In den Bergen

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Drachenjagd: In den Bergen

Es war wieder einer dieser trostlosen Tage. Das Wetter auf diesem blöden Berg war unerträglich. Ich war ein Feuerdrache, ich brauchte die Sonne. Ich brauchte Wärme, ich brauchte meine Freiheit. Ein Blick aus dem Fenster genügte um mir den Tag zu versauen, dichte Nebelwolken hingen in der Luft.

Ich stand dennoch auf und machte mich langsam fertig. Eigentlich wollte ich den ganzen Tag im Bett bleiben aber ich wusste, dass Lucas das nicht zulassen würde. Niemals. Also musste ich ausstehen und so tun, als wäre alles in bester Ordnung.

Ich lief in Küche und machte mir etwas zu essen. Bereits dort merkte ich, wie mein Rücken juckte. Meine Flügel brauchten Bewegung. Und zwar dringend aber ich wusste dass es verboten war.

Gerade zu dieser Jahreszeit waren die Drachenjäger unterwegs. Die Gefahr dass man mich sah war zu groß. Es ärgerte mich bereits seit Wochen, dass ich nicht fliegen konnte. Warum vermisste es kein anderer von uns? War ich etwa die einzige hier oben, die es vermisste Frei zu sein? Es schien so. Deshalb hatte auch keiner Verständnis für mich. Und erst Recht nicht unser Alpha und Anführer Lucas.

Er war ein Steindrache, auch einer der letzten seiner Art. Von den sogenannten Steindrachen gab es nur noch vier Stück. Er und sein Sohn Tegan war ebenfalls ein Steindrache. Sein anderer Sohn Niklas hingegen war wie ich. Ein Feuerdrache. Seine Mutter war auch einer, bevor sie von Jägern getötet worden ist. Vielleicht war Lucas deshalb so streng. Er hatte seine Frau verloren. Aber verspürten sie wirklich nicht denselben Freiheitsdrang wie ich?

Steindrachen waren stur und selbstbewusst. Sie müssten das Gefühl kennen.

Ich aß mein Frühstück auf und ging vor die Haustür. Es war nichts los in unserem Dorf. Wie auch? Wir waren nicht viele und abgeschnitten von normalen Menschen.

Niklas, der kleine Sohn von Lucas, kam auf mich zu gerannt. „Sienna! Sienna!", rief er fröhlich. Er war gerade einmal sieben Jahre alt, stürmisch und ungeschickt. Dennoch strotzte er vor Selbstbewusstsein, was allerdings an seinem Vater lag. Er hatte nun mal die Alpha Gene abbekommen. Genauso wie sein älterer Bruder Tegan, der ihm folgte. „Sienna, zeigst du mir noch mal wie man Feuer spuckt?"

„Lass Sienna in Ruhe, Knirps.", sagte Tegan ruhig.

Nik sah seinen Bruder an. „Lass du mich doch in Ruhe!", fuhr er ihn an und baute sich vor mir auf. Ich erkannte die Lage sofort. Nik verstand nicht wieso sein Bruder sich so aufführte und reagierte mit Trotz. Ich ging vor ihm in die Hocke und sah ihn an. „Nik, weißt du was? Wir spielen später mit dem Feuer, okay?", fragte ich sanft. „Ich muss mit deinem Bruder reden. Ich zeige dir später etwas ganz tolles okay?", fragte ich sanft. Niklas nickte aufgeregt und streckte seinem älteren Bruder die Zunge raus bevor er davon rannte. Ich stand wieder auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Es gefiel mir nicht wie Tegan mit ihm umging aber Tegan wusste das.

„Guck mich nicht so vorwurfsvoll an, Sienna. Er muss lernen sich mir unterzuordnen.", sagte Tegan streng.

„Er ist sieben Jahre alt. Da muss er noch gar nichts.", widersprach ich. „Lass den Jungen Kind sein, solange er noch kann, Tegan. Du bist kein Alpha. Also muss sich dir ehrlich gesagt niemand unterordnen, der es nicht freiwillig möchte."

Seit wir uns aus dem Weg gingen war er unerträglich geworden. So bestimmend und aufdringlich. Es war ganz komisch. „Ist ja auch egal Das ganze geht dich ja gar nichts an."

„Sehr gut, dann kann ich ja jetzt zu Niklas gehen.", sagte ich und wollte verschwinden doch Tegan schüttelte den Kopf. Ich verdrehte die Augen. Was sollte denn das schon wieder? Ich hasste es wenn er sich so benahm. Es gab eine Zeit, da waren wir richtig gut befreundet gewesen, bis er eine Freundin hatte.

„Vater will uns sprechen. Gemeinsam.", sagte er dann. Ich sah ihn überrascht an, doch er drehte sich um und signalisierte mir ihm zu folgen. Okay.... Dann mal los. Gemeinsam liefen wir durch das kleine Dorf zu Lucas. Dieser schien bereits zu warten. Er saß auf einem Stuhl und sah uns beide an. „Ah, da seid ihr ja. Kommt mal her.", sagte er und deutete auf die Stühle ihm gegenüber. Ich sah zu Tegan und setzte mich neben ihn hin.

„Ich habe gehört, dass ihr beide euch näher gekommen seid.", sagte Lucas ruhig.

Ich hielt die Luft an und sah zu Tegan. Ich überließ es ihm seinen Vater einzuweihen. Von seiner Freundin, einen Erddrachenmädchen. Ich kannte nicht mal ihren Namen. Doch Tegan griff nach meiner Hand. „Es war ja klar, dass wir es nicht vor dir geheim halten können."

Lucas lächelte. „Sehr gut. Ich finde diese Entwicklung sehr gut. Eure Vereinigung ist ja bereits seit langem geplant.", sagte er. „Wenn ihr euch in einander verliebt habt, ist das umso besser."

Ich entzog Tegan meine Hand. „Nein, haben wir nicht.", sagte ich entschlossen. „Lucas, Tegan und ich sind kein Paar. Und ich bin nicht bereit mich an irgendwelche Vereinbarungen zu halten, die ohne mein Wissen getroffen wurden."

Tegan sah mich an. „Sienna, sei doch bitte vernünftig."

Ich stand auf. „Ich bin vernünftig.", war meine Antwort. Lucas war vielleicht der Alphadrache aber er würde nicht über mein Leben entscheiden. Weder jetzt noch irgendwann.

„Bist du nicht. Sonst würdest du daran denken, dass du deine Gene weiter gibst. Du bist ein Feuerdrache.", sagte Lucas ruhig.

„Niklas auch!", war meine Antwort. „Soll er sich doch irgendwann mit einem Steindrachen paaren. Dann hast du deine kostbaren Feuerdrachengene!", ich drehte mich herum und verließ sein Haus. Klar, es war nicht besonders klug sich so dem Alpha gegenüber aufzuführen aber es wurde mir langsam aber sicher zu viel.

Ich verließ die Tür und sah Tegans Freundin. Sie sah mich schüchtern und ängstlich an. Hatte sie etwa sorge, ich würde ihr den Freund ausspannen? „Ich habe kein Interesse an Tegan.", sagte ich in ihre Richtung und lief weiter. Ich brauchte Platz. Ich brauchte meine Freiheit. Mit schnellen Schritten lief ich auf die Klippen zu und blieb stehen. Eine Sekunde genoss ich den kalten Wind. Ich spürte ihn im Gesicht. Meine Haare flogen durch die Luft. Ich streckte die Arme aus. Dann ließ ich mich die Klippe herunter fallen.

Der Wind wurde kräftiger und ich wandelte mich. Lange bevor ich in die Nähe des Wassers kam breite ich meine Flügel aus und flog. Zum ersten mal seit langem konnte ich meine Flügel ausbreiten und einfach durch die Luft schweben. Im Augenwinkel sah ich Niklas. Er stand ebenfalls an der Klippe und sah zu mir.

Bevor ich ihn abhalten konnte tat er genau das was ich zu vor gemacht habe. Allerdings wusste ich nicht ob sein Drache bereits bereit für so etwas war. Schnell flog ich zu ihm um ihn in einen Notfall aufzufangen. Und es war gut so.

Ich griff mit meinen Füßen nach dem Jungen, als er sich nicht wandelte . Ich stellte ihn auf dem Boden ab. Dort brauchte er nicht mal einen Wimpernschlag, da flog er schon durch die Lüfte. Er verstand mich. Er hatte diese Freiheitsbedürfnis genauso wie ich.

„Das war ultra cool, Sienna!", sagte er stolz. „Können das alle Drachen wenn sie groß sind?", fragte er.

Ich schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, Niklas. Das kann man durch Übung lernen. Ich bin glaube ich an die 100 mal ins Wasser gefallen bevor ich es konnte."

DrachenjagdWhere stories live. Discover now