Kapitel 14

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„Emma, was willst du mit dem Barhocker?", frage ich sie, nachdem ich die Tür geöffnet habe.
Sie sieht aus wie ein Packesel. Auf dem Rücken hat sie ihren großen Fotorucksack, eine mittelgroße Umhängetasche baumelt an ihrer Hüfte und unter dem Arm trägt sie einen Barhocker, der aus ihrer Küche stammt und den sie jetzt neben sich stellt.
„Ich hatte vorhin eine Idee fürs Foto und dafür brauche ich den hier." Sie deutet auf den Hocker.
„Sagst du mir auch, was für eine Idee das ist?"
„Lass mich erst mal rein." Sie hebt ihr Mitbringsel hoch und ich fahre zur Seite, damit sie eintreten kann.
„Ich stelle ihn schon mal ins Arbeitszimmer", sagt sie und läuft mit dem Barhocker in den besagten Raum.
Ich schließe die Tür und drehe mich um. Emma steht schon wieder im Flur und nimmt die Tasche und den Rucksack ab, um den beigen Wintermantel ausziehen zu können. Diesen hängt sie dann zusammen mit dem braun-karierten Schal an die Garderobe.
„Bist du mit dem ganzen Zeug Bahn gefahren?"
„Ja."
„Warum hast du mich nicht angerufen? Ich hätte dich doch abgeholt." Sie tadelnd ansehend fahre ich voraus ins Wohnzimmer.
Emma macht nur eine wegwerfende Handbewegung und folgt mir.
„Ich bin doch gut hier angekommen und so schlimm war es nicht. Jetzt verstehe ich, warum dich die Blicke stören. Viele haben mich angesehen, als wäre ich ein Alien."
„Die Blicke haben sie dir zugeworfen, weil du mit einem Barhocker Bahn gefahren bist und nicht, weil du im Rollstuhl sitzt oder allein unterwegs bist", meine ich kopfschüttelnd, lächele jedoch.
„Du machst dir solche Umstände nur, um mir zu helfen, da hätte ich dich auch abgeholt." Ich gucke sie schuldbewusst an, da mir nicht wohl bei dem Gedanken ist, dass sie nur wegen eines guten Fotos für mich mit dem Hocker und den Taschen mit der Bahn gefahren war und dann noch bei der Kälte einen Fußweg zu meinem Haus von bestimmt zehn Minuten gehabt hatte.
„Vicky, du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich tue das gern und bin froh, dich als mein Model zu haben, mit dem ich viel ausprobieren kann."
Emma ist Grafikdesignerin bei einer kleinen PR-Agentur und Hobby Fotografin. Alle Autorenfotos für meine Bücher hat sie gemacht und dafür habe ich sie in der Danksagung im dritten Band erwähnt, obwohl ich das so oder so getan hätte, da sie mir, seit wir uns kennen, immer zur Seite steht.
„Warum hast du den Barhocker mitgebracht und was ist in der Tasche?"
„Ich war ein wenig in den Fan-Foren unterwegs. Weißt du, was dort über dich geschrieben wird? Manche vermuten, dass I. V. Doe keine Frau, sondern ein Kerl ist. Schau jetzt nicht so schockiert."
„Ich sehe doch nicht wie ein Mann aus?"
„Nein, natürlich nicht. Die Leute versuchen halt eine Erklärung dafür zu finden, warum du so ein großes Geheimnis um dein Aussehen und deine Identität machst. Weil du immer sehr stark geschminkt bist und ich dich bis jetzt nur bis zu den Schultern abgelichtet habe, denken sie, du könntest ein Typ sein. Damit niemand mehr daran zweifelt, dass I. V. Doe eine Frau ist, machen wir heute eine ganz Körperaufnahme. Du ziehst dir ein Kleid und Pumps an. Da du weder High Heels noch knielange Kleider besitzt, habe ich ein paar mitgebracht. Du setzt dich so auf den Barhocker, dass man deine weiblichen Vorzüge gut sehen kann, und fertig ist das Foto, das allen zeigt, I. V. Doe ist eine Frau."
„Ich zieh kein Kleid an, wegen der Narben. Selbstverständlich könntest du die mit Fotoshop wegmachen, aber das möchte ich nicht. Ich denke, meine Fans würden es mir übel nehmen, wenn sie das irgendwann herausfinden und das werden sie spätestens dann, wenn ich mich zu erkennen gebe."
Emma sieht mich überrascht an. „Ich dachte, du willst diese Maskerade für immer aufrechterhalten."
„Ich bin realistisch, denn ich werde mich nicht ewig verstecken können. Du hattest in dem Club in dem wir nach der Premiere waren, recht damit, irgendwann werde ich mich der Öffentlichkeit offenbaren müssen."
„Hängt deine Meinungsänderung mit einem gewissen Musiker und Schauspieler zusammen?"
Sie ist immer noch davon überzeugt, dass ich mich in Alex verguckt habe und er auch ein Auge auf mich geworfen hat.
„Nein, das hat nichts mit ihm zu tun. Ich habe einen neuen Verlagsleiter und der will mich unter anderem auf Lesereise schicken."
Meine beste Freundin nickt nur und wechselt das Thema. „Wenn du eine schwarze blickdichte Strumpfhose anziehst, dann würde man die Naben nicht sehen. Oder du ziehst ein Oberteil mit einem weiten Ausschnitt und eine enge Hose an. Ich möchte deine weiblichen Vorzüge gut zu Geltung bringen."
„Ich habe keine schwarze Strumpfhose", sage ich ein wenig beschämt. Normalerweise hat jede Frau mindestens eine blickdichte Strumpfhose irgendwo im Kleiderschrank herumfliegen. Doch da ich Kleider nur zu besonderen Anlässen trage und dann ausschließlich lange, besitze ich nur durchsichtige Nylonstrumpfhosen.
„Vielleicht änderst du deine Meinung, wenn du siehst, was für Kleider ich mitgebracht habe." Emma öffnet die Tasche und holt zwei Kleider raus. Das Erste ist schlicht schwarz und für meinen Geschmack viel zu kurz, deshalb schüttele ich nur den Kopf. Das Zweite ist golden, mit Pailletten bestickt, hat Spaghettiträger und einen sehr weiten Ausschnitt.
„Da ich keine blickdichte Strumpfhose habe, fällt das mit den Kleidern sowieso weg. Wo hast du die eigentlich her?"
„Ich kann eine schwarze Strumpfhose kaufen gehen. Meine Schwester ist doch umgezogen und hat ein paar Kisten bei mir untergestellt."
Hätte sie gesagt, die Kleider gehören mir, wäre ich geschockt gewesen. Emma trägt zwar ausgefallene Kleidung, aber in so freizügigen Outfits hatte ich sie noch nie gesehen.
„Nein, du gehst keine blickdichte Strumpfhose kaufen, denn ich ziehe kein Kleid an, da ich mich damit vor der Kamera nicht wohlfühle. Wie wäre es, wenn ich ein rotes Oberteil mit Wasserfallkragen und eine enge schwarze Hose anziehe?"
„Das hört sich gut an. Kann man in deine Perücken auch Locken rein machen, ohne das sie kaputt gehen?"
„Nicht in jede. Bei der schwarzen und blonden Langhaarperücke geht das."
„Super. Dann nimm die Schwarze und geh und verwandel dich in I. V. Doe und ich stelle in der Zwischenzeit alles im Arbeitszimmer zurecht. Nimm bitte die hellblauen Kontaktlinsen und mach dir Smokey Eyes." Emma ist jetzt ganz in ihrem Element, daher nicke ich nur. Sie hat ein gutes Auge dafür, was auf Fotos gut aussieht.
Mein Handy piept. Ich fahre in die Küche, mache den Ofen aus, hole den Käsekuchen heraus und stelle eine Lasagne hinein.
„Bekommst du noch Besuch?"
„Ja, mein Bruder und Anne kommen vorbei. Bleibst du zum Essen?"
„Ja gern. Wann kommen sie denn?"
„Um 18.00 Uhr."
Nachdem ich den Timer auf 45 Minuten gestellt habe, denn dann muss ich den Ofen wieder an machen, damit die Lasagne rechtzeitig fertig wird, fahre ich ins Schlafzimmer und Emma verschwindet im Arbeitszimmer.
Ich ziehe mich um, schminke mich, setze mir die Perücke auf, greife zum Lockenstab und mache damit große Locken in die Perücke. Mir blicken hellblaue Augen aus dem Spiegel entgegen. Dass das Kontaktlinsen sind, sieht man sofort, da niemand von Natur aus eine solche Augenfarbe besitzt.
Während ich mich fertig gemacht habe, hat Emma im Arbeitszimmer das Fenster zugezogen, den Barhocker vor der weißen Wand platziert und eine Stehlampe vielleicht zwei Meter davor hingestellt. Das Licht der Lampe ist genau auf den Hocker gerichtet.
„Geht das so?", frage ich sie, als ich ins Zimmer fahre.
„Du siehst toll aus. So habe ich mir das vorgestellt. Setzt dich bitte auf den Barhocker."
Ich nehme die High Heels, die Emma in die Ecke gestellt hat, in die Hand, stehe aus dem Rollstuhl auf und gehe zum Barhocker. Wie soll ich bloß da rauf kommen? Indem ich mich mit der rechten Hand an der Wand abstütze, schaffe ich es irgendwie ohne Hilfe auf das Requisit. Als ich endlich sitze, ziehe ich meine Turnschuhe aus und die Pumps an.
„Sitzt die Perücke noch?"
„Ja, alles sitzt. Dreh dich ein wenig nach rechts, schlag die Beine übereinander und schau lächelnd zu mir", gibt mir Emma, die hinter der Kamera steht, Anweisungen.
Sie hat das Deckenlicht ausgemacht und die Tür geschlossen, während ich mich auf den Hocker gekämpft habe. Ich versuche, genau das zu tun, was sie sagt. Ehe ich mich in Position bringen kann, fängt sie schon an zu fotografieren.
„Vicky, leg die Hand, die zur Kamera zeigt auf deinen Oberschenkel und lass die andere Hand einfach herunter hängen. So wie du die Hände im Schoß gefaltet hältst, siehst du zu brav aus und das passt überhaupt nicht zum Outfit. Zeig mir die starke, toughe und mutige Frau, die in dir steckt." Meine beste Freundin hat ihren Beruf verfehlt. Statt Grafikdesignerin hätte sie Fotografin werden sollen, denn das Zeug dazu hat sie auf jeden Fall.
Ich tue genau das, was sie mir sagt, ohne mit ihr zu diskutieren, denn sie weiß, wie man gute Bilder aufnimmt.
„Wirf die Haare einmal zurück, vielleicht liegen die Locken dann besser."
Ich führe ihre Anweisungen aus und höre augenblicklich das Klicken der Kamera.
„So fertig", meint Emma und kommt zu mir, um mir die Aufnahmen zu zeigen.
„Stopp, das ist es", sage ich, als sie durch die Fotos klickt. Auf dem Bild, das ich gut finde, schaue ich direkt in die Kamera, eine Hand liegt auf dem Oberschenkel und die andere ist nur halb zu sehen, weil mein Oberkörper sie verdeckt. Das Licht kommt von der Seite und verleiht dem Foto einen geheimnisvollen Touch, da ein Teil von mir im Schatten liegt. Sie nickt zu Bestätigung und zeigt damit, dass sie meiner Meinung ist.
„Emma, gibst du mir bitte meine Schuhe?"
Ich habe die Turnschuhe vorhin einfach auf den Boden fallen lassen.
„Ich habe eine bessere Idee." Sie legt die Kamera weg und schiebt den Rollstuhl ganz dicht an mich heran.
Ich sehe sie zweifelnd an, woraufhin sie mir die Hände reicht. Mich an ihr festhaltend, steige ich vom Barhocker und setze mich in den Rollstuhl. Kaum sitze ich, fängt auch schon mein Handy an zu piepen.
„Ich mache eben den Ofen an, dann bin ich wieder da."
„Geh und werde wieder zu Vicky, bevor die beiden kommen. Ich brauche dich hier sowieso nicht mehr. Die Lampe und das Stativ kann ich auch selbst wegräumen."
Ich nicke nur und begebe mich in die Küche, wo ich den Ofen anstelle. Nachdem das getan ist, fahre ich direkt ins Schlafzimmer. Dort nehme ich die Perücke ab und lege die Kontaktlinsen in den dafür vorhergesehenen Behälter. Mit meinen Haaren, die noch immer streng hochgesteckt sind, begebe ich mich ins Bad und wasche mir die ganze Schminke ab. Wieder im Schlafzimmer ziehe ich mir etwas Gemütlicheres an und fahre in die Küche, in der Emma schon auf einem Stuhl sitzt.
Ich nehme vier Tomaten, eine halbe Gurke sowie etwas Blattsalat und wasche das alles.
„Schreibst du immer noch mit Alex?"
„Ja", antworte ich nur.
Ehe sie wieder mit Alex und mir anfangen kann, klingelt es an der Tür und so muss ich mir nicht anhören, wie gut wir zusammenpassen.
Bevor ich die Tür öffne, stelle ich den Rollstuhl ab und stehe auf. Ich will meinem Bruder zeigen, wie gut ich in zwischen laufen kann. Nachdem ich drei Jahre nach dem Unfall immer noch Taubheitsgefühle in den Beinen gehabt hatte, hätte niemand mehr daran geglaubt, dass ich je wieder laufen können würde. Doch ich gab nicht auf und trainierte viel. Mit 23 konnte ich dann endlich ein paar Minuten allein stehen und fühlte meine Beine wieder ganz, was nicht immer von Vorteil ist. Meine ersten Schritte machte ich sieben Jahre nach dem Unfall mit speziellen Beinschienen und einem Gehgestell. Doch ganz ohne Rollstuhl werde ich wohl nie auskommen, denn es sind einfach zu viele Sehnen, Muskeln, Nerven und Gelenke beschädigt worden.
„Hi Schwesterherz", begrüßt mich mein Bruder und nimmt mich kräftig in den Arm.
„Liam, erdrück sie nicht", sagt Anne.
„Sie hält viel aus", entgegnet dieser nur und lässt mich los.
Anne drückt mich auch kurz, aber um einiges vorsichtiger. Als sie ihre Jacken ausziehen, gehe ich zum Rollstuhl zurück.
Mein Bruder ist 1,82 m groß und hat dunkelblondes Haar genau wie ich. Anne ist ein Kopf größer als ich und hat mittelbraune lange Haare und grünbraune Augen. Sie ist schwanger und inzwischen sieht man ihr das auch an.
„Wie geht es euch?"
„Uns geht es gut und dem Baby auch." Anne streicht sich über den Bauch und folgt mir mit Liam in die Küche.
„Hey Emma", begrüßt mein Bruder sie.
„Emma isst heute mit", informiere ich die beiden und stelle den Ofen aus.
„Das riecht aber gut."
„Ich hoffe, es schmeckt auch gut", meine ich am Liam gewandt und schneide die Gurke und die Tomaten für den Salat in Scheiben.
Emma war so nett gewesen und hatte den Tisch schon gedeckt.
„Stellt das bitte einer von euch auf den Tisch?" Heiße Sachen oder zerbrechliche Gegenstände traue ich mich noch nicht zu tragen, da ich schnell stürze. Anne ist so nett und kommt meiner Bitte     nach, während ich den Salat zu Ende mache und mein Bruder ihn auf den Tisch stellt.
„Vicky, das schmeckt gut", lobt mich meine Schwägerin, woraufhin mir die Röte ins Gesicht schießt.
„Emma, was machst du eigentlich hier?", fragt Liam.
„Störe ich etwa?", kommt prompt die Gegenfrage.
„Nein, aber solltest du an einem Samstagabend nicht etwas Besseres zu tun haben, als mit uns zu Abend zu essen. Mit deinem Freund was unternehmen oder so."
„Ich habe keinen Freund und ich bin nur hier, weil ich vorhin von Vicky ein Foto für ihr neues Buch gemacht habe."
„Wann kommt es denn raus?"
„In einem Monat", antworte ich Anne.
Meine Schwägerin weiß, dass ich I. V. Doe bin. Bevor sie meinen Bruder heiratete, hatte ich es ihr gesagt. Zuerst wollte sie es mir nicht glauben, bis ich ihr mein neues Buch zeigte, welches man damals erst in zwei Wochen kaufen konnte. Ich erzählte ihr die ganze Story und Liam bestätigte meine Geschichte. Anne versprach es für sich zu behalten und hat es bis jetzt auch getan.
„Welches Rätsel hast du dir dieses Mal für deine Leser ausgedacht, damit sie versuchen können, deine Identität zu lüften?", fragt mich Emma neugierig. Ich gebe seit meinem zweiten Buch meinen Fans Rätsel auf. Wenn sie alle lösen, können sie herausfinden, wer sich hinter I. V. Doe verbirgt.
„Das Erste war, ich bin ein Kind der 90er und wohne in einem Land, deren Einwohner gern Tee trinken. Das Zweite lautete ..." Anne scheint zu überlegen.
„Ich trag den Herrschernamen einer Königin, die 64 Jahre regiert hat und nach der eine Ära benannt ist", sagt Emma und schiebt sich eine Gabel in den Mund.
„Das zweite Rätsel ist zu schwer. Ich wäre nie auf Königin Victoria von England gekommen, weil das I am Anfang deines Künstlernamens steht, und ich kenne keine Königin, deren Name mit einem I beginnt", gibt mein Bruder von sich.
„Ein paar sind darauf gekommen, denn in Foren wird Victoria erwähnt", meint Emma.
„Der dritte Hinweis wird sein: Meine Augenfarbe ist #5d6970."
„Was bedeutet das?"
„Schatz, wenn ich mich nicht täusche, ist das ein Hex-Farbcode."
„Du hast es erfasst, Großer", sage ich lächelnd.
„Deine Fans werden nie hinter deine Identität kommen."
„Das sollen sie ja auch nicht. Ach, ich muss euch etwas sagen. Ich ...", sage ich, um das Thema zu wechseln, Liam fällt mir jedoch ins Wort.
„Du und Emma seid ein Paar. Das habe ..."
Emmas Lachen, lässt in verstummen.
Ich sehe meinen Bruder schockiert, irritiert und fassungslos an. „Wie kommst du auf die Idee?"
„Ihr habt beide keinen Freund und du hast seit der Sache mit Felix kein Interesse mehr an Männern gezeigt. Außerdem fangen Coming-outs meistens so an." Meine beste Freundin lacht immer noch. Sie scheint das alles sehr witzig zu finden. Ich hatte heute erfahren, dass einige dachten, ich sei ein Mann und jetzt erfahre ich auch noch, dass mein Bruder denkt, ich sei lesbisch.
„Du guckst zu viele Serien und Filme, mein Lieber", erwidere ich schlicht.
„Liam, glaub mir, sie hat Interesse an Männern", meldet sich Emma zu Wort, die sich beruhigt hat.
„Oh, jetzt wird es spannend", kommt es von Anne.
„Wer ist es denn? Kennen wir ihn?"
„Ja, ihr und die halbe Welt kennt ihn", antwortet Emma meinem Bruder.
Anne und Liam sehen sie ziemlich verwirrt an.
„Es ist Alexander Black", sagt Emma, ehe ich etwas erwidern oder sie aufhalten kann.
„Der Alexander Black, der in Uni L.A. mitspielt?"
Emma nickt und beantwortet Annes Frage damit.
„Wie hat es meine Schwester geschafft, einen Promi kennenzulernen?"
„Ich war doch mit der Tratschtante hier", sage ich und deute auf meine beste Freundin, „auf der Premiere von Uni L.A. 3. Dort bin ich hingefallen und er hat mir aufgeholfen. Danach trafen wir ihn mit seinen Schauspielkollegen in einem Club. Dann verlor ich das Medaillon von Oma dort und er hat es halt gefunden und mir wiedergegeben. Wir sind nur Freunde." Ich lasse die Mühe, die er sich mit dem Post gemacht hatte, weg, um an meine Adresse zu kommen, damit sie nicht denken, er könnte etwas von mir wollen.
„Aus Freunden kann mehr werden." Meine Schwägerin zwinkert mir zu.
„Wir sind aber nur Freunde", sage ich und betone das nur.
„Ja, natürlich und weil das so ist, hat er dir einen Anhänger für dein Armband geschenkt und schreib dir seit fast drei Monaten", meint Emma und zeigt auf mein linkes Handgelenk, an dem ich das Armband mit dem Anhänger trage.
Kurz vor Weihnachten war ein Paket mit einem Geschenk von ihm bei mir angekommen. Dabei hatte eine Karte gelegen, in der stand: Victoria bei diesem Anhänger musste ich an dich denken. Cinderella hat ihren Schuh verloren und zurückbekommen und du hast dein Medaillon verloren und zurückerhalten. Sieh es als Entschuldigung für meinen dummen Spruch im Club und als Weihnachtsgeschenk an. Ich hatte zwei Tage gebraucht, bis ich eine Idee hatte, was ich ihm schenken konnte. In das Päckchen hatte ich eine Leder gebundenes Notizbuch gepackt.
„Der Anhänger sieht nicht nach nur Freundschaft aus. Es war bestimmt teuer."
„Liam, du weißt, ich habe gesagt, dass ich mich nie wieder verlieben werde. Außerdem ist er ein Star."
„Du bist auch berühmt, nur weißt das niemand", entgegnet er.
Er hat recht. In gewisser Weise war ich auch ein kleiner Star. Berühmt zu werden, war nie geplant gewesen. Ich wollte doch nur schreiben und dass das Ganze solche Ausmaße annehmen würde, hätte niemand geahnt.
„Vicky, Liebe ist etwas Tolles. Wäre es nicht schön, jemanden zu haben, der dich liebt und zu dir hält, egal, was passiert?" Anne greift nach der Hand meines Bruders. Die beiden sind immer noch so verliebt wie am ersten Tag, obwohl sie schon drei Jahre verheiratet sind und sich insgesamt schon sieben Jahre kennen.
„Natürlich wäre es schön, so eine Person zu haben, aber die muss man erst finden und ich habe den Richtigen noch nicht gefunden."
„Weil du niemanden an dich ran lässt.", wirft Emma ein.
„Nicht alle Männer sind so wie Felix", meint Liam.
„Aber die meisten. Ich möchte nicht wieder von jemandem belogen und betrogen werden."
„Du wolltest auch nie wieder eine beste Freundin haben und jetzt ist Emma deine beste Freundin", sagt er.
„Das ist etwas anderes."
„Nein ist es nicht", widerspricht mir Emma.
Die anderen beiden nicken bekräftigend. Die drei kennen die Geschichte mit Felix und Jessi. Ich glaube nicht daran, dass mich jemand lieben konnte. Ich würde immer ein Krüppel bleiben und welcher Mann wollte eine Freundin haben, die immer wieder auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Männer wollten vor ihren Freunden mit ihrer Freundin auch ein bisschen angeben können, aber mit mir konnte man das schlecht. Ich war nicht so naiv zu glauben, ein Mann würde mich nur wegen meiner selbst lieben.
„Was ich euch eigentlich sagen wollte, ist, dass ich mich bei einer größeren Zeitschrift beworben habe, da ich nicht mehr über Schnitte, Farben und Stoffe schreiben möchte. Letzte Woche hatte ich das Vorstellungsgespräch und vor drei Tagen habe ich eine Zusage bekommen. Ich werde in einem Monat dort in der Rubrik Trend Food anfangen und das Beste ist, ich kann weiterhin von zu Hause aus arbeiten", sage ich und wechsle so erneut das Thema.

Liebe auf wackligen BeinenWhere stories live. Discover now