Kapitel 16: Mordokai (Teil 2)

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Es war ein groteskes Bild wie James da stand und nicht wusste was er sagen sollte. Wie ein Stummer, der versucht, einem Blinden die Welt zu beschreiben. Lou grinste dreckig und ging um James rum. „Weißt du mein bester“, fing er an „ich mag dich. Wirklich. All die Leute, denen ich ein Angebot machte, waren gierig, wollten nie teilen. Ihnen ging es immer nur um Macht, Reichtum, Sex und anderen irdischen Vergnügens. Nur du“, er hob den Zeigefinger und deutete mehrere Male auf ihn, „du warst anders. Familie, Haus, Geld war dir ganz egal.“ Mordokai’s lächeln verflog und seine Miene wurde ernster. „Beinahe hättest du es wirklich geschafft. Der erste Mensch, welchen ich nicht „Abkassiere“. Dennoch und vielleicht auch deswegen musste ich dich bestrafen. Versuchen dich zu brechen. Deine Tochter war Mittel zum Zweck und ein Erfolg. Ich spüre, wie der Hass, die Wut in dir Steigt. Dein einst friedliches, liebes Wesen wich. Ermordet. Von dir selbst, deiner zweiten Seite.“ Er umrundete James nun schon zum zweiten Mal und musterte seine Gesichtszüge. Seine dunklen Augen musterten James und durchbohrten ihn regelrecht. Ein greller Blitz zuckte durch die Nacht und erhellte den Raum. Das Gesicht von Lou sah alt und eingefallen aus, als ob er bei jeglicher Berührung zerbrechen könnte. Regentropfen hämmerten immer lauter gegen die Fensterfront.

Der laute Knall des Donners holte James aus seiner Versteinerung. Seine Augen fielen beiläufig auf die Uhr. Genau Neun zeigte sie und sein Blick versuchte Mordokai zu folgen. Seine Körperbehaarung richteten sich auf und ein frösteln durchfuhr ihn, es schien kühler geworden zu sein. Für einen Bruchteil dachte James, er könne seinen Atem sehen, aber alles wirkte so surreal. Taylor versuchte etwas zu sagen, doch sein Mund war trocken, genau wie seine Lippen. Als er seinen Mund öffnete, sprang die untere Lippe auf und Blut lief ihm das Kinn runter. Kein Ton, nur Stille. In seinen Augen breitete sich Panik und Verzweiflung aus. Jeder Versuch einen Ton raus zu bekommen, brach seine Lippe weiter auf. James sackte auf die Knie, in seinem Kopf stach ein Schmerz, doch seine Schreie blieben Stumm. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen und sein Körper schrie still vor Schmerzen.

Amüsiert über dieses Bild beugte sich Lou zu James runter. „Na James, wollen wir es zu Ende bringen?“ Der alte Mann lachte und schaute in die Augen von James. Plötzlich ging ein Zucken durch James Körper und er fühlte sich wieder normal. Er erhob sich und schaute hasserfüllt Mordokai an. „Was soll dieses Spiel? Bringen wir es einfach zu Ende, du elender Bastard!“ Entschlossen klang seine Stimme. Mordokai wich einen Schritt von James weg und schmunzelte. „Sieh an, sieh an. Hast du endlich den Mut mir Widerstand zu leisten?“ Lou lachte laut und der Raum begann dabei zu beben. Bücher fielen aus dem Regal und die Vitrine stürzte zusammen. Die Flaschen zersprangen in einem ohrenbetäubenden Knall. Glas und Flüssigkeit flog durch die Luft und verbreiteten sich im ganzen Raum. Ohne eine Reaktion stand James vor ihm. Verzog keine Miene und schaute weiter auf den alten Mann.

Ohne dass James davon Kenntnis nahm, hüpfte bei dem Beben die Zigarre aus dem Aschenbecher und rollte am Schreibtisch vorbei und blieb hinter seinen Füssen liegen. Langsam floss der Alkohol in Richtung Schreibtisch, wo beide Standen, als ob er einen eigenen Willen hatte. „James, ich möchte dir einen Gefallen erweisen.“ Sprach Lou mit ruhiger Stimme. „Ich biete dir die Chance, einen ehrenvollen Tot zu geben. Na was sagst du dazu?“ James schmunzelte nur. „Es gibt keinen ehrenvollen Tot, Lou! Tot ist nun mal tot.“ Mordokai zuckte mit den Schultern „Aber immerhin dürftest du Wählen, wie er aussieht.“ Langsam kroch der Alkohol weiter und passierte James. Fast an der Zigarre. „Geh zurück wo du herkamst und lass mich Sterben. Alleine.“ James Augen funkelten vor Abscheu und Hass. Ohne ein weiteres Wort drehte Mordokai sich um und ging zur Tür. Als er die Treppe hinunterging hörte er, wie sich das Feuer entfachte und der Raum brannte. Keine Schreie. „Schade. Er war tapfer.“

Nachdem Lou das Gebäude verlassen hatte, zog er seinen Hut tiefer ins Gesicht und schaute nochmal zur Fensterfront hinauf. Der Raum brannte Lichterloh und der Rauch drückte gegen die Schreiben, als ob er einen Ausweg suchte. Seufzend schüttelte er den Kopf. „Dann soll er in Frieden gehen.“ Lou schnippte einmal und das alte Gemäuer knirschte und bröckelte langsam. Dachzinnen fielen herunter und Mauersteine zerbrachen. Das Haus alterte im Sekundentakt. Das Mauerwerk viel zusammen und das Gebäude fiel in sich zusammen. Eine Staubwolke fegte über das Grundstück und das Feuer erstickte. Der alte Mann schaute gegen den Regen und seine Miene wurde finster. „Armer James. Ich hab zwar nun dich, aber deine Schuld ist nicht beglichen. Wo ist deine verdammte Frau hin? Ohne sie, ist nichts beglichen.“ Schweren Schrittes ging Mordokai zur Straße. „Die Suche kann beginnen.“

Ende

 

Breaking News: In der Mewton Street ist heute gegen neun Uhr abends ein grausames Unglück geschehen. Das alte Herrenhaus der Taylors brach, wahrscheinlich wegen eines Brandes, zusammen. Der leitende Feuerwehr Inspektor geht von einem Unfall aus. Es konnte eine Leiche geborgen werden, Charles Thomas, der Butler der Familie. Schwer Verletzt und ohne Bewusstsein, konnte James Taylor aus den Trümmern geborgen werden. Er schwebt in Lebensgefahr. Die Aufräumarbeiten sind noch im vollen Gange und werden bis in die frühen Morgenstunden anhalten, bis die Straße wieder freigegeben wird. Wir halten sie auf den Laufenden, wenn die Straße wieder befahrbar ist.

Die Mordokai Trilogie: Der GastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt