Kapitel 6

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River: Alex, wer ist die Frau, die du wie eine Braut getragen hast?
Jamie: Hast du endlich eine Freundin?
Carter: Sie passt doch überhaupt nicht in sein Beuteschema.
River: Und du weißt ja ganz genau auf was er steht, oder wie? Vielleicht hat er genug von blonden Models.
Carter: Natürlich weiß ich als sein bester Freund über seine Vorlieben bei Frauen Bescheid.
River: Seid ihr etwa zusammen?
Carter: Alter, das ist nicht witzig.
Jamie: Ein wenig schon.
Carter: Auf wessen Seite stehst du?
Jamie: Auf meiner.
River: Da Mr. Black nicht antwortet, vergnügt er sich bestimmt gerade mit ihr.
Alex: Jungs, erstens kenne ich die Frau nicht. Zweitens habe ich weder eine Freundin noch bin ich in einer Beziehung mit Carter. Nichts für ungut Alter, aber du würdest mich in den Wahnsinn treiben. Und drittens hatte ich ein Fotoshooting und daher keine Zeit, mich mit euren blöden Fragen zu befassen.
River: Uns brauchst du nichts vorzumachen. Ihr wirkt sehr vertraut miteinander.
Alex: Ich kenne sie wirklich nicht.
Carter: Ich revidiere meine Aussage von vorhin. Er hat, wie es scheint, ein Auge auf sie geworfen. Soll ich mir schon mal einen neuen Smoking besorgen?
Er schickt ein Bild von Victoria und mir in unsere WhatsApp Gruppe. Auf dem Foto wirkt es so, als ob wir uns kennen. Dass ich sie an mich drückte und sie das Gesicht fast in meiner Brust vergrub, sieht man deutlich. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich feststelle, wie gut wir zusammen aussehen.
River: Auch wenn er die Nacht mit ihr verbracht hat, muss er sie nicht gleich heiraten. Er ist ja schließlich nicht Jamie.
Jamie: Hey, was soll das jetzt heißen?
River: Ich kenne nur dich, der mit der ersten Frau, mit der er im Bett war, vor den Altar getreten ist.
Jamie: Und was ist falsch daran, die Liebe seines Lebens sofort zu heiraten? Es ist nicht jeder so ein Schürzenjäger wie du.
Carter: Es geht gerade nicht um euch, sondern um Alex.
Jamie: Also woher und wie lange kennst du sie schon? Aber vor allem, wieso hast du uns nichts von ihr erzählt?
Alex: Ich habe sie nur davor gerettet, zerdrückt zu werden und kenne sie nicht.
River: Erzähl uns keinen Mist.
Alex: Leute, ich bin ihr nur zur Hilfe gekommen.
Jamie: Es ist egal, ob du sie kennst oder nicht. Optisch gibt ihr ein schönes Paar ab.
Carter: Da muss ich Jamie recht geben.
Das Handy in meiner Hand fängt an zu vibrieren und ich seufze gequält auf, als ich den Namen auf dem Display lese.
„Musste das auf der Premiere sein?", fragt mich Simon Wainwright, ohne mich zu begrüßen.
„Ja, denn sie hätte sich schwer verletzen können."
„Deine Aufgabe war gestern nicht gewesen, den Helden zu spielen, sondern nur zu lächeln, dich zusammen mit den anderen fotografieren zu lassen und freundlich ein paar Fragen der Reporter zu beantworten. Ich habe dir doch gesagt, du sollst dich im Hintergrund halten. Gerade als die Presse dich in Ruhe lässt, bringst du so etwas. Mein Telefon steht seit gestern Abend nicht still", sagt er am anderen Ende der Leitung und seufzt. Ich sehe ihn vor mir, wie er sich in seinem Bürostuhl zurücklehnt. Als Manager von mir und meinen Jungs hat er es oftmals wirklich nicht einfach. In den letzten drei Jahren bereite ich ihm wahrscheinlich am meisten Ärger.
„River, Carter und du, ihr seid für den Großteil meiner grauen Haare verantwortlich. Jamie ist der Einzige, dem ich noch nie den Hintern retten musste."
„Er kümmert sich ja auch um seine kranke Frau und um die Kinder. Da hat er keine Zeit, Scheiße zu bauen", werfe ich ein. Jamie ist unser Schlagzeuger und schon seit acht Jahren mit seiner Jugendliebe Melissa verheiratet. Kurz nach der Geburt ihres zweiten Kindes hatte man bei ihr Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert. Seit mittlerweile vier Jahren kämpft sie um ihr Leben und Jamie hilft ihr, wo er nur kann. Er hat die Leitung ihres kleinen italienischen Restaurants übernommen und kümmert sich hingebungsvoll um Sophie und Henry.
„Könnt ihr anderen euch nicht an ihm ein Beispiel nehmen und heiraten?"
Ich fange schallend an zu lachen, denn ich stelle mir vor, wie River mit Handschellen und weinend von einer Frau zum Altar gezerrt wird. Ein paar Leute, die sich in meiner Nähe befinden, sehen mich daraufhin komisch an. Zu Sicherheit ziehe ich mir die Käppi tiefer ins Gesicht, um bloß nicht erkannt zu werden. „Bevor River heiratet, friert die Hölle ein."
„Da hast du vermutlich recht", sagt Simon resigniert. Unser Bassist River ist ein Frauenheld. Früher hatte er fast jede Woche eine andere Frau im Bett gehabt, doch mittlerweile wechselt er seine Freundinnen nur noch quartalsweise, was wahrscheinlich damit zusammenhängt, dass er keine Zeit mehr hat, am Wochenende feiern zu gehen. Seit fünf Jahren arbeitet er als Manager für unser Plattenlabel und betreut junge Künstler.
„Aber bei Carter und dir bin ich guter Dinge."
„Sprich Carter bloß nicht auf dieses Thema an." Mein bester Freund Carter ist unser Keyboarder und schon seit über drei Jahren mit Penelope zusammen. Ich glaube, alle in seinem Freundes- und Bekanntenkreises warten schon darauf, dass er der hübschen Moderatorin, die es mit ihm aushält, einen Antrag macht und einige hatten ihn sicherlich darauf auch schon angesprochen. Denn als ich vor ein paar Wochen Anspielungen in diese Richtung machte, meinte er nur, nicht du auch noch.
Bei mir kann Simon guter Hoffnung sein, weil ich nicht der Typ Mann bin, der Angst davor hat, sich zu binden. Ich hätte absolut nichts gegen eine Frau an meiner Seite, doch sie muss mich lieben und nicht das Geld, den Ruhm oder nur mein Aussehen, da das alles vergänglich ist. Zu oft hatte ich gesehen, wie Frauen Musiker, Schauspieler und Models verließen, weil sie entweder nicht mehr so berühmt sind wie früher und damit auch das Vermögen schwand oder sie alt und hässlich geworden waren. Ich weiß selbst nicht so ganz, wonach ich suche oder ob ich es jemals finden würde.
„Wann fangt ihr wieder an, Songs aufzunehmen?"
„Irgendwann Ende des Monats" Zum Glück geht es Melissa wieder etwas besser, sodass Jamie sie mit den Kindern für acht Stunden oder so allein lassen kann. Doch es gestaltet sich als sehr schwierig, Tage zu finden, an denen wir alle vier Zeit haben, da wir nicht mehr nur Musiker sind. River muss seine Termine an die seiner Künstler anpassen und Carter und ich an die Drehpläne der Filme oder Serien.
Durch Carter bin ich zur Schauspielerei gekommen. Er bekam vor fünf Jahren, nachdem wir nach der Fertigstellung unseres dritten Albums zwei Monate Urlaub nahmen, weil wir alle ausgelaugt waren, eine Rolle in einer Serie, durch die er in der Fernsehbranche Fuß fasste. Wir hatten gerade unser viertes Album herausgebracht und waren dabei, unsere zweite Tour zu planen, als Jamies Frau ihre Diagnose bekam. Nach dieser Schreckensnachricht legten wir unser Vorhaben einer Welttournee erst mal auf Eis. River und er hatten sich ja schon ein zweites Standbein aufgebaut, doch ich nicht. Eines Abends rief Carter bei mir an und erzählte mir von einem Film, für den er vorhatte vorzusprechen. Er meinte, die Rolle von Peter, dem Bruder des Hauptprotagonisten, passte gut zu mir und wie cool es doch wäre, Brüder zu spielen. Anfangs wollte ich nicht zum Vorsprechen gehen, aber er bequatschte mich so lange, bis ich hinging. Man engagierte uns beide doch Carter bekam nicht die männliche Hauptrolle. Der Film schlug ein wie eine Bombe und über Nacht wurde ich zu einem weltweit gefeierten Schauspieler.
„Welches Statement soll ich wegen gestern herausgeben?" Ich höre im Hintergrund ein Telefon klingeln. Wenn wir nicht bald offiziell etwas dazu sagen, würde man mir entweder eine Affäre oder gar eine Beziehung mit Victoria andichten, die ich aus irgendeinem Grund verheimliche, oder meinen, das alles wäre nur eine PR-Masche gewesen. Beides würde meinem Image als Sonnyboy schaden.
„Gib so etwas heraus wie er hat nur einer ihm unbekannten Frau geholfen, die gestürzt war und die er zuvor noch nie gesehen hat. Stell mich als den auf dem Boden gebliebenen Star dar, der eingreift, wenn er jemanden in Not sieht."
„Nach den Bildern, die von dir mit ihr auf dem Arm im Umlauf sind, auf denen ihr sehr vertraut miteinander wirkt, wird man uns ohne eine Aussage der Frau nicht glauben, dass ihr euch nicht kanntet. Am besten wäre es, wenn sie und du euch bereit erklären würdet, ein paar Wochen vorzugeben, zusammen zu sein."
„Ich werde keine Beziehung faken." Wenn ich so etwas tat und es kam heraus, würde ich meine Glaubwürdigkeit verlieren. Meine Mutter sagt immer, Lügen kommen immer ans Licht und wie wahr das ist, habe ich schon oft genug beobachten können.
„Aber dann wäre das Gerücht vom Tisch, dass du schwul bist und auch das, dass du was mit Alice hattest oder hast."
„Simon, ein für alle Mal, ich werde nicht so tun, als sei ich mit irgendeiner Fremden zusammen, nur damit die Presse mich in Ruhe lässt", sage ich entscheidend.
„Ich werde mein Bestes tun, dich bloß als hilfsbereiten Samariter hinzustellen, aber das wird uns niemand abkaufen."
„Du hast es geschafft, mein kleines Problem zu vertuschen und von meinem Rückfall vor einem Jahr weiß außer den Jungs niemand etwas. Außerdem sind nur dank deiner guten Kontakte einige von Rivers Bettgeschichten nie an die Öffentlichkeit gelangt. Deshalb bin ich mir sicher, du wirst es irgendwie schaffen, mich glaubhaft als Helden darzustellen."
„Wenn ich gewusst hätte, dass euer Manager zu sein gleichbedeutend mit dem Job als Babysitter ist, hätte ich ihn nie angenommen."
„Du wusstest damals genau, auf was du dich einlässt." Aber wir waren jung und naiv und hatten keine Ahnung, was genau auf uns zukommt, füge ich in Gedanken hinzu. Es ist gar nicht so einfach, mit dem Ruhm und der Presse umzugehen. Als ich mit neun Jahren anfing, Gitarre zu spielen und mit 13 zusammen mit den Jungs eine Band gründete, hätte keiner gedacht, dass wir berühmt werden würden. Unsere ersten Auftritte hatten wir in kleinen Bars gehabt, wo wir Songs von berühmten Künstlern coverten. Das machten wir zweieinhalb Jahre, bis Carter und River uns ein Vorspielen bei einem jungen Plattenlabel besorgten, das auf der Suche nach neuen Talenten war. An dem besagten Tag hatte ich meine Zweifel gehabt, ob wir auf der Bühne etwas Vernünftiges zustande bringen würden, da wir alle so nervös gewesen waren. Aber dem Label gefielen unsere Texte, wie wir spielten und unsere Stimmen und so wurden wir unter Vertrag genommen. Wir hatten das geschafft, wovon viele träumten, wir konnten mit unserem Hobby Geld verdienen und wir verdienten nicht schlecht. Unser erstes Album verkaufte sich sehr gut, da hatten sich die drei Monate gelohnt, an dem wir zusammen Tag und Nacht Songs schrieben und Melodien komponierten. Das zweite Album kam nicht gut an, weil die Texte nicht von uns waren, und das merkten die Fans wohl irgendwie. Von da an ließ das Plattenlabel uns Zeit, die Songs selbst zu schreiben. Wir gingen nach dem zweiten Album auf unsere erste Tour durch Amerika.
„Eigentlich habe ich nicht nur wegen der Premiere angerufen, sondern ..."
„Ich lösche es nicht."
„Aber ..."
„Das untermauert doch unsere Story vom hilfsbereiten Star. Simon, mein Flug wird aufgerufen. Ich melde mich nach der Landung oder spätestens morgen früh bei dir", sage ich und lege auf, um weitere Diskussionen zu vermeiden. Ich schultere gähnend meinen Rucksack und begebe mich zum Gate.

Liebe auf wackligen BeinenWhere stories live. Discover now