Yes, it works.

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Als er die Tür ins Freie aufstieß, hob ich kurz, geblendet von dem grellen Sonnenlicht, die Hand um meine Augen zuschützen. Kaum das ich mich daran gewöhnt und unsere Position erkannt hatte, zog Tegan mich mit sich. Ich hatte recht gehabt, wir waren am Hafen. Ich kannte mich hier aus, dennoch musste ich mich dreimal umsehen, um heraus zu finden, wo genau wir waren. Scheinbar in dem Teil, an dem die asiatischen Schiffe anlegten. Auf alle Containern waren asiatische Schriftzeichen gedruckt. Es war Japanisch, wenn mich nicht alles täuschte. Eine Sprache, welche ich nie wirklich gemocht hatte. Irgendwie klang sie in meinen Ohren falsch. Aber immer noch besser als Chinesisch.

Tegan zerrte an meinem Arm. Sauer sah ich ihn an. Da bemerkte ich, dass Tegan die Sonne zuschaffen machte. Richtig. Männlichen Vampiren setzte die Sonne mit der Zeit ziemlich zu. Umso älter sie waren, desto kürzer konnten sie sich in ihr aufhalten. Mit seinen 900 Jahren war die Sonne nicht gerade Tegans Freund. Im Gegenteil, sie arbeitete gegen ihn, aber dafür für mich. Trotzdem half es mir nicht. Denn Tegan hatte nicht unweit vom Container einen schwarzen Geländewagen geparkt, dessen Scheiben UV-Licht abhielten. Zumindest die Seitenfenster und die Heckscheibe. Für die Frontscheibe galt das jedoch nicht, weshalb Tegan mich auf den Fahrersitz schubst, die Tür schloss, hinter dem Beifahrersitz einstieg und mir das Messer wieder aus der Seite zog, kaum das alle Türen zu waren. Zischend sog ich die Luft ein. Zum Glück war das Messer nicht länger zwischen meinen Rippen gewesen. Andernfalls hätte sich das Silber womöglich noch bis zu meinem Herzen durchgefressen. Dennoch dauerte es einige Zeit, bis ich mich regeneriert hatte. In der Zwischenzeit tat es höllisch weh, so dass ich mich mit den Fingern in die Polster des Sitzes krallte und gepresster atmete.

„Fahr", befahl er.

„Schlüssel?", fragte ich betont gelangweilt.

Unter keinen Umständen durfte ich ihm gegenüber Schwäche zeigen. Wenn ich das Tat, war ich so gut wie Tod, ganz gleich was sein Auftrag auch war.

Tegan zog ihn aus der Hosentasche und warf ihn mir in den Schoß. Ich steckte ihn ins Zündschloss, drehte ihn und fuhr an. Automatik. Wie langweilig. Automatik konnte nun wirklich jeder fahren. Ich mochte die Autos mit Gangschaltung lieber. Da hatte man wenigstens etwas zu tun, wenn man länger unterwegs war. Und da ich nicht annahm, dass wir nur mal eben zwei Blogs weiter mussten, stellte ich mich mental schon einmal darauf ein Stunden lang mit meinem Entführer auf engstem Raum zu sitzen, ohne dabei etwas tun zu können. Was für ein beruhigender Gedanke!

Den Plan vom Hafen im Kopf, fuhr ich zum Ausgang. Ab der Hauptstraße diktierte Tegan mir den Weg. Er führte raus aus Seattle, was mir gar nicht gefiel. Ich hatte hier noch etwas zu erledigen. Wenn ich die Stadt einfach verließ, würde jemanden darauf ziemlich ungehalten reagieren. Ich seufzte. Ändern konnte ich es jetzt ohne hin nicht. Nicht wirklich.

„Was ist?", fragte Tegan wütend.

Scheinbar hatte ich seine Ruhe gestört. Er sprach die ganze Zeit über kein Wort und machte auch keinerlei Geräusche, sodass ich manchmal schon vergas, dass er überhaupt da war. Doch ein Blick in den Rückspiegel, belehrte mich jedes Mal eines besseren.

„Ich hatte noch was zu erledigen. Aber das kann ich jetzt wohl vergessen", erklärte ich, nicht ohne Hintergedanken.

„Du hast zu jemandem aus der Stadt Kontakt?", fragte er argwöhnisch.

„Ja?", antwortete ich.

Vermutlich war das für ihn etwas Neues, dass man Freunde haben konnte. Oder zumindest so etwas in der Art. Ich bezweifelte stark, dass er auch nur einen einzigen besaß. So charmant wie er war.

„Wie das? Ich dachte du bist immer alleine. Von Kontakt zu Menschen hat mir niemand was gesagt“, fragte er argwöhnisch.

„Du hast mich also nicht erst ein paar Tage beobachtet, ehe du mich entführt hast", stellte ich fest.

I want your deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt