Kapitel 6

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Dylan legte schweigend die Stirn in Falten und schien angestrengt zu überlegen. Man konnte erkennen, wie er mit sich selbst rang. „Willst du das auch wirklich?" Diesmal zuckte ich mit den Schultern aber sagte nichts dazu.

Wahrscheinlich würde ich meine Entscheidung morgen früh bereuen.

Wie sollte ich das bloß meinen Eltern erklären?

Schließlich sah er wohl ein, dass er keine andere Wahl hatte und erhob sich etwas zaghaft. Kurz wischte er sich noch den imaginären Dreck von der Hose, dann folgte er mir.

Als ich vor der Haustür stand, zitterte meine Hand so sehr, dass ich es kaum schaffte den Schlüssel im Türschloss umzudrehen. Ich wusste nicht einmal, ob es an der Kälte lag, oder an der Tatsache, dass seine Gegenwart mich nervös machte.

Als die Tür endlich aufsprang, flüsterte ich noch ein schnelles „Sei bitte leise" und schlich dann mit Dylan die Treppe hinauf in mein Zimmer.

In Schweigen gehüllt setzte er sich auf mein Bett und ließ den Blick durch den Raum wandern, da er nicht recht wusste, wie er sich nun verhalten sollte. Niemand von uns beiden wusste das.

Also nahm ich gegenüber von ihm auf meinem Drehstuhl vor dem Schreibtisch Platz und starrte die Wand an, als wäre sie das interessanteste überhaupt.

Doch einige Male erwischte ich mich, wie mein Blick zu Dylan schweifte und ich ihn still von Kopf bis Fuß musterte, in der Hoffnung, dass er es nicht bemerken würde.

Mit seinem dunkelblauen T-Shirt und der ebenfalls dunklen Jeans wirkte er ziemlich normal, fast schon unauffällig. Insgesamt schien er eher der ruhige Typ zu sein.

Doch etwas an ihm, wirkte anders, merkwürdig irgendwie.

Ich verstand nicht, was es war. Allerdings hatte ich dieses Gefühl, dass ich das noch herausfinden würde.

Plötzlich kam mir der Gedanke, dass er auch einfach zu einen von seinen Freunden hätte gehen können. Irgendeiner von ihnen hätte ihm bestimmt Asyl angeboten, schließlich hingen sie auch den ganzen Vormittag in der Schule miteinander rum, zumindest wenn sie mal hingingen.

In der letzten Zeit hatte ich die fünf kaum noch in der Schule zu Gesicht bekommen. Nicht, dass ich besonders darauf geachtet hätte.

„Wie geht es dir?" platze ich buchstäblich heraus und hätte mich gleich darauf selbst dafür schlagen können. Hart biss ich mir auf die Unterlippe. Ich bereute meine Frage unendlich.

Erstaunt schaute er hoch, mich direkt an.

„Was meinst du damit?" Mit seinen braunen Augen studierte er ungeniert mein Gesicht, als wenn er somit eine Antwort auf seine Frage finden könnte.

Anschließend blickte er mir wieder in die Augen.

Sein Gesichtsausdruck wirkte immer noch überrascht, auch wenn mir nicht einleuchtete, wie ich ihn mit dieser simplen Frage so aus dem Konzept bringen konnte.

„Ich wollte nur wissen, wie es dir geht." Antwortete ich etwas bissig, da ich das Gefühl hatte, er würde hinter meiner Frage nach einer Falle suchen.

„Tut mir leid, ich bin es nur nicht gewohnt, dass ich danach gefragt werde wie es mir geht." Das war eines der seltsamsten Sachen, die ich je in meinem Leben gehört hatte. Denn diese Frage beinhaltete fast jedes Gespräch, meiner Meinung nach. Aber ich wusste, dass er die Wahrheit sagte. Ich konnte es in seinen Augen sehen, genau wie den traurigen Schimmer, den er versuchte zu unterdrücken.

„Oh" gab ich nur nachdenklich zurück, da mir nichts Besseres einfiel.

Was sollte ich auch zu jemandem sagen, den ich kein Stück kannte. Den kaum jemand richtig kannte.

Mittlerweile zweifelte ich auf daran, dass seine Freunde ihn wirklich kannten. Schließlich saß er hier bei mir und nicht bei einem seiner angeblich besten Freunde.

„Wieso bist du hier?" fragte ich leise, während ich zum Fenster hinausschaute und den Nachthimmel betrachtete.

Ich dachte zuerst, er hätte mich nicht gehört, denn er antwortete nicht.

Doch dann sagte er unerwartet: „Du hast gesagt, es wäre okay. Wenn du mich nicht hier haben willst, kann ich auch wieder gehen."

Er wollte sich gerade von meinem Bett erheben als ich ihn versuchte zu beschwichtigen: „Nein, so meinte ich das nicht. Ich versteh nur nicht, wieso bist du hier bei mir bist und nicht bei deinen Freunden?"

JUST ONE TOUCH x Dylan O'BrienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt