Die Frau im Laborkittel

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Ich versuchte noch einmal mich zu rühren, doch der Stoff umklammerte mich fest und machte jede Bewegung unmöglich.
Meine Finger waren schon vor einer Weile eingeschlafen und das unangehme Kribbeln verstärkte den Schmerz in meinem Unterarm, welchen ich vor lauter Konzentration auf meine Vergangenheit schon fast wieder vergessen hatte.

Ich setzte mich so gerade wie möglich auf, mein Rücken knackte mehrfach, und richtete meinen Blick auf die riesige Panzerglasscheibe, die mich von den Laborkittelträgern trennte.
Diese wichen sofort ein gutes Stück zurück.
Wie immer.

Ich fixierte die Frau die noch am weitesten vorne stand und fing an laut und deutlich zu sprechen.
Zu Anfang klang meine Stimme noch erwas seltsam. Ich war es nicht mehr gewohnt zu sprechen. Schließlich konnten sie jeden Laut hören den ich von mir gab.

"Könnten sie mir bitte diese Zwangsjacke abnehmen?
Meine Finger sind schon ganz taub."

Die Frau, die ich dabei permanent angestarrt hatte, drehte sich kurz um und sprach dann in ihr Mikrophon.

"Bist du dir sicher, Kira?
Wir wollen nicht, dass noch einmal so etwas passiert wie vor vier Tagen."

Sie deutete auf die Wände. Die blutige "Farbe" war inzwischen getrocknet.
Vier Tage?
So lange hatte ich also dafür gebraucht um die paar Erinnerungen hervor zu rufen?
Wenn das so weiterging, würde ich hier noch ewig sitzen bis ich mich an alles erinnert hatte.

"Kira? Ist irgendwas?
Bitte antworte mir!"

Warum nannte sie mich "Kira"?
War das mein Name?
Oder hatten sie mich so genannt?

Ich versuchte krampfhaft mich zu erinnern, als ich bemerkte, dass die Laborkittel-Frau mit beiden Armen herumfuchtelte, um meine Aufmerksamkeit zu erregen.

Schließlich entschied ich mich, ihr zu Antworten.

"Ja, ja..."

Ich wusste nicht mal was sie mit "dem letzten Mal" gemeint hatte. Aber es hatte wohl etwas mit meinen Wandgemälden zu tun.

Sekunde mal...
Das an der Wand war Blut. Blut stammt normalerweise von Lebewesen (wow mal was ganz neues!). Und um all diese Wände damit voll zu schmieren braucht man garantiert eine ganze Menge von dem Zeug.
Woher hatte ich solche Mengen an Blut?!

Hatte ich wie in meiner Erinnerung Menschen dafür aufgeschlitzt?!

Oder war es mein eigenes?

Ich wurde von der Frau im Laborkittel aus meinen Gedanken gerissen.

"Kira, wenn du verspricht ganz brav zu sein, schicke ich jemanden der dir das Teil abnimmt. Okay?"

Diesmal antwortete ich sofort. Die Möglichkeit mich wieder bewegen zu können war der erste Lichtblick seit ich wieder bei Bewusstsein war, auch wenn ich das Gefühl hatte sie würde mit mir wie mit einem Haustier oder Kleinkind sprechen, "Wenn du jetzt ganz brav bist bekommst du auch ein Leckerli." Woher kamen diese Gedanken jetzt schon wieder?

"Ja, okay."

Ich beschloss vorerst nicht weiter darüber nach zu denken und drehte mich erwartungsvoll zu der Wand, hinter der sich die Tür verbarg.

Fasziniert sah ich zu wie ein Stück der Wand nach oben gezogen wurde und in der Decke verschwand. Hinter ihr wurde eine gut gepanzerte Stahltür sichtbar, welche sich nun einen Spalt weit öffnete.

Ein Mann quetschte sich herein.
Zumindest glaubte ich, es wäre einer.
Schließlich war es extrem schwer zu erkennen, da er (oder sie) eine Panzerung trug, die mich sehr an eine Art "moderne Ritterrüstung" erinnerte.

Jeder der zu mir kam trug eine solche Rüstung.
Jedoch war es sehr selten, dass sich jemand traute so nah zu mir zu kommen ohne mich zu betäuben.
Sie schienen alle Angst vor mir zu haben.

Selbst mein Essen wurde nur durch eine Klappe, die mindestens so stark gepanzert war wie die Tür, geschoben.

War ich wirklich so gefährlich?

TentaclesWhere stories live. Discover now