, „Wir verbrauchen das Blut wie ihr Nahrung. Ohne funktionieren wir einfach nicht, aber der Unterschied ist, dass dabei keinerlei Rückstände zurück bleiben. Also sind Toiletten für uns überflüssig..." „Ja, schon gut...", sagte ich. Ich wurde langsam nervös und diese Unterhaltung war mir äußerst unangenehm, obwohl es sich eigentlich um etwas vollkommen Normales drehte. Jedoch sprach man jetzt nicht jeden Tag über so etwas. Und schon gar nicht mit einem Vampir!

„Ella? Wie lange dauert es denn bis du...ähm... naja also bis ich den Ring auf normalem Weg wieder bekomme?" „Weiß nicht genau...Circa 24 Stunden? Vielleicht auch ein bisschen länger..." Er nickte langsam. „Gut, steig wieder ein!", meinte er.

Bevor auch Jack einstieg hielt er inne. Er öffnete die Motorhaube und riss ein kleines Gerät heraus. Mit einem wütendem Schrei warf er es quer über das angrenzende Feld.

'Winke, winke GPS-Gerät!', dachte ich schmunzelnd. Erstaunlich das mich so etwas im Moment zum Lächeln bringen konnte. Leon würde uns nicht nochmal so aufspüren können, aber...War Leon nicht tot? 

Ich saß auf dem Beifahrersitz, als Jack den Motor startete. „Und wohin fahren wir?", fragte ich. Ich war mir eigentlich ziemlich sicher, dass er mir nicht antworten würde, doch zu meiner Überraschung sagte er: „Zu einem Arzt! Ich will schauen ob, der den Ring nicht noch schneller aus dir herausholen kann." Wir fuhren schweigend weiter. Ich fand sie ganze Situation total schräg.

Irgendwann begann es wieder zu regnen. Seit Tagen war draußen schon so ein furchtbares Wetter und die Sonne zeigte sich nicht ein Mal. Ob ich sonst Jack schon längst losgeworden wäre? Oder war er einer dieser Vampire die nur in der Sonne funkelten wie eine Disco-Kugel? Ich schob den Gedanken beiseite. Er würde mich jetzt auch nicht weiter bringen.

Als der Regen gegen die Scheiben prasselte hätte ich mir am liebsten die Ohren zugehalten. Es war ein so unangenehmes Geräusch. Außerdem war es kalt im Wagen und ich hatte immer noch nur das blutverschmierte Nachthemd und Unterwäsche an. Das einzige das mir warm vorkam waren meine Füße. Sie waren dick eingewickelt und ich spürte das Blut in ihnen pulsieren. Mein Sprint vorhin hatte den Verletzungen definitiv nicht gut getan.

Es bildete sich Gänsehaut und ich fröstelte. Ohne zu fragen griff ich nach den Knöpfen für die Heizung und schaltete sie an. Jack missbilligte dies mit einem Blick, sagte aber nichts. Schließlich fragte ich etwas das mir schon die ganze Zeit im Kopf herumspukte: „Du hast vorhin gesagt, dass du beschlossen hättest mich doch nicht zu töten...Warum?" Er reagierte nicht gleich und starrte nur auf die Straße, dann sagte er: „Eigentlich nur aus Prinzip! Ich kann mir vorstellen, dass mein Bruder sich wiedermal lustig über mich gemacht hat, weil ich nicht mitbekommen habe das du, nach dem Blutsaugen, immer noch am Leben warst. Als ich noch jünger war hat er das auch immer mit mir abgezogen. Damals habe ich, um es ihm zu beweisen, die Leute, die am Leben geblieben waren, besonders grausam umgebracht. Doch ich bin mittlerweile der Meinung, dass, das zumachen was mein Bruder von mir erwartet, Schwachsinn ist. Also um mir selbst zu beweisen wie selbstständig ich doch bin, wollte ich dich gehen lassen. Was, wenn ich es jetzt so ausspreche, auch schon wieder schwachsinnig klingt..."

Ich starrte ihn nur an. Es fühlte sich falsch an irgendetwas dazu zusagen, doch es ärgerte mich die Tatsache, dass er die Idee mich am Leben zu lassen für Schwachsinn hielt.

Wir fuhren gerade durch ein kleines Städtchen als mein Bauch sich lauthals beschwerte. Natürlich ich hatte bis auf einen Ring nichts weiter gegessen. Ich bemerkte Jacks Blick aus dem Augenwinkel. Er schien zu überlegen was er jetzt machen sollte. Schließlich bog er links ab und hielt am Drive-In-Schalter irgendeines Fastfood-Restaurants. „Hast du Lust auf etwas bestimmtes zu essen?", fragte er. „Äh...Keine Ahnung...Einen Burger vielleicht...", sagte ich und es hörte sich wie eine Frage an. Schließlich bestellte Jack jeden zweiten Burger auf der Karte und sämtliches andere Zeugs. Viel zu viel als das ich alles alleine essen könnte.

Als wir zum nächsten Fenster fuhren und Jack bezahlte, verdeckte er mit seinem Oberkörper fast das ganze Autofenster, damit mich die Kassiererin nicht sah. Dasselbe zog er auch am Essensschalter ab und machte die seltsamsten Verrenkungen um mir die Tüten zureichen und dabei keinen Blick auf mich zuzulassen. Aus meiner Perspektive aus sah ich nur einen kleinen Fernseher, der neben dem gelangweilten Mitarbeiter stand. Es liefen gerade die Nachrichten. Ich konnte zwar nicht verstehen was gesagt wurde, aber es wurde ein Foto von mir eingeblendet. Ich erstarrte. Jack wollte mir gerade die dritte Tüte reichen als er meinen Blick sah. Auch seine Augen blieben kurz auf dem Bildschirm hängen. Er legte die letzte Tüte einfach auf meinen Schoß und fuhr los. Ich hörte ihn leise vor sich hin fluchen, während ich mit zitternden Fingern einen Burger aus der Tüte holte. Sie suchten mich bereits und das wurde zu einem Problem. Ich sah wie er seine Lippen vor Wut aufeinander presste. Plötzlich fragte er: „Hättest du ein Problem damit deine Haarfarbe zu ändern?" Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte, obwohl die Frage ganz leicht war. Mir fiel auf das ich in letzter Zeit sehr oft ratlos war und nicht wusste was ich tun sollte. „Hab ich eine Wahl?", fragte ich schließlich. Er grinste: „Nur zwischen rot und schwarz." 'War ja klar!', dachte ich und antwortete genervt: „Dann rot!" „Also schwarz!", sagte er lächelnd. 'Arschloch!'

Ich nahm den zweiten Burger aus der Tüte. „Und dass soll schmecken?", fragte Jack mit einem Seitenblick auf mich. Ich zuckte mit den Schultern: „Nur wenn man nicht darüber nachdenkt was drin sein könnte. Könnt ihr Vampire denn gar keine menschliche Nahrung zu euch nehmen?" „Schon, aber sie bringt uns nichts. Weder Energie, noch sonst irgendwas.", sagte er, als wir gerade die kleine Stadt verließen.

„Zu welchem Arzt fahren wir?", fragte ich. „Zu jemandem der keine Fragen stellt. Er ist eine Art alter Freund von mir." Bei dem Wort Freund verbreiterte sich sein Grinsen. „Aha...Und Jack?", fragte ich. „Ja?", sagte er. Ich merkte wie er langsam die Nase voll hatte von meinem ständigen Gefrage.

„Ist Leon tot?"

Jacks Griff ums Lenkrad verstärkte sich. „Vermutlich nicht!", sagte er bitter, „Feuer bringt uns nicht so schnell um..." „Was ist eigentlich in dem Zimmer passiert?"

Ich wusste dass es nicht klug war weiter zu fragen, aber wenn er schon mal ein bisschen redet, wollte ich so viel wie möglich erfahren. Er seufzte. „Wir haben ausversehen beim Kämpfen die Gasheizung kaputt gemacht und das Zimmer hat sich mit Gas gefüllt. Ich musste nur noch mein Feuerzeug werfen und es ist explodiert. Ich dachte so kann ich etwas Zeit schinden. Ich hoffe es hat funktioniert..."

Er schwieg wieder, doch da waren noch so viele Fragen, die ich hatte. „Was ist eigentlich so besonders an diesem Ring? Und wovon soll Leon König werden? Hat das irgendwas mit dem Ring zu tun? Und wie-" „Hör auf mir Fragen zu stellen!", knurrte Jack, also schwieg ich wieder. Ich hatte es wohl überstrapaziert. 

Nachdem ich satt war lehnte ich meinen Kopf an die Fensterscheibe und schlief schließlich mit der wichtigsten aller Fragen im Kopf ein:

Was wird Jack mit mir machen wenn er den Ring erstmal hat?



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Hallöle,

Tut mir leid, dass dieses Kapitel etwas langweilig geworden ist, aber es mussten ein paar wichtige Fragen geklärt werden, damit die Handlung voran geht. Ich weiß, ich habe ziemlich heftiges Info-Dumping betrieben. Bitte nehmt es mir nicht übel.

Bis zum nächsten (, spannenderem) Kapitel😉😃


Vampire entführen keine kleinen MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt