- Kapitel 29 -

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»Ich zeige dir die Wache, wo Papa arbeitet!«

Mir wurde heiß und kalt zugleich.

»Meint er das ernst? Bitte nicht …«, ging es mir durch den Kopf.

»Mit ein paar von Papas Kollegen verstehe ich mich super gut. Die muss ich dir auch unbedingt vorstellen!«

Ja. Es schien sein absoluter ernst zu sein.

»Eins nach dem anderen Marius. Überfall ihn doch nicht gleich mit der Wache«, mischte sich sein Vater ein, was mich etwas erleichterte.

Andererseits … woher wusste er, dass mich dieses Thema stresst?
Hat Jules was verraten?

Nachfragen wollte ich nicht.
Das traute ich mich nicht.

Die Fahrt dauerte zum Glück nicht lange, weshalb das Thema nicht weiter ausgeholt werden musste.
Ungefähr nach fünf Minuten parkte Chris das Auto vor meinem Zuhause.

»Danke fürs Fahren«, bedankte ich mich.

»Bis morgen«, verabschiedete sich Marius, woraufhin ich ausstieg, meinen Schulranzen schulterte und zur Haustür ging. Aus der vordersten Tasche meines Schulranzens holte ich den Schlüssel und schloss auf. Bevor ich reinging, winkte ich noch einmal Chris und Marius zu. Die beiden winkten zurück und machten sich auf den Rückweg.

Drinnen schloss ich dir Tür hinter mir und rief »Bin wieder da!«.

Aus der Küche kam Dads Stimme: »Hast du schon gegessen?«
»Nein«
Essen wollte ich nicht unbedingt etwas.

»Dann komm essen«, kam es wieder aus der Küche.

Nachdem ich meine Schuhe ausgezogen und an ihren Platz gestellt hatte, ging ich in die Küche.

Schnell fiel mir der leere Platz von Akira auf.

»Wo ist Akira?«, wollte ich wissen und setzte mich auf meinen Platz. Mom aß stillschweigend.

Irgendwas stimmte hier nicht.

»Sie ist noch unterwegs«, war Dads Erklärung auf Akiras Abwesenheit.

»Unterwegs? Hat sie sich auch mit wem getroffen, nach der Schule? Mit Viola vielleicht? Hätte sie mir das nicht gesagt oder zumindest geschrieben?«

Grübelnd nahm ich mir eine Scheibe Brot und belegte sie mir mit Salami. Für mehr reichte mein Appetit nicht aus.

»Hast du deine Hausaufgaben für morgen fertig?«, wollte Dad wissen. Da ich den Mund voll hatte, nickte ich.
»Gut. Und wie war dein Treffen?«
Ich schluckte, bevor ich anfing zu reden: »War cool. Wir haben Karten gespielt, obwohl ich verloren habe, hat es trotzdem Spaß gemacht. Die meiste Zeit aber haben wir damit verbracht, dass Marius mir ein paar der Superhelden Comics gezeigt hat. Da haben wir uns ein bisschen drin verloren«
Das musste schmunzeln. Auch Mom hörte zu.
»Freut mich, dass ihr Spaß hattet«, meinte Dad schmunzelnd. Ich nickte und aß die Scheibe Brot auf.

Moms in Falten gelegter Stirn nach, war sie nicht zufrieden mit der Menge meines Abendessens.

Die sich öffnende Haustür lenkte sie jedoch ab.

»Akira?«, rief sie in Richtung Flur.
»Nein!«, kam es zurück, worauf stapfende Schritte die Treppen nach oben zu hören waren.
Mom seufzte, stand auf und begann den Tisch abzuräumen.

Ab dem Moment war mir klar, dass hier wirklich etwas nicht stimmte.
Akira hatte schlechte Laune und Mom hielt sich ebenfalls zurück.

Was war passiert?

»Ich … bin oben«, sagte ich, verschwand in den Flur, schnappte meinen Schulranzen und ging die Treppe nach oben.

Als ich an Akiras Zimmertür vorbeikam, konnte ich hören, wie sie immer und immer wieder auf ihren Boxsack einschlug.
Ich blieb stehen und lauschte einen Moment.

»Sollte ich klopfen und fragen, ob sie mich braucht oder es lieber sein lassen?«

Ich beschloss, sie in Ruhe zu lassen. Schließlich möchte ich in Situationen, in denen ich mich wirklich mies fühle, auch Zeit für mich.

Leise ging ich in mein Zimmer und stellte den Rucksack an den Schreibtisch.

»Haben Mom und Akira wieder gestritten? Wenn ja, worum ging es dieses Mal?«

Aus meinem Schrank holte ich mir ein frisches T-Shirt und eine frische Boxershorts. Damit ging ich ins Bad, um zu duschen. Versuchte mit einzureden, dass die allgemeine Stimmung im Haus sich spätestens morgen wieder gebessert hatte.

Geduscht und angezogen ging ich wieder in mein Zimmer und ließ mich auf meinem Bett nieder. Mein Blick ging zu dem digitalen Wecker auf meinen Nachttisch.

Er zeigte mir in roten großen Ziffern 19:43 Uhr an. In kleiner stand darunter das Datum. 29.8.2023 Dienstag.

Ende August war es bereits.
Über einen Monat lebten wir mittlerweile hier und es war viel passiert.

Ich griff nach meinem Handy und meinen Kopfhörern.

Die Kopfhörer setzte ich mir auf und auf meinem Handy öffnete ich YouTube.
Das war das einzige, wozu ich noch in der Lage war. Der Tag hatte mich viel Energie gekostet, aber zum Schlafen war es noch zu früh.

Keine Ahnung wie lange ich noch durchgehalten hatte, bis mein Körper mich dazu zwang einzuschlafen und sich die Erholung holte, die er benötigte.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt