Kapitel 19: Plot Twist

Start from the beginning
                                    


Jade:

Mannomann, zum Glück hatte ich das Badezimmer betreten können und das gerade noch rechtzeitig! Sonst hätte sie dasselbe gesehen, was ich nun im Spiegel erblickte: Ein tomatenrotes Gesicht. Verdammt, wäre sie noch näher an mich heran gerutscht, hätte sie womöglich noch mein laut und wild schlagendes Herz gehört! Gott, ja, ich gab ja zu, dass ich gerne noch einen zweiten Kuss auf die Stirn gehabt hätte! Wieso mussten sich ihre Lippen auf meiner Haut so gut anfühlen? Und wenn schon dieser Kuss auf die Stirn mich so in Aufregung brachte...was würde dann mit mir passieren, wenn sie mich mal wirklich auf die Lippen küssen würde?

Als ob! Ich war mir nicht einmal mehr sicher, ob sie überhaupt dasselbe verrückte Gemisch an Hormonen und Gefühlen in sich herum trug wie ich, wenn sie bei mir war. Ich wusste es nicht...und genau diese Art von Rätsel-Spielen gefielen mir nicht. Es endete immer nur in falschen Hoffnungen und gebrochenen Herzen. Doch bei einem war ich mir zu hundert Prozent sicher: Sollte es jemals zu einem echten Kuss kommen, würde in mir eine Explosion der Gefühle stattfinden. Zu dramatisch ausgedrückt? Ich war Autorin, für mich war kein Wort der Welt mehr dramatisch, sondern gehörte zum Schreib-Alltag. 

Das hier, das war nicht mehr das „Jacy", was ich anfangs nur als Spaß hingestellt hatte. Das war purer Ernst. Es war diese doofe Frage, die sich jede Lesbe oder in meinem Fall, Bisexuelle, stellte: Freundin oder Freundin Freundin? "Ich würde dich zum Üben küssen" oder "Ich küsse dich mit Leidenschaft und will mit dir zusammen sein"?

Ich versuchte, innerlich wieder runter zu kommen und zu meinem Erstaunen klappte es schneller, als ich es gedacht hatte. Natürlich klappte es... Normalerweise brachte mich nur eines aus dem Konzept und zwar Macy. Und die war zum Glück immer noch im Wohnzimmer.

Hm...wenn sie immer noch im Wohnzimmer saß... Diese plötzliche Idee kam mir so schnell, dass ich nicht darauf achtete, ob ich stolperte, wenn ich zu Macys Zimmer raste. Ich riss den Reißverschluss meiner Tasche offen und das auf eine grobe und brutalere Weise, die ich mir nie so zugetraut hätte. Letzteres war mir in meinem ungeduldigen Zustand ziemlich egal. Ich hatte die Idee JETZT, also musste ich auch JETZT schreiben! Als ich den Laptop öffnete, war ich froh, dass er noch auf Standby geblieben war, denn dadurch konnte sich die Seite mit meiner Geschichte sofort öffnen: My Frenemy.

Ganz ehrlich, ich war seit meinem letzten Schwarm Renè auf die Idee gekommen, ein bisschen etwas von meinem realen Leben hineinzupacken. Anfangs hieß der Kerl der Geschichte noch Ray, bis er, seit meiner Ankunft in Deutschland zu Mason wurde. Die Hauptperson der Lovestory, Josie, hatte davor auch anders geheißen, aber ich wusste nicht mehr, wie. Genauso wenig hatte ich vorher geahnt, wie sehr mein Zusammentreffen mit Macy die Story verändern würde.

Und diesen Gedanken, sie zu küssen... Er ging einfach nicht mehr aus meinem Kopf, genauso wie der Gedanke, dass auch Josies und Masons erster Kuss noch nicht gekommen war. Dieses Sache wuchs mir über den Kopf, aber ich wollte die Geschichte nicht beenden, ehe alles sein Happy End gefunden hatte. Also schaute ich mich noch einmal um, um zu checken, ob Macy gekommen war. Da aber anscheinend die Luft rein war, ließ ich nur meine Finger über die Tasten gleiten und blickte konzentriert auf den Bildschirm.

Meine Gedanken wanderten vor sich hin, während die Worte aus meinen Kopf sich es auf dem Bildschirm bequem machten. Ja, My Frenemy war ein Roman, der von meinem Leben inspiriert worden war. Und das von einem Ereignis, bei dem ich niemals vermutet hätte, dass es passieren würde. Es lag mir am Herzen und bedeutete mir viel. Aber dann wiederum war es nichts weiter als eine Geschichte...die irgendwann ihr Ende finden musste. Somit tippte ich einen Entwurf für das letzte Kapitel, der mir nach mehrerem Durchlesen überraschenderweise doch gut gefiel. 

My Frenemy (GirlxGirl)Where stories live. Discover now