Kapitel 14: Klarheit

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Als Dr. Pensly ins Zimmer kam, war James verschwunden. Seine Sachen waren aus dem Schrank genommen, der offen stand und das Patientengewand lag auf den Boden. „Verflucht“ schimpfte Pensly und ging zum Telefon. „Mrs. Taylor? Hier spricht Dr. Pensly aus dem St. Monica Krankenhaus. Ihr Mann … ja Ex-Mann Mr. Taylor ist aufgewacht. Nein, er ist nicht mehr hier. Ich wollte gerade nach ihm sehen und er war nicht mehr in seinem Zimmer. Ja, gewiss doch, aber…. Mrs. Taylor bitte, lassen sie mich mal aussprechen. Ihr Mann braucht eine Behandlung, wir haben einen Tumor festgestellt, welcher auf das zentrale Nervensystem drückt. Es verursacht außerdem Störungen der Wahrnehmung und könnte zur ernsten Gefahr für James werden. Vielleicht wissen sie ja wohin er gehen…. Ok, ja verstehe. Wir werden die Behörden informieren und eine vermissten Anzeige nach ihm aufgeben.“ Dr. Pensly legte auf. Er seufzte. „Hoffentlich verkraftet er es, was in einem Jahr nach seiner Abwesenheit alles passiert ist.“

James ging umher, nicht wissend wo er war. Als er einen Taxistand fand, stieg er in das nächste Taxi, sagte dem Fahrer die Adresse und fuhr Richtung zu Hause. Nach über einer Stunde kam er endlich an und bezahlte den Fahrer mit einem Hundert Dollar Schein. Ohne auf das Wechselgeld zu warten stieg er aus und begutachtete sein Haus. Es war mittlerweile verwildert und ziemlich ungepflegt. Er öffnete das alte Tor und ging zur Haustür. Er suchte in seinen Taschen nach dem Schlüssel für die Haustür, fand aber keinen. Widerwillig drückte er die Klingel und wartete. Schritte waren zu hören und langsam öffnete sich die Tür. Charles blickte in das eingefallene Gesicht von seinen Hausherren und in seiner Miene erblickte man das erste Mal etwas, was wie ein Lächeln aussah. „Guten Abend Sir. Ich Freue mich sie wiederzusehen.“ Sagte Charles und machte einen Schritt beiseite, damit James eintreten konnte. Ohne etwas zu sagen, schritt James an ihm vorbei, die Treppe empor.

Als er an seinen Arbeitszimmer ankam öffnete er die Tür, drehte sich um und brüllte zu seinem Butler runter: „Wenn dieser alte Mann endlich aufkreuzt, schicken sie ihn zu mir hoch! Verstanden?“ ohne eine Antwort abzuwarten ging James rein und schlug die Tür zu.

„Mrs. Taylor?“ fragte der junge Arzt und schaute auf die junge Frau, die weinend auf dem Stuhl im Gang saß. Clara blickte mit roten Augen zu ihm auf und schluchzte. „Mrs. Taylor, ihr Mann ist in einer Art Schockzustand. Sein Geist kann nicht verarbeiten, was er gesehen hat. Sehen sie es als Koma an. Wir wissen nicht, wann er wieder aufwacht oder ob er jemals sich davon erholen wird.“ Dr. Pensly klang mitfühlend und ehrliche Trauer lag in seiner Stimme. Clara nickte nur und folgte dem Arzt in das Zimmer ihres Mannes, der dort lag. Friedlich sah James aus, nur seine Augen waren in ständiger Bewegung, was man unter den Lidern deutlich sah. „Rufen sie mich an, falls er erwacht. Egal wann.“ Antwortete sie kühl, „Ich hab ein Kind zu beerdigen.“ Daraufhin verließ Clara das Zimmer.

Als sie bei ihren Haus ankam, wartete Charles schon an der Tür mit einer besorgten Miene. „Mrs. Taylor, ich wurde informiert über das was geschehen ist. Wie geht es ihren Gatten?“ fragte Charles und ließ Clara eintreten. Als Charles die Tür geschlossen hatte, drehte sich Clara um und schaute ihn an. „Charles, können sie bitte die Beerdigung für meine Tochter organisieren? Ich werde meine Sachen packen und von hier fort gehen. Alles erinnert mich an sie und ich kann das nicht mehr ertragen.“ Charles nickte „Gewiss doch.“ Daraufhin ging sie nach oben, packte einige ihrer Sachen und stellte die gepackten Koffer in die Empfangshalle. Der Hass stieg in ihr hoch. Auf den Fahrer des Pickups, auf ihren Mann, auf die gesamte Welt. Wie konnte jemand so grausam sein und den Eltern das Kind nehmen? Er war schuld. Er allein. Hätte James Eli nicht allein gelassen, wäre nie etwas passiert. Er liegt zu Recht im Koma und hoffentlich leidet er. Er soll die Szene sein restliches Leben wieder und wieder erleben.

Charles fuhr Clara zur Beerdigung. Es regnete und Charles hielt den Regenschirm, damit sie nicht nass wurde. Das Grab war geschmückt mit roten und weißen Rosen, der Priester hielt seine Rede über Vergänglichkeit des Lebens und das es zu früh war, aber alles seine Göttliche Fügung nimmt. Nachdem die Trauergäste ihr Beileid ausgesprochen hatten, war Clara alleine am frischen Grab ihrer Tochter. Sie schickte Charles zum Wagen, da sie einen Moment alleine mit ihrer Tochter sein wollte. In aller Stille weinte sie. Sie senkte den Kopf und schloss die Augen zum Gebet. Eine Hand wurde auf ihre Schulter gelegt. „Mein Beileid, Mrs. Taylor.“ ,sprach jemand von der Seite zu ihr. Als Clara hochblickte stand Mordokai neben ihr. Der ältere Herr schaute betroffen, aber irgendetwas an seinem Gesicht stimmte nicht. Clara versuchte irgendwas auszumachen, kam aber nicht drauf. „Wissen sie Mrs. Taylor, ich bin ein Freund ihres Mannes. Wir wurden noch nicht vorgestellt, mein Name ist Mordokai.“ Der alte Mann lächelte und reichte ihr die Hand. Clara ging einen Schritt zur Seite und war ein wenig überfordert. „Ja, ähm… schön sie kennen zu lernen. Danke dass sie an der Trauerfeier teilgenommen haben. Das bedeutet uns sehr viel.“ Sprach sie wie einstudiert. Mordokai senkte seine Hand wieder und lächelte. „Mrs. Taylor, ich wollte ihnen ein Geschenk machen.“ Sprach er ruhig. Clara drehte sich von Mordokai weg. „Das ist weder der Richtige Ort, noch die Richtige Zeit.“ Sagte sie und ging zum Wagen, wo Charles schon wartete und ließ Mordokai stehen.

Charles fuhr Clara zum Bahnhof und brachte ihr Gepäck zum Bahnsteig. „Wo werden sie hinfahren?“ fragte er sie und schaute leicht betrübt. „Charles, ich weiß es nicht. Ich muss weg von hier, ein neues Leben beginnen. Bitte kümmern sie sich um das Haus und meinen Mann. Wenn er wieder erwacht, wird er sie brauchen.“ Sagte Clara und stieg in den Zug. Charles wartete noch bis der Zug sich in Gang setzte und verließ den Bahnsteig. Auf den Rückweg schauderte es ihm und Charles fuhr rechts ran. Es war kalt und er konnte seinen Atem sehen. Er vernahm ein Wispern hinter sich und drehte sich um. Keiner zu sehen, er war allein. Verwundert fuhr er weiter.

Als Charles das Auto abstellte und zum Haus ging, hörte er wieder dieses Wispern, diesmal ein wenig lauter. Der Wind wehte leicht und er blickte um sich. Wolken zogen auf und verdunkelten die Sonne. Es war spät geworden und Charles bekam eine Gänsehaut. Das Herrenhaus sah nun bedrohlich und alt aus, als ob es über den Tag um einhundert Jahre gealtert wäre. Langsam ging er den Weg zur Haustür entlang und beobachtete den Garten. Von der Schönheit war nichts mehr übrig, alles sah verwildert aus und ungepflegt. Ein Blitz erhellte für einen kurzen Augenblick die Dunkelheit und es fing an zu Regnen. Schnell eilte der Butler zur Tür und verschwand im Haus. Durch die Fenster sah man, wie die Lichter eingeschaltet wurden und sich jemand im Haus bewegt.

Auf der anderen Straßenseite stand Mordokai, der Regen durchnässte ihn. Ein grinsen war auf seinen Lippen zu sehen. „Bald, mein Freund. Bald komm ich vorbei. Wenn die Zeit gekommen ist.“ Sagte er und verschwand in der Dunkelheit.

Die Mordokai Trilogie: Der GastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt