Prolog - the future.

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【 ROBERT 】 


Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst. 

Es könnte in Erfüllung gehen. "

[ Anonymous ]



„Denk daran, Robert, der Vertrag muss am Montag von deinem Vormund unterschrieben sein, sonst können wir dich am Samstag nicht gegen die Gunners einwechseln lassen."

Die Stimme meines Trainers hallte in meinem Kopf wieder. Coach Owen war unmissverständlich gewesen und ließ mehrmals durchsickern, dass es vielleicht meine einzige Chance war, das erste Mal für die Premier League zu spielen.

Ein Match gegen den FC Arsenal, wer träumte davon nicht? 

Und wenn es nur für die letzten Minuten war, ich wollte einmal in meinem Leben das Stadion der ganz Großen betreten. Es war ein Grund auf Wolken zu tanzen, die Welt zu umarmen und sprichwörtlich abzuheben. Ich sollte vor Glück aus allen Nähten platzen. Teils tat ich das und Teils auch nicht.

Ratlos saß ich im Trainingszentrum vom FC Liverpool, oder wie die Fachleute es nannten, den Reds. Vor wenigen Minuten hatte ich noch einmal den Gesundheitscheck gemacht und war ein paar Minuten Laufen gewesen.

Jetzt lehnte mein Rücken gegen die große Fensterfront des Besprechungsraumes und ich hockte auf dem Boden. Hinter den Tischen würde mich keiner sehen. Hier hatte ich einen Augenblick Ruhe. In der Hand hielt ich, sicher in einer Mappe verwahrt, das Formblatt, welches ich einen Erziehungsberechtigten vor die Nase halten musste.

Nie hätte ich gedacht, dass ein einfaches Blatt Papier einmal eine Hürde für mich werden würde.

Ich war erst fucking 17 Jahre alt und musste noch verdammte fünf Monate warten, bis ich endlich alle Entscheidungen alleine treffen konnte. Wütend warf ich die Mappe beiseite, denn ich wusste jetzt schon, dass meine Grandma mir diesen dämlichen Wisch nicht unterschreiben würde.

Meine grandiose Ausrede hatte der Coach nicht gelten lassen. „Wirklich Robert, dass ist das Beste, was dir einfällt? Schick deinem Vater die Erklärung elektronisch, dann ist es ein Ding von Minuten. Er befindet sich nur in Australien, nicht im All."

Ich schnaubte. Denn für mich war es ein und dasselbe. Mein Vater war nie dort, wo ich auch war und das war nichts, worüber ich allzu traurig war. Man gewöhnte sich schließlich an alles.

Müde streckte ich die Beine aus und warf einen Blick auf die Digitaluhr meines iPhones. Noch eine Stunde, dann würde Tante Daisy mich abholen. Ich wusste jetzt schon, dass sie mosern würde, dass ich besser den Fußball hinschmeißen sollte, um mich zu betrinken, Mädchen aufzureißen und nachts bekifft durch mein Zimmerfenster klettern sollte.

Sie liebte es, wenn ich rebellierte. Manchmal hatte sie deshalb seltsame Ansichten und Grandma sah das zum Glück genauso. Zumindest ließ sie mich wissen, dass ich sowohl mit dem Bier, als auch mit den Mädchen und sämtlichen Rauschgift wieder warten dürfte, bis ich dreißig war.

Den letzten Teenager-Aufstand hatten wir schließlich erst vor einigen Monaten ausgestanden.

Das waren Momente, in denen ich meinen Bruder Robin besonders vermisste. Früher war er immer noch nach meinen Trainingszeiten vorbei gekommen. Mal mit dem Rad, oder aber auch zu Fuß, einfach, damit wir den Heimweg zusammen antreten konnten. Aber Robin war nicht mehr da und es würde nie wieder gemeinsame Spaziergänge, Bahnfahrten oder tief entspannte Kommentare von ihm geben.

Ich öffnete die Sporttasche zu meiner rechten Seite und suchte nach meiner Wasserflasche, aber stattdessen fiel mir die rote Karte ins Auge, die ich seit Robins Tod drin herumfliegen hatte.

Immer noch wusste ich nicht, was für eine Karte das wirklich war. Die Schrift war chinesisch, doch was draufstand, hatte ich noch nicht übersetzt. Ich fragte mich sowieso, ob das jetzt überhaupt noch eine Rolle spielen würde, oder warum Robin das Ding am Tag seines Todes überhaupt bei sich gehabt hatte.

Sie war einfach nur Rot, die Zeichen golden und ein geflochtenes Band war durch ein kleines Loch gezogen worden, was sich mittig befand. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann hätte ich geglaubt, dass es sich dabei um ein Lesezeichen handelte.

Ein asiatisches Teammitglied, der das Ding in der Umkleide gesehen hatte, war da jedoch anderer Meinung. „Das ist ein One-Way-Ticket, Robbie. Die sind ziemlich selten und schrecklich teuer."

Auf meine Frage, was man damit machte, hatte er nur breit gegrinst und gemeint: „Sich etwas wünschen, aber sei vorsichtig damit. Man weiß nie, was dabei herauskommt."

Nun verzog ich das Gesicht, denn lange hatte ich nicht mehr solch einen Unsinn gehört. Als wenn ein Stück Papier wirklich Wünsche erfüllen könnte.

Ich spürte den Regen in meinem Rücken, der gegen die Fensterfront trommelte. Nachdenklich tippte ich die Karte gegen meinen Kopf. Gab es überhaupt etwas, was ich mir wünschen würde, außer, dass ich Robin zurückhaben wollte? 

Denn das war schließlich ein unmöglicher Wunsch. Da müsste schon Dschinn meinen Weg kreuzen und ein jeder wusste, dass wir hier nicht bei Disneys große Wünschekiste waren.

Mich würde interessieren, was Robin sich an meiner Stelle gewünscht hätte. Das galt doch als halbwegs vernünftiger Wunsch, oder? Bestimmt hätte er sich Gutscheine bis ins nächste Jahrtausend von McDonalds gewünscht und sich kugelrund gefressen. Zumindest würde das zu ihm passen.

„Tja Kumpel", murmelte ich und sah noch einmal auf die Karte: „Schade, dass du es mir nicht mehr zeigen kannst, hm?" Ich war müde und frustriert. Vielleicht auch ein bisschen neben der Spur. Fakt war, ich unterschätzte die Karte gewaltig.

„Ich wünschte, ich könnte dir deinen Wunsch erfüllen, den du dir hiermit kaufen wolltest."

In diesem Moment ging das Licht aus.

Stairway to heaven ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt