Mein Blick blieb an ihr hängen und ich rang mit dem Bedürfnis anstatt ihr mit einem Gespräch anzufangen, einfach weil mir dieses unbeschwerte Gefühl fehlte, das mich jedes Mal überkam, wenn wir herumscherzten. Aber ich hielt mich zurück. Mein Leben war kompliziert, nicht unbeschwert und langsam wurde ich mir wieder der Gefahr bewusst, wie leicht sie doch hinter mein Geheimnis kommen konnte.

Vielleicht willst du das inzwischen ja auch...

Mein Herz zog sich zusammen. Nein, das wollte ich nicht. Ich traute mich vielleicht nicht einmal mehr abends nach Hause zu gehen und allein der Gedanke an meinen Vater ängstigte mich zu Tode, aber... ihn zu verraten würde mich umbringen. Er war doch alles was ich noch an Familie hatte.

Also zwang ich mich, mich von Ciara abzuwenden und folgte Mr. Colemans Unterricht mit so viel Aufmerksamkeit wie ich zusammen brachte.
Doch sobald es klingelte sprang ich schon mit gepackten Sachen auf und verließ gerade zu fluchtartig das Klassenzimmer. Ich hörte, wie jemand hektisch hinter mir seine Sachen zusammenraffte und kniff gequält die Augen zusammen, weil ich wusste was gleich kommen würde. "Tessa! Bitte warte kurz!"

Ich sollte weiter gehen, nicht stehen bleiben und auf sie warten. Aber ich WOLLTE doch so unbedingt warten! Wollte mich nur einmal normal fühlen. Aber schon im nächsten Moment, in dem ich meine Lungen mit einem lang gezogenem Seufzen leerte, wurde mir zum einemillionsten Mal bewiesen, dass ich nicht normal war. Selbst bei dieser kleinen Bewegung fühlt sich meine Haut auf dem Rücken so an, als würde sie von neuem aufreißen.

Und trotzdem... ich blieb stehen.
Ich musste nicht lange warten, da holte mich Ciara schnaufend ein und lächelte mir kurz dankbar ins erstarrte Gesicht. Ich gab mein bestes, um sie wieder so sachlich und emotionslos anzusehen, wie vor zwei Wochen, doch es wollte mir kaum gelingen.

"Ich... ich wollte nur nochmal fragen, ob du heute Nachmittag kommst, dann besteht zumindest die Chance, dass es spaßig werden könnte." Sie schien etwas verunsichert von meiner unterkühlten Mine und obwohl das natürlich Sinn und Zweck der Sache war, fühlte ich mich schlecht, sehr schlecht sogar. Am liebsten hätte ich sie angelächelt und ihr gesagt, dass ich mich freuen würde, dass es sicherlich ein schöner Abend werden würde. Wenn ich normal wäre HÄTTE ich das auch gemacht. Aber ich war nicht normal. Der Gedanke mit meiner Familie zu den Lawyers zu gehen erfüllte mich mit Grauen. Ich musste mich darum sorgen, wie sich mein Vater in der Öffentlichkeit benehmen würde, musste daran denken, die gute Tochter für meine Stiefmutter zu spielen und gleichzeitig mich nicht an Dyans Brust kuscheln zu wollen.
Also nickte ich nur, schenkte ihr einen kalten Abklatsch eines Lächelns. "Ja, ich komme mit meinen Eltern."
Erleichtert nickte Ciara und schaute dann wieder verlegen zur Seite. "Ähm... und ich habe mich gefragt, ob wir uns vielleicht zusammen fertig machen?"

Noch bevor ihr letztes Wort ganz verklungen war, schüttelte ich schon entschieden den Kopf. Nein, mit meinem Rücken war das voll und ganz ausgeschlossen. Egal wie vorsichtig ich wäre, irgendwann würde sie die roten Striemen sehen, die meinen Rücken kreuz und quer verunstalteten. Außerdem war es besser so...
Die Hoffnung erlosch in ihren Augen und jetzt schien sie mir wirklich nicht mehr direkt ins Gesicht blicken zu können. "Oh...", ihre Stimme wurde noch leiser. "Oh... ich hoffe es ist nicht wegen meinem Bruder. Wenn du ihn nicht sehen willst, kann ich dafür sorgen, dass er nicht da ist."

Mir tat es weh, sie so zu sehen. Mir tat es weh sie wegzustoßen, auch wenn es das beste war. Daher konnte ich es mir auch nicht verkneifen, meine Absage zu rechtfertigen, auch wenn es mich in meinem Vorhaben wieder zurück schmiss. "Nein, deswegen ist es nicht. Meine St... Mutter hat sich in den Kopf gesetzt, dass wir uns zusammen fertig machen und ich habe ihr leider schon zugesagt... Allerdings, wenn du es schon ansprichst, ich hoffe du verstehst, weshalb ich heute lieber alleine essen würde."

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