Familienessen

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»Du hast ihnen die Show nicht gestohlen, so wichtig bist du nun auch nicht.«, neckte Benny mich und grinste.

»Arschloch.«, entgegnete ich und sah aus dem Fenster. Zu sagen, ich hätte mich gegen das Essen bei meinen Eltern gesträubt, wäre noch untertrieben.

»Du willst selbst nicht hin.«

»Vielleicht ja doch?«

»Beim letzten Mal hatte Jackson Anastasia unseren Eltern vorgestellt und die haben dich gefragt ob du damit leben könntest, weil das Leben als Schwuler schon schwer genug sei.« Als er nichts darauf erwiderte, sprach ich weiter: »Die dachten du wärst Schwul und Jackson sei eine große Liebe!«

»Es sind nun mal deine Eltern.«, sagte er darauf und sah unentwegt zur Straße.

»Und nach meiner Flucht dachten die beiden, wir seien zusammen durchgebrannt.«

Benny seufze und lenkte das Fahrzeug in die Einfahrt des alten Hauses. Eigentlich hatte ich vorgehabt, hier nie wieder aufzutauchen. »Jetzt ist es zu spät.«

»Ich will nicht rein.«

»Das Essen ist lecker und definitiv gesünder als eine weitere Pizza. Du kannst dich nicht ständig von Fertiggerichten und Fastfood ernähren, ich bezweifle, dass es sonderlich gesund für das Kind ist.«

Bei seinen Worten musste ich schlucken.

»Apropos Kind: Du sagst es deinen Eltern heute?«

Ich knirschte mit den Zähnen. »Muss das sein?«

»Du bist nur hier, um deine Eltern um Unterstützung zu bitten, natürlich muss es sein!«

Ohne etwas darauf zu sagen riss ich die Tür auf und trat auf die gepflasterte Ausfahrt hinaus. Dieses übergroße Haus war so schrecklich einsam. »Du willst mich umbringen.«, murmelte ich und hackte mich bei ihm unter. Er führte mich die Einfahrt hoch zu der massiven Holztür und betätigte die Klingel. Ich lauschte wie das Geräusch durch das Haus hallte und sah nach rechts, wo die Rosen meiner Mutter um die Wette wucherten. Es war nicht ihr verdienst, dass sie so gut wuchsen, doch jedes Mal, wenn sie jemand auf diese Rosen ansprach, prallte sie mit ihnen und verschwieg die Existenz von Jeanette. Jeanette, das Mädchen für alles, war inzwischen ziemlich alt, vor meinem Umzug nach New York hatte sie trotzdem noch die meiste Arbeit im Haushalt übernommen. Sie war es auch, die uns die Tür öffnete und sie war auch eine der ersten an Jacksons Hochzeit gewesen, die zu mir gestürmt waren. Auch dieses Mal schloss sie mich in eine herzliche Umarmung und nahm auch Benny in den Arm. Ich fand, dass die Hochzeit extrem eskaliert war, alle anderen behaupteten, es sei wundervoll gewesen.

Jeanette führte uns ins Esszimmer, wo der Rest meiner Familie bereits versammelt war. Josephine stand auf um mich zu umarmen, Klaus reichte mir seine Hand die ich ergriff. Meine Mutter sprach die üblichen Begrüßungsfloskeln wie: „Ich hoffe dir geht es gut." und „Willkommen, ich hoffe, ihr habt Hunger." Dad reichte mir ebenfalls nur seine Hand. Jackson und Anastasia zogen mich beide in eine Umarmung, wobei die meines Bruders weitaus herzlicher wirkte als Anastasias. Benny durchlitt eine ganz ähnliche Prozedur, eher wir uns endlich auf unsere Plätze setzen konnten. Simon saß wie immer mir gegenüber und als Klaus ihn mahnend ansah, verzog er das Gesicht und sah zu mir herüber. »Hallo, Tante Eve.«

Ich verzog nicht das Gesicht als ich ihm mit einem ebenfalls knappen „Hallo" antwortete und sah stattdessen zu dem Baby zu meiner Linken. Benny hatte Recht, die kleine Danielle war hinreißend.

»Sie hat deine Augen, Anastasia.«, bemerkte ich und lächelte sie sogar an. Sie blickte zu dem Baby und lächelte zufrieden vor sich hin.

»Ich weiß.«, sagte sie darauf. Danach breitete sich wieder die peinliche Stille aus.

Couple in a roundabout wayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt