Wir waren also beide gleich ahnungslos.

Die Minuten vergingen, bis sich eine Person in dunkelblauen Kasack und Arztkittel auf uns zu bewegte.

Das konnte nur Damien sein. Kein anderer Arzt hatte einen Grund zu uns zu kommen.

»Hallo ihr beiden. Wie war eure Woche?«, erkundigte er sich und schaute uns abwechselnd an.

»Unspektakulär. Schule halt«, brachte Akira es auf den Punkt.

Wobei bei mir das Thema mit Marius ein wenig an meinen Nerven genagt hat.

»Wie läuft’s mit deiner Hausaufgabe?«, wollte er von Akira wissen.
»Geht so. Eine geeignete Kampfsportschule habe ich gefunden. Es hapert nur noch an der Zustimmung von Mom. Dad würde mich ohne Frage lassen, aber aufgrund der Zwischenfälle in den letzten Wochen und meiner noch bestehenden Schonzeit wegen der Gehirnerschütterung, die meiner Meinung nach ziemlich gezogen wird, hält sich Mom mit ihrer Zustimmung zurück«, berichtete Akira.

»Der Vorfall ist ja fast zwei Wochen her. So langsam sollte die Schonfrist durch sein. Du gehst ja auch bereits wieder zur Schule«, gab Damien seine Meinung ab.
»Eben!«

»Wenn sich nächste Woche in dieser Hinsicht nichts tut und du mir Freitag dasselbe berichtest, dann werde ich sie mir mal vornehmen«
Akira nickt und Damien schaute zu mir.

»Und bei dir? Hast du dir viel den Kopf über meinen Plan zerbrochen?«, fragte er mich. »Geht. Ich hab darüber nachgedacht, aber in Panik verfallen bin ich nicht«. Damien lächelt leicht. »Das freut mich, dass du dir nicht den Kopf zerbrochen hast darüber. Was hältst du davon, wenn wir heute mit Phase eins starten?«, schlug er vor und behielt mich genau im Blick.

Vor Schreck versteifte mein Körper sich durch die enorme Anspannung meiner Muskeln und mein Herz begann spürbar gegen meine Rippen zu hämmern.

Er wollte schon damit anfangen? Ist denn schon die Zeit dazu?

»Jetzt ist Akira noch an deiner Seite. Ich empfand das als eine gute Stütze für den Anfang«.

Er hatte recht. Beim nächsten Termin mit ihm war ich alleine.

Unschlüssig biss ich mir auf die Unterlippe und blickte zu meiner Zwillingsschwester rüber. Unsere Blicke trafen sich.

Meine Hände griffen fester um die Sitzfläche der Bank.

War ich schon so weit diesen Schritt zu versuchen?

»Woran denkst du gerade?«. Die Frage von Damien holte mich wieder etwas aus der Spirale der Angst und ich schaute zu ihm.

»I-ich. Ich weiß nicht … ob ich so weit bin …«, sprach ich das aus, was in mir Zweifel säte.

»Das mag jetzt gerade sehr erdrückend wirken mit den ganzen Gedanken im Kopf und den Paniksymptomen, aber glaub mir, wenn ich dir sage, dass sich das legen wird. Dein Kopf ist gerade der Meinung, dass er verhindern muss, dass du dich in Gefahr begibst, dabei tust du das nicht. Das ist es, was dein Kopf lernen muss«, erklärte Damien, was schlüssig klang.

»Kommt. Wir gehen dorthin. Ob du dich bereits heute reintraust oder nicht, das überlasse ich dir.«

Unsicher stand ich auf. Akira tat es mir gleich und griff nach meiner eiskalten rechten Hand.

»Ich bin bei dir«, flüsterte sie mir zu und drückte meine Hand. Leicht nickte ich und wir folgten Damien in Richtung Rettungswache.

Mit jedem Meter, den wir uns diesem Gebäude näherten, baute sich die Angst in mir auf und drohte wie Magma aus einem Vulkan explosionsartig herauskommen.

»Warum ist das jetzt ein Problem? Dienstag stand ich bereits davor und es war kein Problem. Was ist der Unterschied? Dass ich weiß, dass ich mich überwinden soll da reinzugehen? Ist es das, was die Angst triggert?«

Ehe ich mich versah, standen wir vor der Rettungswache.

Mein Innenleben zog sich unangenehm zusammen und es raubte mir den Atem.

»Er will das du da rein gehst. Da drinnen sind einige Leute mit medizinischem Hintergrund!«

»Stopp! Die haben keinen Grund mir was zu tun!«

»Hatten die Ärzte damals einen Grund dich festzuhalten, damit du dich nicht mehr wehren kannst? Nein! Und trotzdem haben sie es getan!«

Nein! Stopp!

Ich schüttelte den Kopf. Versuchte die erdrückende Gedanken von mir abzuschütteln.

»Luke. Ganz ruhig atmen. Du hyperventilierst gleich wieder«. Damiens stimme.

Atmen. Ja.

Mühevoll riss ich die Kontrolle über meine Atmung wieder an mich und begann ruhig ein und auszuatmen. So wie Damien es mir gezeigt hatte.

Zusammen mit Damiens ruhiger Ausstrahlung, die ich wieder zu spüren bekam, als er sich neben Akira vor mich stellte, wurde die Panik weniger und ich hatte nicht mehr das Gefühl jeden Moment zu sterben.

Erschöpft lehnte ich mich an Akira, die nicht erwartet hatte, dass ich mein Gewicht gegen sie lehnte und stolperte einen Schritt zurück.

Damien stellte sich hinter sie und verhinderte, dass wir ungewollt den Boden näher begutachteten.

Die Augen hatte ich geschlossen.

»Du hast das gut gemacht. Mach dir nichts draus, dass du in Panik verfallen bist. Das war der erste Versuch. Vielleicht läuft es beim nächsten Mal besser«, lobte Damien mich.

War es wirklich nicht schlimm, dass ich in Panik verfallen war? Es fühlte sich danach an, als wäre es falsch …

WKM - Angst vor ihnen Where stories live. Discover now