Kapitel 2 (überarbeitet)

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10 Jahre später

Elly

Das Dorf, in dem sie seit ihrer Kindheit lebte, brannte lichterloh. Flammen züngelten über die Holzbalken und Strohdächer der kleinen Häuser und hinterließen nichts als Zerstörung.

Einige Bauern versuchten panisch zu fliehen, doch sie hatten nicht den Hauch einer Chance gegen die riesigen Bestien, die vom Himmel auf sie hinabstürzten und ihre Klauen tief in ihrem Fleisch versenkten.

Elly beobachtete das Geschehen aus nächster Nähe, doch das einzige, was sie bei diesem Anblick empfand, war Genugtuung. Die letzten Jahre waren die reinste Hölle für sie gewesen. Ihre Eltern hatten es zwar nicht übers Herz bringen können, sie auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, doch ihr Schicksal war nicht viel besser gewesen. Sie war wie eine Ausgestoßene behandelt worden, kaum jemand hatte noch mit ihr gesprochen. Elly wurde beschimpft und zu harter Arbeit verdonnert. Tag für Tag hatte sie erneute Schikanen über sich ergehen lassen müssen.
Die Erinnerungen waren schmerzhaft und saßen tief, Tränen stiegen in Elly empor.

Ihre Eltern waren zwar etwas milder mit ihr umgegangen, doch die Distanz zwischen ihnen war deutlich spürbar gewesen. Seit dem Vorfall damals im Wald, hatte sie zehnmal so hart schuften müssen. Wie eine Gefangene hatte man sie festgehalten und dazu gezwungen, die Drecksarbeiten zu erledigen.

Sie hoffte zwar, dass ihre Eltern den Angriff überlebten, doch sie wollte nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Zu sehr hatten die beiden sie verletzt und enttäuscht. Es war einfach zu viel vorgefallen zwischen ihnen, als das Elly ihnen jemals verzeihen konnte.

Die Schmerzensschreie der Dorfbewohner durchstießen die Luft und rissen Elly aus ihren Gedanken zurück in die Realität.

Fasziniert blickte sie in die Flammen, die sich in ihren Augen widerspiegelten. Die Angreifer der Stadt hatten sie von ihren Qualen erlöst und sie konnte nun wieder frei atmen. Innerlich dankte sie ihnen, für ihre Hilfe.

Die dunklen Kreaturen, zu denen unter anderem Vampire, Warge und einige Drachenarten zählten, waren bereits vor Jahren aus den Schatten getreten, um gemeinsam ganz Aerrion in Finsternis zu hüllen. Aber auch einige Menschen hatten sich dem Vorhaben angeschlossen. Vor allem jene, die dunkle Magie praktizierten. Unter anderem Hexenmeister, Schwarzmagier und Nekromanten.

Bereits kurz nach ihrer Begegnung mit dem Warg, hatte sich der Himmel verdunkelt und die Streitkräfte der Finsternis begannen ein Gebiet nach dem anderen einzunehmen. Sie waren es wohl irgendwann leid gewesen, nur in der Dunkelheit herumzukriechen.

Während die anderen Bewohner Harvings dafür beteten, dass ihr Dorf vor den Streitkräften der Finsternis verschont bliebe, hatte Elly gehofft, dass sie kommen würden. Nun war es endlich soweit.

Die Welt versank langsam in Finsternis, bald würde es nur noch Tod und Verderben geben. Sie machte sich Sorgen um diese Entwicklung, doch sie hatte gerade ganz andere Probleme.

Einer der Drachen flog über ihren Kopf hinweg und warf seinen Schatten auf sie. Er atmete tief ein, um gleich darauf eine weitere Hütte niederzubrennen. Elly hörte, wie eine Holzplanke unter dem Feuer nachgab und zu Boden stürzte.

Sie wusste zwar nicht, wie ihr Leben nun weiter gehen würde, doch es konnte nur besser werden.

Nachdem die letzten Schreie verstummt waren, wagte sie sich aus ihrem Versteck, um sich ein wenig umzusehen. Von den meisten Häusern war nicht mehr viel übrig geblieben. Alleine die Scheune und eine weitere Hütte kämpften noch immer gegen die Flammen an, die sich durch das Holz fraßen.

Erst jetzt nahm Elly das bösartige Knurren wahr, das ganz aus der Nähe kam. Instinktiv duckte sie sich und spähte um die Scheune herum.

Neben dem zerstörten Hühnerstall im Matsch liegend, erblickte sie einen schlanken, am ganzen Körper zitternden Mann. Er hatte die Augen weit aufgerissen und sein strubbeliges braunes Haar klebte ihm an der Stirn. Elly kannte diesen Mann, es war William. Über ihm ragte ein riesiger schwarzer Drache auf, dessen gewaltige Schwingen einen Großteil des Platzes einnahmen. Er packte William mit einer Klaue und hob ihn mehrere Meter in die Höhe.

Gefährtin des Schwarzdrachen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt