Aufmerksam beobachte ich alle um mich herum. Anna, die ebenso wie ich, pinke, lange Haare hat, steht neben mir und isst ihre Pommes, während Julia und Mina sich die Nachos teilen. ,,Das wird episch, wir müssen ganz vorne stehen." Ich nicke und nippe währenddessen an meiner Cola. ,,Wenn wir denn überhaupt reinkommen." Mina folgt meinem Blick durch ihre kugelrunde Brille zu der langen Schlange, die sich bereits jetzt vor dem Eingang gebildet hat. ,,Ach, mach dir keinen Kopf, das wird schon." Dankbar nicke ich ihr zu. Keine der drei kenne ich, sie selbst kennen sich gegenseitig auch nicht, doch die wenigen Stunden, die wir bereits miteinander verbracht haben, lässt mich denken, sie schon mein ganzes Leben zu kennen.
Ich nehme den ersten Bissen meiner Nachos, die ich mir bestellt habe, als ein großer Mann im Eiltempo in unsere Richtung kommt. Sein Gang ist selbstsicher und sein Blick fokussiert. Schwarze Haare, die nach hinten gegelt sind und zwei schwarze Perlen als Augen, die vor Kälte funkeln. Unnahbar und zugleich intensiv wirken. Doch seine Ausstrahlung ebenfalls, allen allein sie ist es die allen um ihn herum eine Gänsehaut verpasst. ,,Soundcheck in fünf Minuten!" sagt er laut und sofort bewegt sich die Masse zu den Türen.
,,Ist das der Manager Min Yoongi?" Mit seinem schwarzen Mantel und dem Headset, das er trägt, sieht er definitiv nicht aus wie ein einfacher Mitarbeiter. Der strenge Blick hingegen erinnert mich unfreiwillig wieder an Luke's gestrigen Traumberuf mir gegenüber. Fühlen sich die Jungs auch immer so mickrig und eingeschüchtert, wenn ich sie so angucke? Gucke ich so wie er? Ein weiterer Nacho findet den Weg in meinen Mund, als der junge Mann uns plötzlich ins Visier nimmt. ,,Was macht ihr da noch? Der Soundcheck beginnt in fünf Minuten!" schreit er förmlich. „Wenn ihr jetzt nicht da rein geht, bleibt ihr draußen. Und legt. Das. Essen. Weg!" Was für ein Idiot.
Wie ferngesteuert nicke ich, ebenso wie die anderen. Wir schmeißen unser kaum angefangenes Essen weg, da läuft er auch schon wieder an uns vorbei. ,,Er ist so hot." sagt Anna. ,,An meinen Freund kommt er nicht ran." sage ich und die drei lachen. ,,Min Yoongi, ist der heißeste Mann auf Erden, dein Freund hat keine Chance." ,,Mein Freund ist ja auch ein Engel." Süffisant beginne ich zu grinsen und Anna lacht. ,,Ja, ja. Der gute Mister World Wide Handsame Jin. Es ist reiner Zufall, das aus dem kleinen Kaff in dem du wohnst, so jemand Hübsches ist den man mit einem Engel vergleichen kann." ,,Und doch existiert er." Min Yoongi ist das ganze Gegenteil von meinem Jin - Jin liebt helle Klamotten und hat eine schwäche für alles Niedliche, während Min Yoongi mit seinen schwarzen Outfits und den Tattoos mehr wie ein möchte gern Badboy aussieht als wie jemanden den man Vertrauen kann. In manchen Menschen kann man sich täuschen doch er, scheint jemand zu sein der genau das ist nachdem er auch aussieht.
„Bewegt euch in die VIP-Schlange! Jetzt!", ruft er erneut und unbewusst verdrehe ich die Augen. Am Eingang ließ man uns wie Vieh nach und nach passieren, danach mussten wir wieder in ein abgetrenntes Quadrat uns nach Nummern sortieren, eh wir, wie jetzt, nach und nach rein gelotst werden. „Ich liebe es, wie sie uns wie Vieh behandeln", flüsterte ich spöttisch zu Anna, während wir an Yoongi vorbei gehen und das Innere der Arena betreten. Yoongi, so kalt und unnahbar sein Blick wirkt, ist nur ein Bruchteil meines Lebens gewesen, dennoch ärgere ich mich den restlichen Abend noch über ihn und dessen Kälte in seinem Herzen.
Dabei sind es eben all jene Herzen in uns, die in dem Moment, in dem "NCTDream" die Bühne betritt, schneller schlagen. Die 7 Männer, die in meinem Alter sind, schauen einen Moment ins Publikum, es herrscht Totenstille. Dann geht die Musik los und die Menge beginnt zu kreischen. Konfetti Herzen fliegen durch die Luft und die Idols, hoch oben auf der Bühne ziehen mich in eine Welt, in der es keine Probleme gibt. Kein: bin ich gut genug, entspreche ich den Erwartungen der anderen, was denkt man über mich und wie schaffe ich es perfekt zu sein? All diese Gedanken existieren nicht. Sie sind wie in Luft aufgelöst, stattdessen ist es der einzige Gedanke, der in meinem Kopf schwirrt: Wie schaffe ich es, diese Freiheit in meinem Inneren noch einen Moment länger zu wahren.
Meine Augen gelten auf der Bühne, doch als ein schwarzer Schatten meinen Augenwinkel entlang huscht, kann ich nicht anders als den Blick abzuwenden. Min Yoongi schaut konzentriert auf die Bühne und verfolgt voller Argwohn jeden einzelnen Schritt der Gruppe. Ein Blick in seine Augen, ich weiß nicht, ob sie über die Menge gehen oder ob er direkt in meinen Seelenspiegel blickt, doch die Kälte, die sich in mir ausbreitet, lässt mich hoffen, er verschwindet so schnell wie er gekommen ist. Ein einzelner Blick und die Magie ist ruiniert.
Er sieht nicht aus, als ob er dem Moment angehörig ist, vielmehr sieht er aus wie ein Lehrer. Beurteilend, ohne die Euphorie an dem eigentlichen zu erkennen. Jemand, der erwachsen geworden ist und das Kind in sich verloren hat. Spaßverderber.
Doch wie alles negative, rückt auch der grimmige Manager in den Hintergrund, als die Gruppe mein Lieblingslied "Fireflies" zu singen beginnt. Ein Lied das einen denken lässt, alles erreichen zu können, wenn man den Mut dazu hat.
Ein Ozean aus blauen Lichtern der Lightsticks durchflutet die Arena, eh sie am Ende des Konzertes als ein Regenbogen erstrahlen. Den ganzen Rückweg im Zug betrachte ich den Wal-Förmigen Leuchtstab, der auf keinem Kpop Konzert fehlen darf. Es war so schön und endete doch viel zu schnell. Anderthalb Stunden später bin ich wieder zurück. Mein Handy zeigt eins an und eine Nachricht von Jin der, am Ausgang des Bahnhofes auf mich wartet.
Ich beginne zu lächeln, erschöpft und gleichzeitig glücklich den Weg zu unserer Wohnung nicht zu Fuß gehen zu müssen.
,,Hallo Babyboy." sagt der Größere und schlingt seine Arme um mich. ,,Hey." sage ich und gebe ihn einen kurzen Kuss auf die Wange. ,,Wie war das Konzert?" fragt er mich und ich nicke. ,,Eine schöne Abwechslung im Gegensatz zum stressigen Arbeitsalltag." sage ich wahrheitsgemäß und er lacht. Arm in Arm gehen wir zu seinem Auto und ich steige auf der Beifahrerseite an, während er fährt. Ein herber Duft von seinem teuren Chanel Parfüm liegt in der Luft des Autos. ,,Dann hör auf und fang woanders an zu arbeiten. Waisenkinder sind nun wirklich nichts für dich, ich will immerhin in spätestens zwei Jahren mit der Kinderplanung anfangen, nicht dass du dann keine mehr willst." ,,Heimkinder, Schatz. Es sind Heimkinder, keine Waisenkinder." ,,Ja, ja ich weiß die meisten haben noch ihre Eltern. Dennoch, überlege es dir, Babyboy, spätestens wenn wir Kinder haben, kannst du da sowieso nicht mehr dort arbeiten." Ich beiße mir auf die Lippen und schaue nach draußen in die verregnete Nacht. Was ist, wenn ich noch nicht bereit bin, eigene Kinder haben zu wollen? Ich bin erst 23 Jahre alt, im Gegensatz zu Jin der fast 10 Jahre älter ist als ich. Was ist, wenn ich erst noch etwas die Welt sehen will, bevor ich mich an jemanden binde?
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80 Days in the World (Yoonkook)
Fanfiction"Wenn deine Welt in Scherben liegt, wirf das letzte Paar Socken in den Koffer und begib dich auf die Reise - eine, die dich nicht nur deinen Träumen näher bringt, sondern auch zu dir selbst." Als Jungkooks großer Traum zerbricht, bleibt nur Leere zu...
~°•♡ Prolog 🌏•°~
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