So endet der Tag.

Der nächste startete, wie für einen Schultag üblich, mit dem Klingeln des Weckers.

An diesem Mittwoch stand wieder ein normaler langer Schultag auf dem Plan.

Marius wartete in der ersten Pause bereits bei unserem Stammplatz unter dem Baum auf uns andere.

»Hattest du Sport?«, fragte ich ihn und setzte mich neben ihn, mit dem Rücken an den Stamm.

»Nein. Ich bin gerade erst gekommen. Hatte einen Arzttermin«. Er biss in sein Brot.

»Wegen der Sache mit deinem Herz?«

Nickend stimmte er mir zu und schluckte das Essen runter.

»Meine Medikamente wurden angepasst, in der Hoffnung dadurch die Herzrhythmusstörungen in den Griff zu bekommen«, erzählte er.

»Und wenn das nicht klappt?« ich schaute ihn an.

»Bekomme ich wohl bald einen Herzschrittmacher …« Geknickt schaut er auf die Wiese.

Er tat mir leid.

»Das klingt nicht schön …«, sagte ich leise und senkte ebenfalls meinen Blick.

Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm. Ich stellte mir das anstrengend vor mit einer Erkrankung am Herzen zu leben. Ständige Arztbesuche und die Angst, dass dein Zustand sich verschlechtern könnte.

Hoffentlich half ihm die Neueinstellung seiner Medikamente, sodass er den Herzschrittmacher nicht brauchte …

»Ich bin für dich da. Zwar kann ich dich nicht zu deinen Terminen begleiten, aber wenn dich was bedrückt, kannst du mit mir darüber reden. Ist sicher nicht einfach mit so einer Last zu leben.«, machte ich ihm das Angebot.

Er nickte leicht.

»I-Ich hab Angst ... Wieso muss mein Herz faxen machen? W-wieso kann ich nicht einfach gesund sein?«. Seine Stimme zitterte.

Meine Nase begann zu kribbeln. Viel fehlte nicht mehr, bis auch das Hochwasser in meinen Augen sich bemerkbar machte.

»Was ist los?«, kam es von der Seite und ich schaute zu der Quelle der Stimme. Akira schaute fragend zu uns rüber.

Lautlos formte ich ein »Später« mit meinen Lippen. Ihr nicken bestätigte mir, dass sie es verstanden hatte.

Tief atmete ich durch und bekam den Ansturm meiner Tränen wieder in den Griff. Ich wollte nicht weinen. Nicht, wenn es Marius schlecht ging.

Er war gerade mal elf und musste sich bereits um seine Gesundheit sorgen.

Ich legte ihm einen Arm um die Schultern. War einfach für ihn da. Als Freund.

Leider war die Pause viel zu schnell vorbei und ich zog meinen Arm wieder zurück.

Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

»Was hast du jetzt?«, versuchte ich ihn auf andere Gedanken zu bringen.
»Geschichte«, murmelte er.

»Also nichts Spannendes. Wir sehen uns später wieder. Okay?«. Er nickte auf meine Worte und wir standen auf.

Ich lächelte ihn nochmal zu, dann gingen wir rein und zu unseren jeweiligen Klassenräumen.

»Was war?«, hakte Akira auf dem Weg nach.
Seufzend ließ ich Luft aus meiner Lunge entweichen und schaute Richtung Boden.
»Ihm geht’s nicht gut. Seine Erkrankung macht ihm zu schaffen, wodurch er Angst hat.«

»Mach dir nicht zu viele Sorgen. Du bist für ihn da und hörst ihm zu. Mehr kannst du nicht tun, aber zuhören reicht manchmal schon«, munterte sie mich etwas auf.

Sie hatte recht. Viel mehr als zuhören könnte ich für Marius nicht tun. Allerdings weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es manchmal auch reicht, wenn man jemanden hat, der einem zuhört.

Auf ihre Aussage nickte ich und wir erreichten den Computerraum, in dem wir Informatik hatten.

Ungefähr fünf Minuten nach dem Klingeln kam der Lehrer und ließ uns rein.

Die Schüler verteilten sich an die PCs, wonach der Lehrer begrüßt wurde.

In diesen eineinhalb Stunden beschäftigten wir uns, wie die Stunden zuvor, mit dem Programm Excel. Das Tabellenprogramm, womit man verschiedenste Berechnungen kann und sogar Diagramme erstellen kann.

Unsere Aufgabe war es zu einer Textaufgabe eine Tabelle zur Berechnung zu erstellen.

»Wenn es solche Programme gibt, wieso machen manche Mathelehrer so einen Wirbel darum, dass wir auch ein wenig schwierigere Sachen von Hand lösen können? Später im Alltag benutzen die Meisten für schwierige Berechnungen eh Hilfsmittel!«

Manche Dinge muss man einfach nicht verstehen.

Die zwei Schulstunden vergingen und es klingelte zur zweiten 15 Minuten Pause.

»Ob es Marius besser geht?«, fragte ich mich und wir vier begaben uns wieder zu unserem Baum. Noch war Marius nicht zu sehen. Er kam sicherlich noch nach.

WKM - Angst vor ihnen Where stories live. Discover now