Kapitel 7

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Harry

Punktgenau um 6:37 Ihr klingelt mein Wecker und weist mich darauf hin, in den neuen Tag zu starten. Jedoch bin ich heute alles andere als motiviert, die Bettdecke von mir zu nehmen und aufzustehen. Ich liege gemütlich und habe eine Position gefunden, in der keine Stelle in meinem Körper schmerzt. Das ist viel zu lange her.

Ich sollte meinen Wecker einfach ausstellen und noch ein wenig schlafen. Joggen gehen kann ich sowieso nicht.

Wenn ich nicht mit einer Schulterverletzung flachliegen würde, würde ich mir jetzt meine Sportsachen anziehen und um sieben Uhr joggen gehen. So hat Spencer genügend Auslauf, bis ich zum Training im Trainingscenter fahren muss. Was ausfällt. Nicht nur, weil ich mich verletzt habe, sondern auch, weil die Saison beendet ist.

Wir haben eine Sommerpause, bevor das Training für die nächste Saison wieder beginnt. Bis dahin sollen alle Spieler sich fit halten, damit wir im September die Vorsaison starten können. Im August fängt das Training wieder an. Solange muss ich mich alleine fit halten, was ich bevorzuge. So habe ich niemanden um mich herum, der mir vorschreibt, wie ich zu trainieren habe.

Stöhnend setze ich mich auf meine Bettkante und fahre mir übers Gesicht. Ich muss dringend duschen und danach mit Spencer raus. Ihn hält nichts von seiner morgendlichen Runde ab. Auch nicht, dass wir sie nicht laufen können.

In meinem Badezimmer entkleide ich mich vorsichtig meiner Jogginghose, bevor ich die Schulterschlinge löse und mir mein Shirt mit einer Hand über den Kopf ziehe. Heute Nachmittag muss ich wieder ins Krankenhaus, um alles weitere besprechen zu können. Wann ich wieder Sport machen darf und ob es realistisch ist, dass ich in der nächsten Saison wieder auf dem Eis stehe.

Ich weiß nicht, was ich machen soll, wenn ich keine Erlaubnis bekomme, bald wieder auf dem Eis zu stehen. Hockey bestimmt mein Leben. Ohne den Sport wüsste ich nichts mit mir anzufangen.

In der Dusche stelle ich das Wasser auf eine angenehme Temperatur und bin froh, den Schweiß der letzten Tage von mir waschen zu können. Mich mit einer Hand zu waschen ist alles andere als einfach, aber daran muss ich mich in den nächsten Wochen gewöhnen. Ich habe niemanden, der mir hierbei helfen kann und das ist okay so. Spencer würde mir dabei zu viel haaren.

Heute erfahre ich, wann ich das erste Mal Physiotherapie bekommen werde. Somit kann ich meinen Urlaub knicken, den ich das letzte Jahr geplant habe. Ich wollte in die Berge und dort mit Spencer meine Zeit verbringen. Niemanden um uns herum haben, den wir kennen. Dort hätte ich leben können, ohne dumm angemacht zu werden.

Nachdem ich mich gewaschen habe, steige ich aus der Dusche und trockne mich mit dem Handtuch ab. Meine linke Schulter tupfe ich nur vorsichtig ab und gehe in mein Schlafzimmer zurück, wo ich in meinem Kleiderschrank nach einer Boxershorts und einer Jogginghose suche. Mein Rücken muss an der Luft trocknen, weshalb ich mein Shirt nur auf mein Bett lege und die Bettdecke so gut wie möglich ausschüttle.

Erst dann trete ich aus meinem Schlafzimmer ins Wohnzimmer, wo Spencer schwanzwedelnd auf mich zugelaufen kommt und mir seinen Bauch präsentiert. Grinsend knie ich mich zu ihm runter und verwöhne ihn ein wenig. So beginnt unser Tag jeden Morgen. Er wird gekrault, bevor wir uns fertig machen und rausgehen.

»Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?« Seine Rute wackelt freudig auf dem Boden hin und her, was mich lächeln lässt. Er hat gut geschlafen. In seinem Körbchen liegt sein Kuscheltier Dino, welchen er zu seiner Geburt vor fünf Jahren bekommen hat. Seitdem kommt Dino immer mit, wenn Spencer nicht zu Hause schläft.

»Wie spät ist es?« Plötzlich regt sich etwas auf der Couch, was mich zusammenzucken lässt. Ich habe vergessen, dass Louis die Nacht auf meiner Couch geschlafen hat. Ich habe ihm mitten in der Nacht die zweite Decke aus meinem Bett gegeben, damit er vernünftig auf der Couch schlafen kann.

»Sieben Uhr«, entgegne ich nach einem Moment und erhebe mich wieder. Spencer folgt mir und geht wieder zu seinem Körbchen. Wahrscheinlich hat er in den letzten Tagen verstanden, dass wir nicht mehr direkt raus gehen, nachdem ich aufgestanden bin.

»Wieso bist du so früh schon wach? Leg dich wieder hin, Harry. Schlaf bis neun und dann mache ich dir Frühstück.« Er dreht sich auf der Sitzfläche um, wobei die Bettdecke etwas verrutscht und seinen nackten Oberkörper preisgibt. Heute Nacht hat er noch ein Shirt getragen, was jetzt am anderen Ende der Couch liegt.

»Ich frühstücke nicht so spät. Ich gehe gleich mit Spencer Gassi.« Louis brummt auf der Couch nur und zieht sich die Decke über den Kopf, was mich den Kopf schütteln lässt. Trotzdem sage ich nichts mehr und gehe in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Spencer bekommt sein Futter und frisches Wasser, worauf er für einen Moment beschäftigt ist.

Für mein Frühstück habe ich noch Eier und Speck im Schrank. Dazu noch Haferflocken und Joghurt, den ich ein wenig mit Früchten verfeinere. Wenn alles erst ein wenig gezogen ist, sättigen die Haferflocken noch mehr und bis nachher sollte mein Hunger gestillt sein.

Das Rührei schaffe ich mit einer Hand, jedoch schaffe ich es nicht, mein Obst zu schneiden.

Fluchend nehme ich den Apfel erneut in die Hand, der mir unter dem Messer weggesprungen ist und versuche es erneut. Die Banane konnte ich mit wenig Schwierigkeiten schneiden, die Trauben ebenfalls, aber mit dem Apfel klappt es einfach nicht.

»Kann ich dir helfen? Du fluchst seit einer Viertelstunde durchgehend.« Plötzlich steht Louis neben mir und fährt sich durch die wirren Haare. Unter seinen Augen sind Augenringe zu sehen, was mich schuldig den Blick senken lässt. Hat er auf meiner Couch so schlecht geschlafen?

Sein Shirt hat er auf der Couch gelassen, weshalb wir beide oberkörperfrei in meiner Küche stehen. Hiervon habe selbst ich nicht geträumt.

»Ich kriege den Apfel nicht geschnitten«, murmle ich und reiche Louis das Messer, als er seine Hand aufhält.
»Du hast heute einen Termin im Krankenhaus, richtig?« Ich brumme zustimmend und drehe mich zum Herd, um das Rührei zu machen. Da Louis sicherlich auch Hunger hat, hole ich uns zwei Teller raus und schaue unauffällig zu Louis, der sich ein Stück Apfel klaut und es sich in den Mund steckt.

Es ist komisch, ihn in meiner Küche stehen zu haben. Damals haben wir uns nur beim Training gesehen, jetzt hat er die Nacht bei mir gebracht. Das hat noch nie jemand gemacht. Ich habe es vor Louis noch nie jemandem erlaubt, bei mir zu schlafen. Dazu kommt das komische Gefühl in meiner Brust, welches ich nicht benennen kann. Hat es was mit meinem Sturz auf dem Eis zu tun? Vielleicht bin ich doch schwerer verletzt als gedacht. Sollte ich es heute im Krankenhaus ansprechen? Aber dieses Gefühl ist nicht immer da. Das erste Mal hatte ich es im Krankenhaus, nachdem ich das erste Mal aufgewacht bin. Und das letzte Mal? Jetzt. Im diesem Moment drückt sich etwas gegen meinen Brustkorb, was ich nicht zuordnen kann. Vielleicht werde ich krank?

»Fährt dich jemand oder soll ich dich fahren? Ich kann dort auf dich warten, wenn du möchtest. Oder mit reinkommen. Ich werde in den nächsten Wochen mit dir trainieren, um deine Schulter wieder fit zu kriegen. Eigentlich wollte ich die Termine mit dir in der Arena machen, aber wenn es in Ordnung für dich ist, können wir uns auch bei mir oder hier bei dir treffen. Da, wo es für dich am angenehmsten ist.« Louis wird mein Physiotherapeut sein? Ist er nicht unser Teamarzt?

»Mich fährt niemand.« Auf den letzten Teil gehe ich nicht ein und verteile das Rührei auf den Tellern. Louis reiche ich einen und gehe mit meinem zu meinem typischen Platz, wo ich direkt anfange zu essen.

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Heute mal etwas kürzer... bald wird es richtig spannend :))

Since we're aloneWhere stories live. Discover now