Kapitel 4

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Levi's Pov

Dieser Bengel. Kaum ist er für ein paar Minuten hier und schon kriegt er seinen ersten kleinen Anfall. Ich sollte mehr aufpassen. Nicht, dass er noch irgendwas dummes anstellt.

Nach einer kurzen Nacht, stehe ich auf und begebe mich ins Bad. Ich dusche und putze anschließend die Zähne. Dann verlasse ich das Bad mit oberfreien Körper und einem Tuch um die Hüften gebunden. Eren steht plötzlich vor mir. Ein kleiner Rotstich bildet sich auf seinen Wangen. „Auch schon wach? Los, du kannst in die Dusche gehen" Ich gehe an ihm vorbei in mein Zimmer. Eren bewegt sich nun auch ins Bad. Was war denn mit dem los? Ich suche mir neue Sachen aus dem Kleiderschrank raus und ziehe mich um. Dann gehe ich runter in die Küche und bereite das Frühstück vor. Als ich fertig bin, kommt Eren und setzt sich an den Tisch.

Ich stelle Teller und das Essen hin. Eren starrt mich dabei an. „Was guckst du so?" Er fühlt sich ertappt und guckt schnell zur Seite. „Äh, n-nichts", verlegen kratzt er sich am Hinterkopf. Wir fangen an zu essen. Es gibt Pancakes. „Ähm Levi" „Ja?" „Also, ich versteh nicht so ganz, warum sie mich zu dir schicken, damit du auf mich aufpasst. Warum jetzt?" Er guckt mich gespannt an und wartet auf eine Antwort. Ich gebe ein leises Seufzen von mir. „Das Geld wird knapp und sie haben nicht mehr genug für die Mitarbeiter und Dinge, die sie für deine Experimente benötigen. Also haben sie mich geschickt, in der Hoffnung, dich somit loszuwerden" „Ach so ist das", ist die leise Antwort von Eren. „Und was machst du nun mit mir?" Seine türkisblauen Augen durchbohren mich mit seinem Blick. Ich gebe ein Schnalzen von mir. „Das habe ich doch schon gesagt. Meine Aufgabe ist es dich in die Gesellschaft zu integrieren. Doch wir werden erst klein anfangen. Du musst als aller Erstes lernen deine Wutanfälle im Griff zu kriegen", ich schaue ihm ebenfalls in die Augen. Ein kleiner Schimmer lässt seine glänzen. „Ich werde mein Bestes geben", sagt er entschlossen. „Das will ich auch hoffen"

Nach dem Essen räume ich ab und stelle das dreckige Geschirr in den Geschirrspüler. Dann wische ich den Tisch gründlich ab, sodass kein Krümel oder Fleck zu sehen ist. Nachdem ich das erledigt habe, wende ich mich zu Eren. „So dann wollen wir mal anfangen. Lass uns auf's Sofa setzen" Zusammen setzen wir uns hin. Sein erwartungsvoller Blick lastet auf mir. Kann er mal bitte aufhören mich immer so süß anzustarren? Sein Körper sieht geschwächt aus, aber seine Augen sind voller Lebensenergie. Irgendwie ist er...besonders.

„Was fühlst du, wenn du die Farbe rot siehst?" Offenbar ist er verwirrt über die Frage. „Ich spüre Hass. Über meinen Vater, über die Wissenschaftler, über meine Eltern, über die Welt. Es frisst mich von innen auf", er scheint sich unwohl zu fühlen darüber zu reden, aber es muss sein. „Kannst du dich noch an deinen Vater erinnern?" Eren sitzt mit zusammengebissen Zähnen da und verspannt sich immer mehr. „Nicht wirklich. Ich weiß nur, dass er mir das angetan hat. Manchmal höre ich sein grausames Lachen während eines Anfalls. Er ist an alldem Schuld!" Eren schreit den letzten Satz förmlich und guckt mich wutverzerrt an. „Jetzt beruhige dich mal", ich lege meine Hand auf seine Schulter. Warum mache ich das? Sonst bin ich doch nicht so kontaktfreudig. Anscheinend hat es gewirkt, denn er entspannt sich langsam wieder. Ich nehme meine Hand wieder weg und räuspere mich.

„Du musst die Vergangenheit vergessen und nach vorne blicken. Wenn du dich zu sehr an sie klammerst, wird sie dich eines Tages noch verschlingen" Eren nickt zaghaft. „Danke" „Für was?" „Dafür, dass du mich daraus geholt hast und eine zweite Chance gibst" „Das ist mein Job", entgegne ich nun so kühl wie immer.

Den Rest des Tages habe ich mit ihm Karten gespielt und angefangen ihm das Lesen beizubringen. Er hatte ja nie die Chance dazu gehabt im Labor. Wenn er mal in die Schule kommt, ist es wichtig das zu können. Die Betonung liegt auf wenn. Doch ich bin zuversichtlich. Eren hat einen starken Willen. Am Abend hören wir dann auf. Ich verbiete ihm fernzusehen. „Du bist noch nicht soweit. Wir wollen ja nicht, dass sich der Vorfall wiederholt", habe ich zu ihm gesagt. Er schaute mich mit einem traurigen Blick an, doch widersprach nicht.

Wir gingen dann auch ganz schön früh ins Bett. Ich lese noch ein bisschen, bis ich ein lautes Geräusch höre. Schnell stehe ich auf und gehe in Eren's Zimmer. Dort angekommen, stelle ich erschreckend fest, dass es leer ist. Seine Bettdecke liegt unordentlich da, als wäre er gerade aufgestanden. Mist, was hat er denn jetzt schon wieder vor? Zügig renne ich die Treppe runter. Unten angekommen ist auch niemand vorzufinden. Ich rufe Eren's Namen, doch bekomme keine Antwort. Vielleicht ist er rausgegangen. Der kann was erleben!

Ich gehe zurück in mein Zimmer und ziehe mir schnell eine Hose an. Dann schnappe ich mir meine Jacke und Schuhe und verlasse das Haus. Die kühle Abendluft weht mir ins Gesicht. Wo kann er nur sein? Er kennt sich doch hier gar nicht aus. Ich gehe die lange Straße entlang, welche bis zum Fluss führt. Weit und breit ist er nicht zu sehen. Zudem macht mir die Dunkelheit es auch nicht leicht und meine Taschenlampe am Handy nützt mir nicht viel. Am Fluss angekommen, sehe ich eine Person auf der Bank sitzen. Das muss er sein!

Ich renne zu ihm. Mit gesenkten Kopf sitzt er da und beachtet mich gar nicht. Ich rüttel ihn fest an den Schultern. „Eren, was ist mit dir los? Du kannst doch nicht einfach so abhauen!", entgegne ich wütend. Er richtet seinen Kopf zu mir auf und schaut mich mit seinen verweinten Augen an. „E-es tut mir leid", er fängt wieder an zu weinen. Ich setze mich neben ihn und lege meine Arme um ihn. Er lässt es zu und heult sich ausgiebig an meiner Schulter aus. „Ganz ruhig. Erzähl mir doch erstmal was passiert ist" „Ich, ich lag in meinem Bett und habe versucht zu schlafen. Doch dann hörte ich wieder das Lachen von meinem Vater und Stimmen. Zudem sah ich Wissenschaftler vor mir, welche mit ihren Spritzen immer näher kamen. Ich sah die Farbe rot und geriet in Panik. Ich musste raus, einfach weg", jetzt beginnt er wieder zu weinen. „Eren? Eren! Jetzt hör mir zu!", er guckt mich nun endlich an. „Das war nur ein Traum und nichts weiter. Du musst ihn einfach vergessen. Jetzt reiß dich zusammen und hör auf zu heulen!" Er wischte sich noch die letzten Tränen weg und schaut bekümmert zum Boden. „Wird es jemals enden?"

I see red (Riren ff)Where stories live. Discover now