Kapitel 8

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POV: MARIAN

Ich schaue hinauf in den grau bedeckten Himmel und versuche die Wolken zu deuten. Ich sehe viele unbestimmte Formen, die miteinander zu verschmelzen versuchen. Doch einige Wolken weiter erkenne ich etwas Bestimmtes, einen Drachen. Ich wende meinen Blick von der Drachenwolke ab und schaue mich im Wald um, ich bin alleine. Die Drachenwolke muss für mich bestimmt sein. Ich sehe es immer klarer, als ich meinen Blick wieder gen Himmel richte und die Drachenwolke anfixiere. Dies ist ein Zeichen, ein Hinweis der Götter und er ist für mich bestimmt. Sollte ich tief in mir drinnen Angst gehabt haben, ist diese nun endgültig verschwunden. Heute werde ich nicht enttäuscht und das Dreschen wird zu meinen Gunsten ausfallen.

Bisher hatte ich noch keinen Erfolg. Seit zwei oder vielleicht drei Stunden wandere ich bereits umher und noch hat sich kein Drache mir nähern wollen. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte. Tatsächlich habe ich ALLES gegeben, meinen Blick gesenkt, mich nur langsam genähert, getanzt und direkt zu ihnen gesprochen.

Mein Misserfolg dürfte aber, meinem Zeichen nach zu urteilen, nicht mehr von langer Dauer sein. Noch immer starre ich gen Himmel, während ich zusehe, wie die Drachenwolke immer mehr die Farbe Grün annimmt. Seltsam. Obwohl ich nicht die intelligenteste Drachenreiterin sein werde, weiß ich, dass Wolken (für gewöhnlich) nicht grün schimmern. Auch weiß ich, dass Wolken (für gewöhnlich) nicht mit jeder Sekunde größer werden und zu Boden schießen. Und obwohl ich all dies weiß, bin ich in eben dieser Sekunde Zeugin dieses Phänomens. Es wirkt beängstigend doch majestätisch zugleich. Gerade als ich mich für die Entdeckerin eines bisher unbekannten Naturphänomens halte, verändert sich die Drachenwolke abermals. Ein Windstoß haut mich von den Füßen, die bis eben noch tief verwurzelt waren und drückt mich rücklings zu Boden. Ich falle gegen einen Baumstamm und stoße mir den Kopf an. Mir gegenüber landet die Drachenwolke. Sie ist giftgrün, im schwachen Sonnenlicht schimmernd und bedrohlich schuppig. Ich reibe mir die Augen und frage mich, ob ich mir vielleicht eine Gehirnerschütterung geholt habe. Denn, soweit ich gerade denken kann, ist dies keine Wolke. Nur zehn Meter vor mir hockt ein waschechter Drache, so Grün, dass es mir das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Langsam erhebe ich mich, während der Drache seinen Kopf senkt und sich zu mir nach vorne ausstreckt. Ich rühre mich nicht von der Stelle, schaue ihm aber direkt in die Augen. Sie sind ebenfalls grün, smaragdfarben, etwas blasser als seine Schuppen. Der Kopf des Drachens ist dicht vor meinem eigenen, sodass höchstens nur noch ein Schokobon zwischen uns passen würde. Er verengt seine Augen und betrachtet mich als eine Art Bedrohung. Er beginnt mich von Kopf bis Fuß zu mustern, wobei mir sein modriger Atem in die Nase steigt. Sollte ich diese Begegnung überleben, muss ich mich unbedingt bei Cohesia entschuldigen. Ihre Käsefüße sind ein sinnlicher Genuss, ein Paradiesdurft, im Vergleich zu dem faulen Gestank, dass sich offenbar Drachenatmen nennt. Mir entkommt ein Würgen. Dann ein Nächstes und ich schlucke verdaute Masse wieder hinunter. Bei den Göttern, wieso ich?!

,,GRRR!", ertönt das Brüllen des Drachens, als er seinen Kopf wieder anhebt und nun bedrohlich auf mich hinunter sieht. Ich bereue jede unschickliche Tat, die ich jemals begangen habe. Ich entschuldige mich bei meinen Eltern für eine anstrengende Erziehung, bei meinen Lehrer für eine anstrengende Lehrung, bei meinen Mitschülern für anstrengende Gespräche und ganz besonders muss ich mich bei Orenga entschuldigen, dafür dass ich sie für eine unschlagbare Heulsuse gehalten habe. Bei Moruka - so schwöre ich bei meinem Leben - entschuldige ich mich nicht.

Ich strecke meine Arme zu den Seiten aus und warte auf ein heißes, prickelndes Gefühl, was mich zu Asche werden lässt. Ich warte und warte, doch es passiert nichts. Der Drache betrachtet mich noch immer, doch sein Blick ist weicher, freundlicher geworden, so als - so als möge er mich. Kann das sein? Selbstverständlich.

Fourth Wing: Marian und OrengaUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum