Overthinking

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"Ich vermisse dich"
Es steht schon auf der Tastatur. Nur noch ein Absenden und ein paar Millisekunden, die es braucht, um bei dir als gesendet anzukommen, entfernt.

Aber kann ich das wirklich schicken, weil wenn ich meine, dass ich dich vermisse, dann mein ich mehr als das.

Dann meine ich, dass mir dein Duft fehlt.
Dann meine ich, dass mir dein raues Lachen fehlt.
Dann meine ich, dass mir deine sanften Berührungen auf meiner Haut fehlen.

Mehr als das noch, ich vermiss dich nicht, ich brauche dich.
Aber das zu schreiben wäre doch schon viel zu banal. Ja, wäre es nicht schon gar anhänglich? Oder sogar aufdringlich? Ich weiß es nicht.

Doch das Risiko ist zu hoch, also wird das schon mal nicht direkt gesagt. Wäre ja lächerlich, nicht wahr?

Wir alle kennen das, man will was sagen, tut im Endeffekt aber dann doch das genaue Gegenteil. Und dann entsteht die peinliche Stille. Keiner sagt was.

Nur diesmal sagt keiner was von uns, nein, diesmal schweigt mein vor mir liegendes Handy mich an, weil ich es nur in der Hand halte. Viel zu groß die Angst, das Absenden zu klicken, und dass das Klicken die unheimliche Stille durchbricht.

Ja, dann ist die Angst wieder zu groß, dass du meine Gedanken durchschaust, wenn du das liest, was ich dir schreibe.

Bei dem "Ich vermisse dich", kann es ja jetzt also nicht bleiben. So würde natürlich die Gefahr entstehen, dass du denkst, ich wäre abhängig von dir. Das darfst du natürlich nicht denken, das würde ja ein völlig falsches Bild von mir in deinen Kopf lenken. 
Klar eigentlich ist es die Wahrheit ... dass ich abhängig bin von dir. 
Aber das brauchst du nicht wissen, musst kein' Gedanken dran verschenken, sonst würde es ja vermutlich deine Meinung von mir senken.

Also ja, was schreib ich dir am Ende. Ist doch ganz klar. Nichts.
Nur ein kleines, nüchternes "Schlaf gut"
Da gibt es doch eigentlich keine Gefahr dabei ... oder?

Und derselbe Prozess des Denkens beginnt von vorn.

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