~ Kapitel 10 ~

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Wasser. Beruhigendes, warmes Wasser. Okay, beruhigend war gelogen, denn ich war viel zu aufgewühlt, um irgendwie beruhigt werden zu können, aber es war immerhin schön warm. Und das leise Plätschern lenkte mich wenigstens ein klein bisschen von dem, was gerade passiert war, ab. Was auch immer das gewesen war und was immer Jackie da geritten hatte.
Seufzend stellte ich das Wasser aus, trocknete mich ab und zog mir im Eiltempo irgendetwas an, bevor ich Jackie ins Bad ließ und nach unten in die Küche ging. Es war niemand da, ein Glück. So konnte ich mir in Ruhe Gedanken machen, was ich zum Frühstück kredenzen konnte. Wir hatten gerade nicht so viel im Haus, also fiel meine Wahl wohl oder übel auf Toast. Toast, Marmelade und Kaffee. War doch gar nicht so verkehrt... ja okay, eigentlich doch, aber das musste ich Jackie ja nicht verraten. Meine Eltern waren wohl gerade einkaufen, so wie es in unserer Vorratskammer aussah.
„Ich hab einen Bärenhunger", stellte Jackie fest, als sie meinem leisen Singen folgend nach unten in die Küche kam, und sie strahlte mich an.
Unweigerlich fuhr mein Blick an ihr herunter und ich seufzte. Warum tat sie sowas? Barfuß, nasse Haare und dazu nur ein riesiger Hoodie, den sie sich wohl aus meinem Schrank geklaut hatte. Und er war wirklich riesig, wie ein Kleid, fast länger als ihrs gestern. Sie sah bezaubernd aus. Das merkten auch meine Schmetterlinge.
„Kaffee?", versuchte ich mich irgendwie zu beruhigen, als Jackie sich vor einen der Teller an den Frühstückstisch setzte und sich einen Toast nahm.
„Zwei Löffel Zucker, keine Milch", meinte sie und schaute durch die Marmeladen, die ich auf den Tisch gestellt hatte. Sie entschied sich für Erdbeere, eine gute Wahl.
„Danke fürs Frühstück. Was machen wir heute?", fragte sie dann beiläufig. „Worauf hast du Lust?"
Und diese Sätze waren einfach zu viel. Perplex stand ich mit dem Milchkarton und einer offenen Kühlschranktür vor ihr, starrte sie einfach nur an. Sicherung durchgebrannt, Platte komplett gesprungen. Was tat sie da? Erst küsste sie mich, dann tat sie so, als wäre alles cool und hä?
Nachdenkend merkte ich nicht, wie Jackie aufgestanden und zu mir gelaufen kam.
„Erde an Rotschopf", wedelte sie wohl schon etwas länger mit ihrer Hand vor meinem Kopf herum.
„Rotschopf an Grünschopf: Bin wieder gelandet", seufzte ich irgendwann und setzte mich zu ihr an den Tisch. Mein Kopf hatte jetzt Sendepause. „Musik?"
„Klingt super."


„Ich weiß nicht, ob du was willst, aber ich brauch jetzt was zur Beruhigung", murmelte ich und begann, mir nen Joint zu rollen. Mein Kopf wollte die Sendepause nicht wirklich akzeptieren, also musste ich irgendwie nachhelfen. Das Musik machen eben war einfach zu viel gewesen. Ihr Lächeln, ihre Stimme, ihr ... alles.
„Klar doch", meinte sie aber nur und setzte sich zu mir ans offene Fenster. Nachdem ich den ersten Zug genommen hatte und der Rauch meine Lungen füllte, ging es mir irgendwie gleich schon besser. Ich mochte das Zeug. Hatte was von Schweben.
Abwechselnd reichten wir uns den Joint hin und her, hörten leise Musik und schauten einfach nur nach draußen. Es war düster geworden, der Herbst zeigte seine fiesen, kalten Seiten. Es war schön, ein Dach über dem Kopf zu haben.
„Mir ist kalt", murmelte auch Jackie irgendwann, als wir einfach nur noch am Fenster saßen. Etwas benommen stand ich auf, schloss das Fenster und schon Jackie sogleich Richtung Sofa.
„Dann komm her", meinte ich und ließ mich auf die Kissen fallen, sie kuschelte sich sofort zu mir. Und es war perfekt. Der Stoff entfaltete langsam seine Wirkung, wir lagen eng aneinander gekuschelt auf meinem Sofa und so langsam breitete sich dieses Gefühl in mir aus, dieses Leichte, diese Freiheit. Ich liebte es.
„Ist das da ein Dinosaurier an deiner Decke?", fragte Jackie irgendwann und ich schaute nach oben.
„Ich würde eher auf Eichhörnchen tippen", kicherte ich und schüttelte den Kopf. Man hatte einfach viel zu viel Fantasie nach so nem Joint...


„Du bist nicht nur mein Teddy, Teddy", meinte Jacke leise zu mir und ich war erst mal verwirrt.
„Hä?"
„Ich will was von dir..., ich hab mich in dich verliebt..., ich will mit dir zusammen sein..., besser?", erwiderte sie dann angenervt und ich riss die Augen auf, starrte sie an.
„Äh, ja, doch?", lachte ich hilflos und bekam einen Boxhieb von der Seite zurück.
„Idiot", erwiderte sie nur und ich nickte. Ja, das war ich.
„Ich weiß. ... Aber mir geht's genau so", murmelte ich dann aber doch und war ziemlich stolz auf mich. Das war ja doch ganz einfach.
Im nächsten Moment hatte sie sich auch schon wieder zu mir nach oben gebeugt und mich geküsst. Daran könnte ich mich echt gewöhnen. Vor allem, mit ihr hier den ganzen Tag ohne etwas zu tun liegen zu bleiben.
Nah kuschelte ich mich an sie heran, ihr Rücken an meiner Brust, um sie zu wärmen, denn sie zitterte immer noch. Bei ihrer Konstitution auch kein Wunder.
Leise summte ich vor mich hin und zog sie noch näher an mich heran. Es war unglaublich gemütlich und entspannend.
„Mehr kuscheln", murmelte sie nur müde und zog an meinem Arm. Mehr? Ich wusste nicht, wie sie sich das vorstellte. Länger war mein Arm wirklich nicht und brechen wollte ich ihn auch nicht... Doch sie nahm sich nur meine Hand und stopfte sie an ihre Brust. Ich erstarrte kurz. Das war doch nicht ihr ernst.
Vorsichtig versuchte ich mich etwas von ihr zu lösen, doch sie ließ es nicht zu, sodass ich meine Hand an der Stelle ließ, wo sie es wollte, und sie nur noch näher an mich zog. Meinetwegen...

Thinking out loud (Ed Sheeran)Where stories live. Discover now