Kapitel 15

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Diegos Sicht

Als ich zu Hause ankam, war überall gähnende Leere und Stille vorzufinden. Ich fragte mich, wo meine Schwester  wohl sein mag, ich wollte ich helfen. Damit sie nicht mehr traurig sein musste, und wieder nach vorne sehn konnte. Sie war meine Schwester, und ich liebe sie nun mal. Auch meine Eltern konnte ich nirgendwo finden. Eine Tür wurde aufgerissen, und ich zuckte erschrocken zusammen. <<Da bist du ja endlich, wir haben dich schon vor einer Stunde zu Hause erwartet.>> Ich konnte den Vorwurfsvollen Klang in der Stimme meiner Mutter sehr gut erkennen. Ich bekam immer Angst, wenn sie so mit mir sprach. <<Ja, es tut mir leid, Mutter. Aber ich musste noch länger im Studio bleiben, weil...>> Ich schwieg, da ich keine Ahnung hatte, was ich jetzt sagen sollte. <<Weil du was?>> Die Stimme meiner Mutter war so scharf, das sie mich wahrscheinlich schon beim Sprechen in zwei Teile schneiden konnte. Sie kam auf mich zu, und ihre eisblauen Augen funkelten mich wütend an. <<Ich musste etwas wichtiges erledigen.>> sagte ich, und hoffte, dass sie nicht merkte, wie verlogen ich war. <<Und was? Der einzigste Grund, wieso du dich nicht an unsere Regeln haltern müsstest, wäre deine Mission. Aber bei der wirst du wahrscheinlich genauso scheitern, wie bei der letzten.>> Es verletzte mich, was sie zu mir sagte, aber sie hatte recht. Ich würde bei dieser Mission scheitern, aber wegen einem anderen Grund, wie das letzte Mal. Ich würde so oder so verlieren. Die Frage ist nur: Wen? Meine Eltern, die mich groß gezogen hatten, und immer für mich da waren, oder meine große Liebe, die mir mehr bedeutete als alles andere. Weil sie mir gezeigt hatte, wie es sich anfühlt, glücklich zu sein, ohne irgendjemanden dafür umbringen zu wollen. <<Das war auch der Grund, also bitte las mich jetzt in Ruhe.>> sagte ich im Flüsterton. Ich schlich mich an ihr vorbei, doch sie zerrte mich am Handgelenk zurück. <<Nicht so schnell, Diegito.>> Diese Worte brachten mir eine Gänsehaut, am ganzen Körper. <<Was ist den noch?>> fragte ich genervt, und richtete meinen Blick auf sie. <<Dein Vater und ich werden kurzfristig verreisen müssen, für eine Mission, die sehr wichtig ist. Die Organisation hat uns aufgetragen, nach Tokio zu fliegen. Ich verlange, das du keinen Mist baust, und auf deine Schwester aufpasst!>> Ihre Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. <<Jetzt kannst du gehen.>> Das ließ ich mir nicht wie Mal sagen. So schnell ich konnte, rannte ich die Treppen hoch, und in mein Zimmer. Ich schlug die Tür zu, und griff nach meiner Gitarre. Ich wusste nicht genau, was ich spielte, aber es drückte das aus, was ich fühlte. Meine Wut, Verzweiflung und Angst. Als ich fertig war, klatschte jemand leise. Erschrocken drehte ich mich um. <<Das war eine sehr schöne Melodie, du solltest du Noten aufschreiben.>> sagte Ludmila, und setzte sich auf mein Bett. <<Wie bist du hier reingekommen, ohne das ich es bemerkt habe?>> fragte ich verzweifelt, und sah mich im Raum um. <<Du bist ein schrecklicher Spion. Ich war schon im Raum, bevor die reingekommen bist.>> sagte sie lachend, und sie erinnerte mich einen winzigen Augenblick lang an meine Mutter. <<Ja, ich weiß. Aber was willst du hier?>> fragte ich sie, und setzte mich zu ihr aufs Bett. <<Ich hab auf dich gewartet, weil ich dich fragen wollte, wie es dir geht. Du hast heute ziemlich mitgenommen gewirkt.>> Mein Blick richtete sich auf den Boden. Sie kannte mich einfach viel zu gut. In ihren Augen konnte ich Sorge und Kummer erkennen. <<Viel wichtiger ist doch, wie es dir geht.>> sagte ich leise, und griff nach ihrer Hand. <<Ach was. Mir geht es gut. Ich habe nur nach gedacht.>> Sie log mich an, das bemerkte ich sofort. Das ist nun mal so bei Geschwistern. <<Und vom Nachdenken fängt man an mit weinen?>> fragte ich, als ich die geröteten Augen, und ihre nasses Gesicht näher betrachtete. Sie lehnte sich gegen mich, und schloss für eine Weile die Augen, die meinen so ähnelten. <<Mama und Papa wollten mit uns reden, wenn du nach Hause kommst. Wir sollten lieber runter gehen.>> flüsterte sie leise, und wollte sich aufrichten, doch ich hielt sie zurück. <<Nein, das müssen sie nicht. Unsere liebe Mutter hat mir schon gesagt, das sie und Papa wegen einer Mission nach Tokio müssen.>> sagte ich und lächelte sie aufmunternd an. <<Echt?>> Ihre schlechte Laune war mit einem Mal wie weggeblasen, und sprang nun fröhlich auf und ab. <<Wie lange sind sie weg? Ein Jahr oder noch besser Zwei?>> In ihrer Stimme schwang enorme Freude mit. <<Nein, leider nicht. Nur ein paar Tage, schätze ich.>> Noch in der Bewegung, drehte sie sich in meine Richtung, und fiel so zu Boden. <<Ludmi!>> rief ich, und stürmte besorgt auf sie zu. <<Mist!>> fluchte diese nur und betastete ihren Knöchel. <<Er ist nicht gebrochen. Vielleicht ist es ein Bänderriss oder eine Verstauchung.>> murmelte sie. Ich war ihr einen verwunderten Blick zu. Doch nun sammelte ich mich wieder. <<Kannst du aufstehen?>> fragte ich und hielt ihr meine Hand hin. Sie stützte sich bei mir ab, damit sie sich aufrichten konnte. Sie lief ein paar Schritte nach vorn. <<Es tut noch ein bisschen weh, aber es geht schon.>> sagte sie, während ich sie langsam aus dem Raum führte. Wir erreichten ihr Zimmer, und ich schloss hinter uns die Tür. Ludmila legte sich ins Bett, und ich küsste sie auf die Stirn. <<Ruh dich ein bisschen aus. Okay?>> Ich deckte sie mit der Decke zu, und verließ das Zimmer. Ich nahm mir vor, selbst etwas zu schlafen. Doch ich wachte immer wieder auf, und konnte einfach nicht ruhig im Bett liegen. Also beschloss ich, meiner Schwester noch einen Besuch abzustatten. Ich wusste, das es sie nervte, wenn ich immer so über vorsorglich war. Aber ich will doch nur kurz nachsehen, ob es ihr gut geht. Also schlich ich mich leise in ihr Zimmer. Es war mitten in der Nacht, und deshalb ziemlich dunkel, aber der ich fand dennoch den Weg zu ihrem Bett, und setze mich auf die Kante. Auf einmal ertönte ein herzzerreißendes Gewimmer, und ich brauchte eine Weile, um zu begreifen, das es von meiner Schwester kam. Sie schlief zwar tief und fest, aber dennoch unruhig. Einen Augenblick lang, war der Mond einen schimmernden Lichtkegel auf ihr Gesicht, und ich sah, wie eine Träne ihr die Wange runter rollte. Ich hatte noch nie jemanden im Schlaf einen sehen. Und diese Erfahrung bei meiner Schwester zu machen, meinem Fleisch und Blut, war noch viel trauriger, als ich es mir hätte vorstellen können.

Diecesca und Fedemila-Spione liebt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt