Dort ging er. Leicht schlurfend und ein Stock mit sich herziehend.
Vom Alter war sein Gesicht verschrumpelt und seine Augen bewölkt. Eine braune Mütze tief ins Gesicht gezogen und einen auffällig altmodischen Mantel um die Schultern.
Am auffälligsten jedoch, war sein missbilligender Blick den er hin und her warf.
Auf die Jugendlichen, mit den Blicken am Smartphone klebend.
Auf das junge Pärchen, dass sich wild und anstandslos in der Öffentlichkeit küsste und befummelte.
Auf die saufenden Studenten, die an einer Mauer lehnten und ungeniert lästerten.
"Es widert mich an", sagte er, die Lippen verächtlich verzogen.
Auf die Kinder die hämisch lachend ein weinendes Kleinkind mit Müll und Essensresten bewarfen.
Auf die sehr junge, seines Erachtens zu junge, Mutter die wütend keifend ihr Kind schlug.
Auf den betrunkenen Bauarbeiter, der auf dem Gehsteig saß und mit lallender Stimme lauthals sein Unglück beklagte, während er jungen Frauen heimlich hinterhersah.
"Es widert mich an.", sagte er grimmig. Jedoch ging er achtlos vorbei, vorbei an dem Kind, dass die Mutter so lange anbettelte, bis sie erlaubte, dass es sein zwanzig Euro schweres Taschengeld einem Bettler spenden durfte.
An der freiwilligen Jugendlichen, welche Geld für Familien in armen Ländern sammelte.
An dem mutigen kleinen Mädchen, dass sich schützend vor das mit Müll beworfenes weinendes Kind stellte.
An dem jungen Mann, der ohne groß nachzudenken auf das fallengelassene Portemonnaie einer jungen wohlhabend gekleideten Frau aufmerksam machte.
Immer weiter ging er, seinen Blick starr und verstockt nur auf die guten Seiten der Vergangenheit und die schlechten Seiten der Gegenwart gerichtet; immerzu mit den Worten auf den Lippen:
"Es widert mich an."
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Tür Um Tür - Kurzgeschichten
NovellaEin großes Anwesen mit vielen Türen. Lächelnd trippelte sie durch die langen Korridore und fuhr mit den Fingern an den rostrot gekleideten Wänden entlang. Ihre kleinen Füße huschten über den ausgefransten Samtteppich der jegliche Geräusche zu versch...