Kenshin's Ziel

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Als ich zuhause ankam, war alles still. Haruka und Ayumi saßen im Wohnzimmer und aßen Chips. Der Fernseher war ausgeschaltet, was zu dieser Tageszeit selten war. Um diese Uhrzeit liefen nämlich immer die Nachrichten. Haruka sah zwar nicht so aus, als ob so etwa sie interessierte, das tat es aber sehr wohl. Wie heißt es? Man soll ein Buch nie nach dem Einband beurteilen. Die Nachrichten wollte sie normalerweise nicht verpassen, aber heute war es ihr egal. Sie redete lieber mit ihrer Kindheitsfreundin. Verständlich. Schließlich haben die beiden sich seid Jahren nicht mehr gesehen. Darauf nahm ich jedoch keine Rücksicht. Ich brauchte jemanden zum Reden, dem ich vertrauen kann. Mit Kenshin kann ich darüber natürlich nicht reden. Es bleibt also nur meine Mitbewohnerin Haruka. »Wie lief es?« fragte sie mich, als ich durch den Türrahmen trat. Ayumi sah mich gespannt an. »Nicht so gut. Zumindest für mich.« Ich setzte mich auf den freien Platz des Sofas. Genau neben der Schwester von Kenshin. Sie bereitete mir ein ungutes Gefühl. »Was meinst du?« Mit großen Augen starrte mich Ayumi an. »Kenshin hat mir... seine Liebe gestanden.« Ich legte meinen Kopf in die Hände. Ich war irgendwie verzweifelt. Doch Haruka und Ayumi reagierten seltsam. Sie freuten sich, wie kleine Kinder darüber. »Na, endlich hat er es geschafft. Wurde auch langsam Zeit.« Geschockt hob ich meinen Blick. »Ihr wusstet davon?« Es machte mich wütend, dass sie mir nichts davon gesagt hatten. Es überraschte mich, aber nicht. Ich hätte es ihnen sicher nicht geglaubt. Egal wie ernst sie es meinten. »Er ist schließlich mein Bruder. Kenshin erzählt mir alles. Selbst als er vor drei Jahren herausgefunden hat, dass er schwul ist, hat er es keine Sekunde vor mir verheimlicht!« sagte Ayumi stolz. »Was denkst du warum ich dich gezwungen habe, ihm Nachhilfe zu geben?« Haruka nahm sich einen der Kartoffelchips und knabberte daran herum. Jetzt machte alles Sinn. Sie wollen mich mit ihm verkuppeln. »Was hast du eigentlich darauf gesagt?« Sie spielte auf das Geständnis ab. »Tut mir leid. Aber ich fühle das nicht für dich, habe ich gesagt.« Haruka seufzte und gab mir dann eine Ohrfeige. »Wofür war die denn?« Sie funkelte mich gehässig an. »Ist das nicht klar? Du magst ihn doch auch!« Der Schlag hatte gesessen. Meine ganze Wange schmerzte. »Er ist nur ein Freund für mich! Sieh' das doch ein!« Stur stand ich auf und verließ das Zimmer. Das kann doch nicht wahr sein! Ich drehte mich nicht mehr um, sondern stampfte aus der Wohnung.

Ich steuerte den Stadtpark an. Dort kann ich richtig nachdenken. Und das brauchte ich jetzt mehr als alles andere. Selbst die Kinder die dort lauthals spielten störten mich nicht. Wie soll ich denn jetzt mit Kenshin umgehen? Normal wie immer oder soll ich ihm aus dem Weg gehen? Und was ist mit dem Nachhilfeunterricht? Zu viele Fragen und keine einzige Antwort. Mein Handy klingelte. Nach einigen Sekunden nahm ich den Anruf an. Es meldete sich weder Haruka noch Ayumi. Es war Kenshin. »Akira?« Mir stockte der Atem. »Ja.« Ich nickte als könnte er es sehen. »Danke, dass du ran gegangen bist.« Seine Stimme war weich. Als wolle er Niemanden auf der Weld etwas schlechtes. »Entschuldige, dass ich dich so überfordet habe. Hoffentlich bist du nicht sauer auf mich.« sagte er. »Nein, bin ich nicht. Aber... Meinst du das was du sagtest ernst?« Ich wünschte mir das er Nein sagt und alles nur ein schlechter Scherz war. Doch im Innersten wusste ich, dass das nicht passieren wird. »Ja. Ich liebe dich seit ich dich zum ersten mal sah.« träumerisch flüsterte er es in den Hörer. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Körper aus. Ich wollte das nicht. »Warum sagst du das?« Kenshin atmete laut aus. »Ich habe es so lange unterdrückt. Das will ich nicht mehr. Ich werde dich dazu bringen mich zu lieben!« Das klang schon fast wie eine Drohung, obwohl er es ruhig und nett sagte. Ich verstehe diesen Typ nicht. »Bis morgen!« Er legte auf. Perplex saß ich auf der Parkbank und schaute ungläubig auf den Display meines Handys. Er will, dass ich ihn, meinen besten Freund, liebe! Ich habe zwar überhaupt nichts gegen Schwule, aber selber bin ich keiner. Es ist einfach nicht meins. Selbst wenn ich wollen würde. Es machte mich einfach nicht an. Was wird Kenshin wohl morgen machen? Hoffentlich schlägt er sich diese Idee wieder aus dem Kopf. Das wird nur schlecht für ihn enden. Ich saß noch lange zwei Stunden auf der Bank, um den Sonnenuntergang und den Sternenhimmel beobachten zu können. Das beruhigte mich ungemein. Der Vollmond erleuchtete die sonst so dunkle Nacht. Mein Pullover hielt mich warm, doch ein kaltes, unangenehmes Gefühl schlich durch meinen Körper. die Sache ließ mir keine Ruhe. Ich schlenderte noch etwas den Kiesweg entlang, bis ich an einem kleinen See ankam. Jeder Stern spiegelte sich in dem klaren Wasser. Eine Wolke zog voran und ließ ihren Regen fallen. Es wurde zu einem Regenschauer. Sofort als ich es realisierte setzte ich mich in Bewegung. Ich rannte auf ein Gebäude zu, um mich dort unter zustellen. Dort angekommen atmete ich schwer. Meine Haare waren, schon vollkommen nass. Einige Wasser Perlen tropften von den dunkelbraunen Strähnen herab. Ein Großteil fiel auf meine Brille. So war ich gezwungen sie abzunehmen, sonst hätte ich gar nichts mehr gesehen. »Du siehst viel besser ohne Brille aus! Das bringt deine Augen zur Geltung.« rief mir ein Mädchen mit einem Regenschirm zu. Es war Haruka!

Was willst du von mir?! (BoyxBoy)Where stories live. Discover now