Prolog

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WUNSCH

SUBSTANTIV

1. etwas, das man gerne haben möchte

2. eine geäußerte Bitte

3. etwas, das man jmdm. wünscht

Als Kind hatte ich immer Stunden damit verbracht, aus Spielzeugkatalogen die tollsten Sachen auszuschneiden. Der Stapel war meist zu groß, die ganzen tollen Sachen eindeutig zu viel für mein kleines Zimmer. Ich sortierte aus, aus einem Stapel wurden zwei. Einen für die Guten, die die ich unbedingt haben wollte und einen für die nicht so Guten, die ich mir auch im nächsten Jahr aussuchen könnte.

Mit viel zu viel Kleber befestigte ich die Papierschnipsel schließlich auf einem noch weißen Blatt, um dann mit großen roten Buchstaben WUNSCHZETTEL darüber schreiben zu können. Der Rand wurde mit krakeligen Sternen und Weihnachtsbäumen verziert, unten in der Ecke hockte ein Weihnachtsmann, dessen schneeweißer Bart bis auf den Boden reichte.

Nun musste ich nur noch warten. Tage lang rannte ich immer wieder ins Wohnzimmer, um hinter den Blumentopf zu sehen, hinter den ich mein fertiges Werk gelegt hatte. Jedes Mal lag es noch an selber Stelle, hatte sich nicht bewegt oder war davongetragen worden. Ob der Weihnachtsmann es finden würde? Hatte ich ihn doch zu gut versteckt? Vielleicht hätte ich ihn doch wie letztes Jahr einfach auf den Kamin legen sollen. Allerdings war er beim nächsten Luftzug, welcher durch geöffnete Fenster durch das Zimmer fegte, hinab auf den Boden gesegelt und mit Freuden von Kitty, der schwarz-weißen Katze, zerfetzt worden.

Als der Wunschzettel jedoch am nächsten Tag verschwunden war, hüpfte ich voller Freude quietschend durch das ganze Haus, um jedem die frohe Botschaft zu überbringen. Meine Wünsche waren auf dem besten Weg in Erfüllung zu gehen.

Ich hatte schon immer viele Wünsche gehabt. Zu viele für den armen beschäftigten Weihnachtsmann. Jedes Weihnachten konnte er mir nur die Hälfte erfüllen, so wurde der Zettel von Jahr zu Jahr länger und länger. Aufgegeben hatte ich nie, denn aufgeben gehörte noch nie zu meinem Wortschatz.

Dieses Jahr hatte ich zum ersten Mal nur einen Wunsch. Trotzdem war er zu groß, um ihn auf einen Zettel zu kritzeln und zu hoffen, der dicke rot-weiße Mann würde ihn erfüllen. Und das lag nicht nur daran, dass es draußen seit Tagen brüllend heiß war und wir uns mitten im Sommer befanden.

Ich wollte frei sein.

Frei von Verboten und Vorschriften. Frei von Schubladen, in welche mich die Gesellschaft steckte. Frei von schmerzenden Worten und kaputt machenden Sätzen. Frei von verärgerten Blicken, von ungläubigem Getuschel. Frei von ständig belastender Angst. Frei von zweifelnden Fragen, von gebrochenem Vertrauen.

Ich wollte frei sein, um ihn lieben zu können.

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Die Story selbst ist frei erfunden allerdings befinden sich wahre Teile in ihr. Ich möchte mit ihr einige Probleme unserer Gesellschaft aufzeigen und so, einfach wie möglich auf sie aufmerksam machen. 

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