In welchen Drama bin ich hier gelandet?

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Was zur Hölle ist hier los? Ich saß auf einem Stuhl. An den Armen gefesselt. In Harukas Zimmer. Eine Lampe beleuchtete mein Gesicht. Ich kam mir vor, wie in einem dieser 80er Jahre Krimis. Das vollkommene Klischee... Eine Antwort darauf, wieso ich gefässelt bin, bekam ich nicht. Meine Mitbewohnerin saß auf dem Schreibtisch und richtete dreist das grelle Licht auf mich. Ayumi lief auf und ab und schaute mich alle paar Sekunden an. »Was ist gestern passiert, als Kenshin dich zu sich eingeladen hat?« Ich seufzte. »Wir haben einen Film gesehen.« Haruka spitzte die Ohren. Ihre grünen Augen fuhren an meinem Körper herab. Sie wollte heraus finden, ob ich lüge. Das tat ich, aber nicht, so fühlte es sich jedenfalls an. »Und weiter?« fragte Ayumi. Sie befand sich nun hinter meinen Stuhl. »Danach bin ich gegangen.« Ein leicht fertiges »Aha.« huschte über ihre Lippen. Sie funkelte mich böse an. »Weißt du... Haruka hat mir da etwas ganz anderes erzählt.« Etwas anderes? Haruka erhob sich und stellte sich neben Ayumi. »Kenshin hatte deine Hand in seine genommen und seinen Kopf auf deiner Schulter abgelegt. Romantisch, oder?« Das musste Kenshin ihr während des Telefonats gesagt haben. Jetzt kam es mir wieder in Gedächtnis! Es war also doch kein Traum. Es hatte sich in der Erinnerung, wie ein Traum angefühlt. Haruka lehnte sich nach vorne. »Warum bist du weggerannt?« Sie war wie immer mitfühlend, machte mir aber trotzdem Vorwürfe. »Ich weiß nicht.« Dieses mal war es die pure Wahrheit. Meine Erinnerungen an diese Situation sind alle noch verschwommen. Es wäre, als hätte ich zu viel getrunken. »Magst du Kenshin nicht? Oder...« Ayumi stockte. »Ich mag ihn, aber nicht auf diese Weise. Er ist nur ein Freund für mich!« Es war die pure Überwindung für mich, das zu sagen. Auch Haruka war überrascht. Ich habe noch noch nie gesagt, dass ich jemanden mag. Es passte einfach nicht zu mir. Ayumi nickte Haruka zu. Diese kam auf mich zu und löste das Seil, das um meine Handgelenke geschlungen war. »Du gehst jetzt sofort zu ihm und sagst ihn, dass alles in Ordnung ist! Oder wir befördern dich persönlich dort hin.« Haruka schubste mich aus der Wohnung heraus und schloss ab. Natürlich, weil ich sonst sofort wieder rein gegangen wäre. Es blieb mir wohl nichts anderes übrig, als zu Kenshin zu gehen.

Ich klopfte an der Tür. Stille. Noch einmal. Wieder nur Stille. Noch einmal und dann gehe ich. Dieses mal war es noch lauter, als zuvor. Das kann man nun wirklich nicht überhören. Leise Schritte kamen auf die Tür zu. Sie öffnete sich einen kleinen Schlitz weit. Kenshin lugte kurz durch diesen hindurch und warf sie schlagartig zu. »Kenshin! Mach auf! Wir müssen reden!« brüllte ich ihn durch die Wand an. Trotzdem reagierte er nicht. »Bitte.« Meine Stimme wurde ruhiger. Es dauerte etwas, bis er mich endlich rein ließ. Sein Gesicht verbarg er, indem er es zu Boden richtete. Er trug ein weißes T-Shirt und zu meiner Überraschung nur eine Boxershort. Er verbrachte wohl den ganzen Tag im Bett. Seine Haare bewiesen es ebenfalls. Sie standen in alle Richtungen ab. Kenshin setzte sich auf sein Bett. Er hob nicht ein einziges mal seinen Kopf um mich anzusehen. »Tut mir leid, dass ich abgehauen bin...« sagte ich. Er zuckte leicht. »Ist schon in Ordnung. Ich bin zu weit gegangen.« Seine Stimme war brüchig und weinerlich. Das ist nicht der Kenshin, den ich kenne! Ich setzte mich neben ihn und beobachtete Kenshin genau. Als eine seiner rubinroten Strähnen zur Seite glitt, konnte ich in sein Gesicht blicken. Seine Augen waren rot, genau wie seine Nase. Seine Hand krallte sich an die Bettdecke. Es fiel mir erst jetzt auf, aber er zitterte. »Was bin ich... für dich?« fragte er. Er schaute mir tief in die Augen. Das war das erste mal an diesen Tag, dass ich er sich mir zeigte. »Mein... bester Freund.« Es stimmte. Er war die Person, die ich am meisten mochte. Auch, wenn wir nicht sonderlich viel miteinander zu tun hatten. Kenshin war sichtlich enttäuscht. Aber warum? Er ist doch nicht... Oder doch? »Schade...« Er rückte näher an mich. Seine Hand fuhr an meinen Nacken. Er näherte sich mir immer mehr. Kenshin legte seine Lippen auf meine. Von seinem Körper ging eine gewaltige Hitze aus, die mein Herz zum rasen brachte. Ich konnte mich nicht bewegen. Aber Warum? Langsam löste er sich von mir. »Ich liebe dich.« flüsterte er mir ins Ohr. Er umarmte mich zärtlich. »Tut mir leid. Aber ich fühle das nicht für dich.« Sein Griff um mich wurde enger. »Ich habe dich schon immer geliebt!« Er schrie schon fast. Eine seiner Tränen fiel auf meine Schulter. »Was muss ich tun, damit du mich liebst?« Diese Situation war zu viel für mich. Viel zu viel! Jetzt realisierte ich, dass er mir meinen ersten Kuss genomen hatte. Mir stieg sofort die Röte ins Gesicht. Ich hatte mir diesen Moment ganz anders vorgestellt. Dich es gab etwas, dass mich noch mehr beschäftigte. Mein bester Freund... liebt mich. Es gab keine Chance, dass das gelogen war. Das musste die Wahrheit sein. Wir verharrten in dieser Position. Nicht, weil ich es genoss, sondern weil er zu stark war. Ich kam einfach nicht von seiner Umarmung frei. Nach gefüllten Jahren ließ er locker. »Bitte geh'. Ich will jetzt alleine sein.« Ich schaute ihn noch einmal prüfend an, bevor ich ging. Er liebt mich... Das ist sicher schlimm für ihn. Für mich ist er schließlich nur ein Freund. Ich fuhr mit dem Zeigefinger über meine Lippen. Sie fühlten sich angenehm warm an. Mein Herz pochte. Was ist nur los? In welchem Drama bin ich hier gelandet? Heute ging ich über die Treppe nach unten. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken. Und zuhause bekomme ich die ganz sicher nicht...

Was willst du von mir?! (BoyxBoy)Where stories live. Discover now