Farbe

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Die Erinnerungen waren von meinem Aufenthalt im weißen Zimmer getrübt, doch langsam sah ich Bilder. Zuerst verschwommen, doch mit der Zeit wurden sie immer schärfer.

Eine Gasse. Ein Mann. Er hat ein Messer. Er... Er will mich mitnehmen. Erst freundlich, doch ich habe Angst.
Angst...
Ich will nicht mit ihm gehen, dann zieht er das Messer.
Angst...
Seine Hände... Kommen... Näher...
ZU nah!
Mehr Angst...
Und plötzlich. Fließt meine rote Farbe aus ihm. Seine Hände. Ich kann sie nicht mehr sehen. Erst als ich nach unten in die Farbpfütze sehe. Zwei Hände am Boden.
Dort wo sie eben noch waren spritzt nun die Farbe in Strömen aus ihm heraus.
Keine Zeit zum denken. Schnell! So weit weg wie möglich!

Doch überall Menschen!
Sind die auch so, wie dieser Mann? Sie starren mich an. Wegen der Farbe?

Angst...

Sie kommen auf mich zu. Fragen ob ich Hilfe bräuchte. Finden den Mann. In der Gasse. Am Boden. Überall Farbe.

Große Autos in weiß, mit Streifen der selben Farbe wie der des Mannes. Und Lichter in der Farbe des Himmels.

Angst..

Weiß gekleidete Männer und Frauen. Sie wollen mich mitnehmen. Doch ich will nicht. Sie bedrängen mich. Umzingeln mich, bis ich kaum noch Platz habe.
Da passiert es wieder.
Farbe.
Überall.
Die weiße Kleidung ist nicht mehr weiß.
Die Oberkörper der Männer und Frauen nicht mehr auf den Unterkörpern.
So viel Farbe.

Ich lasse mich auf den Boden fallen.
Weine.
Schreie um Hilfe.
In mitten der leblosen Körper.
Hubschrauber.
Menschen mit Waffen.

Fragen.
So viele Fragen.
Doch ich weiß weder was, noch wie es passiert ist.
Ein Mann mit einer Art Messer.
Angst...
Aufregung.
Noch mehr Farbe.

Und ein Kopf.

Nein..
Nein, es war keine Farbe...
Es war Blut.
Ich hatte Menschen umgebracht..
Ohne auch nur den kleinen Finger rühren zu müssen.

Waren diese Erinnerungen real?
Oder war ich schon so weit, dass ich vor mich hin halluzinierte?
Hatte ich wirklich dutzende Menschen aufgeschlitzt ohne mit zu bekommen wie und warum?
Hatte ich Familien zerstört?
Hatte ich selbst überhaupt eine Familie? Oder war ich nur ein seltsames Experiment?

Eine Trane lief meine Wange hinunter. Ich spürte den salzigen Tropfen über meine Haut rollen, bis er mein Kinn erreichte und schließlich auf den gefliesten Boden klatschte.

Schmerz.
Schmerz in meinem linken Unterarm.
Doch wieso?
Ich senkte meinen Kopf um meinen Arm zu betrachten, doch er war von festem weißen Stoff umhüllt. Als ich versuchte den Arm zu bewegen spürte ich, zu dem Schmerz, auch noch wie der Stoff jenen an meinem Oberkörper fixierte, sodass ich ihn nicht bewegen konnte.
Ich trug eine Zwangsjacke.

Kopfschmerz.

Erinnerung.

Ein Mensch. Ein Mädchen in meinem Alter. Ich kenne sie. Sie hat einen speziellen Namen für Zwangsjacken.
Wie lautet er...
Hab... Habmichlieb-Jacke.

Ich schloss die Augen und musste kurz schmunzeln.
Ein schöner Name für etwas, dass einen so bewegungsunfähig macht.
Doch woher kannte ich sie?

TentaclesWhere stories live. Discover now