10. Tee, Whiskey, und String-Theorie

1K 41 7
                                    

„Also, ich warte auf Vorschläge.“

Halsur hatte sich breitbeinig auf das Bedienpult des Teilchenbeschleunigers gestellt. Es war das einzige Objekt im Bunker unter dem Kongresszentrum, das sich als Podium missbrauchen ließ. Einige der Wissenschaftler hatten protestiert als er dort hinaufgeklettert war, aber er hatte sie ignoriert. Zwar drückten seine Füße auf alle möglichen wichtigen Knöpfe, weswegen alle möglichen Teilchen in dem gewaltigen Teilchenbeschleuniger herumflogen, aber im Moment interessierten ihn die weit größeren, über ihren Köpfen einschlagenden Teilchen, genannt 'Meteoriten', weit mehr.

Halsur klatschte in die Hände, als niemand auf seinen Ruf antwortete. Die Wissenschaftlerschar vor ihm war still wie ein Grab.

„Haben Sie nicht gehört, verehrte Kolleginnen und Kollegen? Ich warte auf Vorschläge wie das Problem zu lösen ist!“

„Wieso sollten wir Ideen haben, wie dieses Problem zu lösen ist?“ rief jemand von ganz hinten. „Sie haben es doch immerhin entdeckt und erforscht.“

„Entdeckt ja, erforscht nein“, entgegnete Halsur. “Schließlich bin ich kein Astrophysiker. Ich bin Biologe, und spezialisiert auf Asteroidenschnecken, nicht darauf wie man das Universum umkrempelt.“

„Darauf ist überhaupt niemand spezialisiert,“ stellte irgendjemand fest.

„Dann müssen wir eben improvisieren“, meinte ein anderer.

„Aber irgend etwas muss doch getan werden...“ rief eine Frau von weiter links.

„Ja, aber wo sollen wir überhaupt anfangen dieses Phänomen zu untersuchen, ich meine...“

„Bitte, meine Damen und Herren, wir müssen Ruhe bewahren.“ Halsur kletterte noch ein wenig weiter das Pult hinauf, und hob beschwichtigend die Hände.

„In einer kopflosen Menge können wir nichts erreichen. Ich schlage vor, das wir alle darüber abstimmen, wer als Chef von ‚Unternehmen umgedrehtes Universum, kurz U3, am geeignetsten ist. Diese Person sucht sich dann ihre Mitarbeiter aus. Sie haben doch sicher alle Stift und Papier dabei? Schreiben Sie den Namen der Person auf und falten sie den Zettel zusammen. Alle Zettel sind bei mir abzugeben, ich nehme die Auszählung vor.“

Eine Weile wurde gekritzelt, dann wanderten hunderte Zettel von Hand zu Hand. Alle gingen sie in Richtung des Schaltpults, wo Halsur noch immer stand und wartete. So schnell es ging verschaffte er sich einen Überblick über das Abstimmungsergebnis.

Schließlich blickte er auf, mit einem schrägen Lächeln auf seinem Gesicht.

„Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich glaube es ist doch besser wenn ich den Chef dieser Operation bestimme.“

Proteststimmen erhoben sich.

„Warum, zum Teufel?“

„Wählen ist demokratischer!“

Beschwichtigend hob Halsur die Hände.

„Grundsätzlich bin ich auch für demokratische Verfahren, aber in diesem Fall scheinen sie nicht praktikabel zu sein. Jeder unter den Anwesenden hat seinen eigenen Namen auf den ihm zustehenden Stimmzettel geschrieben.“

Die Proteststimmen verstummten, und die Menge blickte etwas betreten drein. Halsur konnte es ihnen nicht wirklich vorwerfen. Immerhin waren es Wissenschaftler.

„Hat jemand etwas dagegen einzuwenden, dass Professor Nurazim zum Chef des Projektes wird?“ fragte er. „Er ist eine der angesehensten Autoritäten auf den Gebieten der Physik und Mathematik, und hat sich intensiv mit den großen Fragen über die Entstehung des Universums befasst.“

Ein zustimmendes Murmeln erhob sich, und die meisten der Wissenschaftler nickten gewichtig, als wäre das die Entscheidung gewesen, die sie sich die ganze Zeit gewünscht hatten.

„Nun gut, Professor Nurazim, bitte treten Sie vor.“

Ein dicklicher, hoch aufgeschossener Mann mit entnervendem Dauerlächeln bewegte sich auf das Schaltpult zu. Die Leute um ihn herum wichen zurück und bildeten einen Kreis.

Halsur half ihm auf das Pult hinauf und blickte ihm ernst in die Augen. „Wollen Sie dieses Amt übernehmen, Professor?“

„Mit dem größten Vergnügen.“

„Dann überlasse ich Ihnen das Ruder. Ich kann Schnecken umdrehen, aber keine Universen.“

(<>..<>)

Keuchend zog Nhol die Schaufel aus dem Sand und lehnte sich gegen die Seite seines Raumschiffs. Oder zumindest das, was von der Seite seines Raumschiffs noch zu sehen war. Kochend vor Wut starrte er den langsam aber unaufhaltsam dahinwehenden Sand an.

„Weißt... du.. was?“

„Mhh?“ kam Cidos Stimme von der anderen Seite des Raumschiffs, wo er zügig vor sich hin fegte, und wo der Sand nur noch halb so hoch lag.

„Ich glaube, ich bin doch ganz froh, dass du so gut im Fegen bist. Aber selbst so... mein Raumschiff steckt bis zum Cockpit im Sand fest. Wenn wir die ganze Zeit mit Sand-schaufeln beschäftigt sind, kommen wir nie zum reparieren.“

„So sind sie nun einmal, die Sandstürme. Aber wir schaffen das schon.“

Nhol warf die Schaufel weg und ließ sich seitwärts in den Sand fallen.

„Du liebe Güte! Was für ein Planet! Allmählich versteh’ ich warum du von hier weg willst.“

(<>..<>)

Professor Halsur hatte sich mit anderen Wissenschaftlern, die nichts zu dem Projekt beitragen konnten in einen Nebenraum des Bunkers zurückgezogen und ließ sich von seinem Assistenten Tee und Informationen servieren.

„Also, Mardock, was haben sie vor?“

Mardock began geschäftig die Teetassen zu verteilen.

„Ich verstehe die Hälfte der Wörter die sie benutzen nicht, Professor. Aber wenn ich richtig mitgekommen bin, dann wollen sie eine spezielle Maschine bauen, und mitten im Universum ein Loch in den Raum reißen, und dann die Ränder packen um das Universum wieder umzudrehen und richtig hinzubiegen.“

Eine dürre Astro-Archäologin hob eine Augenbraue und nippte an ihrem Tee. „Klingt, als würden sie im Nebenraum hochprozentigen Whiskey statt Tee servieren.“

„Ach ja“, meinte Mardock, „und sie erwähnten, dass es mit einer Wahrscheinlichkeit von 1001348576 zu 1 zu einen neundimensionalen Superstringraumkollaps kommen wird.“

„Und was bedeutet das?“

„Dass wir höchstwahrscheinlich gar nicht zu warten brauchen, bis uns das Universum zerquetscht, weil uns nämlich die Maschine die sie bauen wollen vorher umbringt. Aber das verraten Sie bitte nicht weiter Professor, ja? Sie haben mir gesagt ich sollte es niemandem weitersagen.“

Halsur nickte.

„Na prima! Das nenne ich echte Wissenschaftler. Hol mir noch einen Tee, dieses Mal mit mehr Kamille und Baldrian. Am besten gleich eine ganze Flasche Baldrian.“

-----------------------------------------------------------------------------------

Jipieh!! Zehntes Kapitel! Ein kleines Jubiläum! Hiermit öffne ich eine virtuelle Flasche Champagner! Wer möchte ein Glas? ;)

GLG

Robert

U3 - Unternehmen umgedrehtes UniversumWhere stories live. Discover now