Die PR-Feier

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"Grace, du hast dich ja so verändert.", lächelte meine Tante, die ich seit locker 5 Jahren nicht mehr gesehen hatte.

Doch plötzlich war sie hier. Plötzlich befand sich so gut wie jede Person aus meiner Vergangenheit, mit mir in einer Wohnung. Anscheinend war ich die Einzige, die keinen von ihnen kannte. Alle waren mir fremd. Vollkommen fremd...
Doch auf dieser 'Feier', wollten meine Eltern allen beweisen, dass sie es mit ihrer Erziehung doch nicht so ganz verhauen haben. Ich gönnte es ihnen! In 5 Stunden war ich sowieso auf dem Weg nach Hamburg und würde keinen von ihnen je wieder sehen.
Doch jetzt musste ich erstmal, in diesem unbequemen aber eleganten Kleid, auf gut erzogenes Mädchen machen!

"Ja, es ist lange her.", bemerkte ich.

"Du siehst wirklich hübsch aus.", antwortete sie, um diese peinliche Stimmung zu beenden.

"Danke.", lächelte ich.

"Grace!", rief mich Micha zu sich.

Er stand, an die Wand gelehnt, in der Küche und hielt zwei Bierflaschen in der Hand.

"Entschuldigung.", verabschiedete ich mich bei meiner Tante und ging dankend zu Micha.

Er hielt mir eine Bierflasche entgegen.

"Danke, du bist meine Rettung.", nahm ich die Flasche lächelnd entgegen.

"Runde quatschen?", schlug er vor und deutete auf den Balkon.

Ich nickte und öffnete meine Flasche.
Er ging vor, setzte sich auf die Bank und nahm einen Schluck von seinem Bier.
Ich setzte mich neben ihn und sah zum letzten Mal auf die Stadt.

"Du wirst hier fehlen.", bemerkte Micha und stieß mich grinsend an.

"Ich bin doch nur zwei Wochen weg.", erwiderte ich.

"Du gehörst trotzdem einfach zu uns. Es wird komisch sein, ohne dich. Immerhin haben wir dich seit drei Jahren ununterbrochen an der Backe.", schmunzelte er und sah auf die Stadt.

"Ihr werdet mir auch fehlen.", lachte ich.

"Sami will nächste Woche hier schlafen.", erzählte er.

"Das ist doch cool."

"Ja, aber ich hätte es besser gefunden, wenn du da gewesen wärst. Sie mag dich, außerdem bist du das einzige Mädchen hier.", antwortete er.

"Was ist los? Das ist doch noch mehr...", bemerkte ich an seinem Blick.

"Ehrlich gesagt, wollte ich sie was wichtiges fragen...", murmelte er verlegen.

"Das wichtige, was ich denken?", fragte ich aufgeregt.

"Ob sie meine Frau sein will.", flüsterte er.

"Awww.", fiel ich ihm um den Hals.

"Und ich dachte es wäre cool wenn du dabei wärst.", versuchte er mich zu überreden.

"Ich werde nicht absagen! Du kannst doch einfach noch ein paar Tage, mit dieser wichtigen Frage warten. Für mich?", bettelte ich.

"Aber nur ein paar Tage, sonst sucht sie sich noch wen anderen zum heiraten.", knickte er ein.

"Wird sie nicht, sie liebt dich!", erwiderte ich.

"Da seid ihr ja!", kam meine Mum um die Ecke.

"Was gibts?", fragte ich genervt.

"Weg mit dem Bier! Da drinnen möchten Leute dich sehen. Sie sind nur für dich hier!", zwag meine Mum und nahm mir die Flasche aus der Hand.

Ich seufzte und stand auf.

"Dann wollen wir uns mal präsentieren.", zwinkerte ich Micha zu.

"Viel Spaß.", antwortete er amüsiert.

Ich schwang mich durch die Tür und da waren auch schon wieder die nächsten Fremden, die meine Mum 'Verwandte' nannte.

"Grace, du bist ja so groß geworden.", bemerkten sie und betrachteten mich.

Meine Mum grinste stolz.

"Danke, dass ist mir auch schon aufgefallen.", antwortete ich.

Sie begannen zu lachen.

"Grace, was hast du den jetzt mit deinem Abitur vor?", wollten sie wissen.

Meine Mum sah mich nervös an.

"Ich habe erstmal nicht vor zu studieren. Ich wollte erstmal eine Ausbildung machen, studieren kann ich danach immer noch.", erklärte ich entschlossen.

"Das finde ich sehr vernünftig.", antworteten sie, zur Erleichterung meiner Mutter.

"Wir sind so stolz auf Grace. Seitdem sie sich entschlossen hat, bei Luca zu leben, was für uns wirklich nicht leicht war, hat sie sich zum positiven verändern.", lächelte meine Mum und nahm meine Hand.

Ich habe mich dazu entschlossen? Davon habe ich aber nichts mitbekommen! Ich sollte zu Luca, ob ich das wollte oder nicht. Aber anscheinend wird sich hier alles so geschoben, dass man sich am besten präsentiert.

Als die 'Verwandten' sich wieder an dem Buffet bedienten, zog ich Mum zur Seite.

"Ich wollte also zu Luca?", stellte ich sie zur Rede.

"Grace, wir wissen doch wie es war, aber für unsere Verwandten ist das schwer zu verstehen.", redete Mum sich raus.

"Mum, ich bin nicht sauer. Ich verstehe nur nicht, warum ihr nicht die Wahrheit sagt?"

"Weil sie nicht schlecht von uns denken sollen. Für uns gab es kein Problem, als wir dich zu Luca geschickt haben. Wir hatten das besprochen und alle waren einverstanden. Für unsere Verwandten, klingt das allerdings, als würden wir dich nicht wollen und dich daher zu deinem Bruder abschieben.", erklärte sie.

"So hat es sich für mich schon angefühlt.", gab ich mit gesenktem Kopf zu.

"Mein Engel, du weiß, dass es nicht so war. Wir wollten nur das beste für dich! Wenn das bei dir anders 'rüber kam, tut uns das leid.", versuchte meine Mum mich aufzumuntern.

"Schon ok.", murmelte ich.

Ich hatte nun wirklich keine Lust auf Streit. Außerdem war es ja die beste Entscheidung meines Lebens gewesen, zu Luca zu ziehen. Also konnten ich ihnen gar nicht böse sein.

"Hier, dein Bier.", gab Mum mir schmunzelnd meine Flasche zurück und deutete auf den Balkon.

"Danke.", grinste ich, gab ihr einem Kuss auf die Wange und betrat wieder den Balkon.

Micha saß immer noch auf der Bank und sah auf die Stadt.

"Du Stalker.", lachte ich und setzte mich wieder neben ihn.

"Glaubst du wirklich, dass es eine gute Idee ist, Sami zu fragen?", wollte er plötzlich wissen.

"Natürlich, wieso denn nicht?", antwortete ich.

"Ich weiß nicht, wir sind dann für ein ganzes Leben zusammen. Wir werden dann zusammen ziehen und dann muss ich aus der WG...", begann er Argumente zu finden.

"Kannst du dir denn mit irgendwem sonst vorstellen, für immer verbunden zu sein?! Nein, da du Sami schon ewig kennst!
Außerdem bleibt in der WG immer Platz für dich.", erwiderte ich.

"Ich hab einfach Angst.", murmelte er.

"Seit wann bist du denn ein Weichei?", lachte ich.

Er boxte mir gegen die Schulter.

"Es ist Sami! Du liebst sie und egal was passiert, wir stehen hinter dir!", legte ich meine Hand lächelnd auf seine Schulter.

"Danke.", lächelte er zurück.

Take care... of usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt