Kapitel 2 (Schule...)

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"Was zum Henker ist das?"
fragte ich ungläubig und hob den dunklen Ärmel des Outfits hoch, welches mir gerade eben Yui gebracht hatte.
"Die Schuluniform Kaida-san,"
erwiderte sie schüchtern und fummelte verlegen an ihrer roten Schleife herum.
"Und ich soll das jetzt wirklich anziehen? Und abends zur Schule gehen?"
entgegnete ich ein wenig aufbrausender, die Blonde schrumpfte sichtlich zusammen und nickte zögernd. Ich seufzte, kratzte mich am Hinterkopf und sagte
"na schön."

Eine viertel Stunde später saß ich mit Blondi und den sechs Jasons in einer adretten Limousine und erreichte kurze Zeit später das Schulgebäude. Meine Motivation hatte ich sicherheitshalber in meinem Zimmer gelassen. Nachdem ich mit den anderen das viel zu große Haus betreten hatte, zog mich Reiji zur Seite und sagte
"du bist mit Shuu in einer Klasse. Aber orientiere dich nicht an seinem Verhalten er...".
Weiter kam der Handschuhträger nicht, denn ich schnitt ihm unbekümmert das Wort ab und sagte
"ist zu nichts zu gebrauchen und ein Taugenichts. Ja, ja. Du kannst deinen Bruder echt nicht leiden, stimmt's?"
Aber eine Antwort wartete ich erst gar nicht ab, sondern wandte mich einfach um und machte mich eigenhändig auf die Suche nach meinem Klassenzimmer.

"Oi Bitch-chan, Lust auf ein kleines Abenteuer auf dem Dach?"
sagte plötzlich jemand. Ich drehte mich nach rechts und erblickte Laito, welcher sich lässig gegen eine Wand gelehnt hatte.
"Und der Preis für den schlechtesten Anmachspruch des Tages geht an – Trommelwirbel bitte – Laito Sakamaki, auch bekannt unter dem Namen "Ich flirte alles an, was nicht bei drei auf dem Baum ist". Danke, aber nein danke,"
lieferte ich dem Rothaarigen einen vernichtenden Konter und betrat das Zimmer hinter ihm. Ich musste mich zusammenreißen, um keinen Siegestanz aufzuführen, denn ich erblickte einen schlafenden Shuu in der letzten Reihe, ergo, Kaida the Master of Doom hatte das richtige Klassenzimmer gefunden. Friss das Reiji, ich komme auch sehr gut ohne deine Anweisungen klar! Mit einem selbstgefälligen Grinsen auf den Lippen ließ ich mich ebenfalls in der letzten Reihe nieder, kramte meine Kopfhörer aus meiner Tasche und machte irgendetwas Klassisches an. Meiner Meinung nach passte das perfekt zum langweiligen Unterricht und untermalte tadellos die trostlose Stimmung der Schüler.

Die Pause verbrachte ich, clever wie ich war, auf dem Mädchenklo. Denn jetzt mal ehrlich, zwar waren Vampire keine Menschen, aber welches männliche Wesen, das noch einigermaßen bei Verstand war, ging schon freiwillig auf die Mädchentoilette. Somit erhöhte sich meine "Ich wurde schon von dem und dem Blutsauger gebissen"-Bilanz nicht und ich hatte eine einigermaßen erholsame Pause. Übrigens hatte es Reiji bei mir heute noch mehr verschissen, als er mir während der Autofahrt einen Cranberrysaft mit der Begründung, dass ich ja die Beute sei und nicht an Blutarmut verrecken solle, reichte. Und Ayato hatte wirklich Glück, dass er nicht mit mir in einer Klasse war, sein ständiges "meine Wenigkeit hier, meine Wenigkeit da" ging mir langsam wirklich auf die nur sehr leicht strapazierbaren Nerven. Allmählich verstand ich Subarus Aggressionsproblem und Shuus Sehnsucht nach Ruhe.

Nach der Pause hatte ich eine Freistunde, in der ich nicht wusste, was ich mit meiner gewonnenen Zeit anfangen sollte. Also beschloss ich, mich auch mal im Schulgebäude umzusehen. Schlechteste Idee ever.
"Kaida-chan, ich habe Durst, bring mir etwas zu trinken,"
erhob Kanato seine Stimme und stellte sich mir in den Weg.
"Junge, bei dir hackt's wohl, ich bin doch nicht dein Mädchen für alles,"
erwiderte ich noch ausgesprochen ruhig dafür, dass mich dieser Kerl wie seinen persönlichen Butler behandelte.
"Aber du willst uns doch nicht wütend machen, ne Teddy?"
entgegnete der Lilahaarige und neigte seinen Kopf zu dem braunen Plüschbären in seinen Armen. Ich rief mich innerlich zur Ordnung, seufzte und fragte zuckersüß
"was willst du denn trinken?"
"Dein Blut,"
antwortete er, riss seine Augen auf und stand plötzlich direkt vor mir. Nett... er war kleiner als ich.
"Hab Cranberrysaft da, falls das auch okay ist,"
meinte ich trocken und hielt dem Psychopaten den vollen Tetrapack hin. Anscheinend gefiel dem Lilahaarigen mein Angebot nicht sonderlich, denn er schlug das Getränk achtlos bei Seite und drückte mir danach sofort mit einer Kraft, die man ihm in keinster Weise ansah, meine Kehle zu. Ja gut... vielleicht war ich ein wenig zu unüberlegt ihm gegenüber vorgegangen.
"Werden wir sie jetzt aussaugen, Teddy?"
lachte der Lilaäugige in einem psychopathischen Unterton und kam meinem Hals immer näher. Leichte Schweißperlen sammelten sich auf meiner Stirn und ich biss reflexartig meine Zähne zusammen.
"Kanato-kun,"
hörte ich plötzlich eine hohe Mädchenstimme rufen, perplex ließ mich der Vampir los und sagte
"ist das nicht Yui-chan, Teddy?"
Dann hatte er sich auf einmal in Luft aufgelöst. Unwillkürlich fing ich an zu husten und dachte, danke Yui, ich bin dir echt was schuldig.

Die letzte Schulstunde verbrachte ich mit meiner Klasse, welche seltsamerweise nur aus fünf Leuten bestand, im Musiksaal. Intelligenter Weise handelte es sich um eine überaus sinnvolle Vertretungsstunde, also redeten die drei Schüler vor mir über irgendeinen Blödsinn, während ich meine Füße auf den Tisch legte und ununterbrochen in mein Handy starrte. Was ich genau machte ließ sich relativ einfach erklären. Ich durchforstete jegliche social media Seiten und sortierte meine Musik. Als ich das erledigt hatte, blieb mir noch eine endlos lange halbe Stunde der Langeweile übrig, womit hatte ich das nur verdient. Obwohl... ich könnte ja mit jemandem reden. Aber dieser jemand würde mich entweder anherrschen, ignorieren oder – und das war jetzt meine Lieblingsmöglichkeit, nicht – mich auf den Gang ziehen und aussaugen. Hm... ach egal, no risk no fun.
"Hey... Shuu,"
sagte ich extra leise um auch ja nicht den erwünschen Geräuschpegel zu überschreiten. Der Angesprochene öffnete eines seiner Augen und blickte mich ausdruckslos an,
"was willst du."
"Was hörst du gerade?"
fragte ich. Eine Weile herrschte Schweigen, dann nahm der Blonde einen seiner Kopfhörer aus dem Ohr und hielt ihn mir hin. Unauffällig setzte ich mich neben den Vampir, nahm seine Einladung zum Musikhören kommentarlos an und lauschte gespannt. Sanfte, melodische Klänge von Streichinstrumenten, welche von einem großen Orchester leise begleitet wurden, drangen in mein Gehör und ich lächelte.
"Bedrich Smetana – Die Moldau. Guter Musikgeschmack, Shuu,"
stellte ich leicht schmunzelnd fest. Für einen kurzen Moment schien der Vampir tatsächlich überrascht zu sein, doch dann kehrte seine gewohnt ausdruckslose Miene zurück und er fragte recht beiläufig
"du hörst Klassik?"
"Hin und wieder mal,"
antwortete ich und wir lauschten wieder stumm der Musik.

Bis(s) Sie Mir Den Letzten Nerv Rauben (Diabolik Lovers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt