Kapitel 3: Gewonnen

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Ich hab nie verstanden, warum sie so oft so gemein zu Melo war, immerhin war sie ihre Schwester.

Melo schüttelte nur den Kopf. Ich musste gucken, dass sie so schnell wie möglich wieder hoch in ihr Zimmer kam. Aber vorher mussten wir noch anstoßen. Davon hatte ich ihr aber gar nichts gesagt, hoffentlich machte ihr das nichts aus, schließlich wollte ich die Wette ganz gewinnen und nicht nur halb.

„Melo? Es gibt da noch etwas. Wir müssen noch Anstoßen. Danach bring ich dich sofort wieder hoch. Versprochen.", flüsterte ich ihr zu und merkte wie sie zurück zuckte. Anscheinend kannte sie so eine 'Nähe' noch nicht. Mich wunderte es. Aber ich sagte nichts dazu.

Sie fiel hier auf. Sie fiel mehr als alle Huren hier auf. Sie war die kleine, graue Maus. Die Unschuld vom Lande. Die Außenseiterin. Und trotzdem zog sie alle Blicke auf sich.

Sie nickte wieder, schaute mich aber immer noch nicht an.

„Dabei müssen wir uns in die Augen gucken, Melo.", erklärte ich ihr.

Sie erhob ihren Kopf langsam und schaute mich an.

Ich wollte sie nicht länger als nötig hier unten lassen, daher hob ich meinen Becher, sie tat es mir gleich und wir stießen an. Schauten uns dabei aber intensiv in die Augen. Ich war gefesselt von ihren Augen. Jedoch musste ich mich auf das Trinken konzentrieren und trank schnell einen Schluck. Genauso wie sie.

„Wow. Glückwunsch zum gewonnenen Geld, Mar.", sagte Ethan und stand zusammen mit Eli auf.

„Fresse.", sagte ich zu ihm und beachtete ihn nicht weiter.

„Soll ich dich wieder hoch bringen?", fragte ich Melo und wartete auf ihre Antwort. Sie nickte ziemlich schnell.

„Dann komm.", sagte ich und ging gefolgt von ihr wieder aus dem Wohnzimmer raus und die Treppen hoch.

„Danke.", flüsterte sie und schloss ihre Türe wieder auf.

„Nichts zu danken, Melo. Ich habe zu danken. Immerhin habe ich durch dich die Wette gewonnen und bin somit um 400€ reicher."

„Trotzdem. Bis dann, Mar.", sagte sie und schaute mich endlich wieder an.

„Bis dann Melo.", verabschiedete ich mich von ihr. Sie öffnete die Türe und ging in ihr Zimmer. Lächelte mich noch einmal leicht an und schloss die Türe.

Ich schüttelte grinsend den Kopf und lief wieder runter ins Wohnzimmer, wo Kilian und Milo immer noch auf der Couch saßen. Ich ließ mich neben sie fallen und ging mir mit der Hand durch das Gesicht.

„Wie haste das geschafft?", fragte Kilian lachend und schlug mit mir in ein High Five ein.

„Tja. Ich kanns halt. Müsstest du doch wissen.", sprach ich grinsend.

Die zwei Idioten schüttelten nur lachend den Kopf.

„Ich geh mir noch was zu trinken holen.", klärte ich sie auf und stand wieder auf. Holte mir noch einen Becher mit Wodka und schaute mit die Leute hier weiter an.

Viel war nicht mehr los, die meisten waren schon gegangen. Ich schaute auf die Uhr und sah, dass es schon kurz vor 3:00 Uhr war. Langsam sollte ich mich auch mal auf den Weg nach Hause machen. Es würde eh nichts mehr auf der Party passieren. Die meisten Huren waren schon beschäftigt.

Ich trank den Becher leer, ging zurück ins Wohnzimmer und sagte den anderen bescheid, dass ich nach Hause gehen würde. Kein Bock mehr auf den Scheiß. Milo und Kilian beschlossen dann auch mitzukommen. Also gingen wir die anderen kurz suchen, jedoch fand ich nur noch Lu, die sich mit irgend so einem Spinner unterhielt. Wir sagten ihr bescheid, sie meinte, dass sie gleich nachkommen würde. Also ließen wir sie stehen und gingen raus.

„War das ne scheiß Party.", sagte Milo.

„Ich bin noch nicht mal wirklich betrunken.", sagte Kilian und verzog das Gesicht.

„Ich auch nicht, aber was solls. Haben wir morgen wenigstens keinen Kater.", sagte ich und ging den Gehweg weiter lang.

„Na dann. Bis morgen, Leute.", sagte Milo und ging zu seinem Haus.

„Jo.", sagte ich und ging zu unserer Haustüre. Schloss sie auf und trat meine Schuhe von meinen Füßen. Auf Schlafen hatte ich noch gar keinen Bock, aber hier war nichts mehr los, also blieb mir nicht wirklich viel übrig.

In der Küche holte ich mir noch schnell eine neue Wasserflasche und lief die Treppen hoch. Ernsthaft nun? Ich verdrehte die Augen, als ich das Gestöhne aus dem Schlafzimmer meiner Eltern hörte. Wieso hatten eigentlich alle Sex an dem Abend, außer ich? Ich lief in mein Zimmer und schloss die Türe hinter mir.

Schmiss meine Sachen in die Wäsche und ging kurz duschen. Was für ein seltsamer Abend das war. Erst die Alte, die mir schnell einen blies, dann der verdammte Lap Dance, dann die Wette, dann Melo und dann ohne ein Weib gefickt zu haben nach Hause. Der Abend hätte deutlich besser laufen können, aber Hauptsache ich war um 400€ reicher geworden.

Nach dem Duschen zog ich mir eine frische Boxershorts an und legte mich ins Bett. Schnappte mir mein Handy und schaute, was in Facebook noch so alles abging, aber dort war wie eigentlich immer nur unwichtige Sachen, die niemand interessierten.

Ich drückte auf ein paar Likes, weil die Weiber echt geil aussahen und schaltete das Handy wieder aus. Legte es auf meinen Nachttisch und schloss die Augen.

Immer wieder schauten mich diese blauen Augen an. Wie sie zum Schluss gelächelt hatte und ihre Augen ein wenig mehr Glanz bekamen. Wieso verfolgten mich ihre Augen. Wieso dachte ich überhaupt an sie? Ich hatte in den letzten Jahren kaum was mit ihr zu tun und mein Typ ist sie sicherlich nicht. Aber irgendwas war an ihr, was mich in ihren Bann zog.

Blaue Augen, blaue Augen, blaue Augen. Das konnte doch nicht sein. Ich drehte mich im Bett hin und her, aber sie verfolgten mich. Genervt öffnete ich wieder meine Augen und ging auf den Balkon. Hielt mich am Geländer fest und zog die frische Luft tief in meine Lunge ein. Ich musste einfach auf andere Gedanken kommen. Nur nachts um 03:21 Uhr blieb einem nicht viel übrig.

Ich atmete noch einmal tief durch und ging zurück in mein Zimmer. Schmiss mich wieder ins Bett und versuchte zu schlafen, aber sobald ich meine Augen zumachte kamen wieder diese blauen Augen. Wie schüchtern sie die ganze Zeit auf den Boden geguckt hat. Wie sie in ihrem pinken Häschen Pyjama vor mir stand und es nicht realisiert hatte, wie sie sich deswegen geschämt hatte und die Tür vor meiner Nase wieder zugeschlagen hatte. Wie sie mir in die Augen geschaut hatte, als wir angestoßen hatten. So einen intensiven Blick habe ich noch nie bei jemanden gesehen. Aber was sollte das?

Sie war halt Melo. Melo, die ich seitdem ich klein war kannte. Die, mit der wir die letzten Jahre keinen wirklichen Kontakt mehr hatten. Die, die sich von allen abgekapselt hatte und niemanden an sich ran ließ. Die, die keine Freunde hatte und lieber zu Hause alleine in ihrem Zimmer saß und las.

Es waren seltsame Gedanken die mir kamen. Aber das lag sicherlich an den paar Bechern Wodka die ich getrunken hatte.

Summer RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt