15 Hassliebe.

9K 799 51
                                    


【 ELEANOR 】


━━━━



Angestrengt versuche ich nun meine mitgenommenen Füße zu massieren, doch sie taten noch immer weh. Die Wanderschuhe waren nicht eingelaufen und allgemein war ich Wanderungen einfach nicht gewohnt. Wenn es noch kälter wurde, würde ich bald mit dem Hintern im Feuer sitzen. Der Wind zerrte so fest an den Fensterläden, dass ich es mit der Angst zu tun bekam, außerdem fragte ich mich, ob das Dach ganz dicht war.

Und als hätte der Wettergott meine Gedanken gehört, prasselte harter Regen auf das Dach. Einen halben Meter neben mir breitete Louis seinen Schlafsack aus. Auf meinen Vorwurf hin hatte er nichts mehr gesagt.

Wie immer.

In der Nacht drehte ich mich demonstrativ auf die andere Seite. Es war kalt, ich fror entsetzlich, aber ich war zu stolz, das zu zugeben. Stattdessen rollte ich mich ein und am Ende zog ich mir sogar die hässliche rote Mütze auf. Der Wind heulte gruselig um das Cottage und irgendwann hörte ich den Regen nicht mehr. Erschöpft fiel ich in einen komatösen Schlaf und wachte erst auf, als ich fast sieben Stunden später die Tür knarren hörte und ein kühler Wind mein Gesicht streifte.

Mit steifen Gliedern versuchte ich mich völlig verrenkt zu orientieren. Ein Blick auf meine schmale Armbanduhr verriet mir, dass es kurz nach sechs war. Müde rieb ich mir die Augen und bemerkte erstaunt, dass das Feuer im Kamin wieder brannte und neues Holz daneben lag. Hastig ließ ich den Blick schweifen.

Louis' Rucksack war noch da, ebenso seine Jacke. Das hieß, er war nicht alleine weitergewandert und hatte mich hier nicht zurückgelassen. Mit Muskelkater schleppte ich mich zu den Lebensmitteln und schaffte es sogar diesen komischen Kaffee aufzubrühen, den man uns mitgegeben hatte. Dazu eine Scheibe Brot und Jogurt. Ich fing an zu frühstücken und gerade als der Kaffee so weit abgekühlt war, dass man ihn trinken konnte, kam Louis wieder in die Hütte.

Sein Haar war an den Spitzen feucht und er wirkte genauso zerschlagen, wie ich mich fühlte. Wir schwiegen beim Essen und auch beim Packen. Bevor wir schlussendlich weiterzogen, verriegelte Louis die Tür des kleinen Cottages und es ging los.

Natürlich zog er das Tempo an und dank dem schlammigen Boden hatte ich es noch schwerer ihm zu folgen. Die Wege waren unsicher, mir kam der Rucksack noch störender vor und nach einer Stunde schnaufte ich: „Was hast du denn gefrühstückt! Schalte mal einen Gang runter!"

„Leg einfach an Tempo zu", war seine knappe Antwort.

Ich spürte, trotz der recht kühlen Temperatur, wie mir der Schweiß über das Gesicht rannte. Wir stiegen über Stock und Stein, der Weg wurde immer dürftiger und zu meinem Glück ging es endlich nach über eine Stunde Bergab. Aber das war nicht viel leichter. Ich musste mich mehrmals festhalten, denn der Boden rutschte unter meinen Füßen immer wieder weg. „Bitte Louis, geh einfach etwas langsamer!", entfuhr es mir schließlich doch, als ich mich wiederholt gerade noch an den Ästen eines Strauchs festhalten konnte.

Ich war wirklich versucht Louis wieder laufen zu lassen und in meinem Schritttempo hinterher zu laufen, aber mir war die Strecke nicht geheuer. Sie war um einiges mehr zugewuchert als die erste Etappe. Außerdem war der Himmel stark bewölkt.

Es roch nach Regen und Sonne würden wir heute sicher nicht zu sehen bekommen.

Wir fanden eine Quelle mit sauberem Trinkwasser, aber eine richtige Pause machten wir nicht. Es ging weiter Bergab und je länger wir unterwegs waren, umso müder wurde ich. Meine Muskeln brannten und dann passierte es.

Walk the line ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt