Kapitel 10

338 15 5
                                    

Der Sklave zog mich mit sich und hielt das Messer weiterhin an meinen Hals gedrückt. Ich keuchte, da es ein wenig tiefer schnitt. ,,Ruhe", blaffte er mich an und nahm schließlich, wohl oder übel, das Messer von meinem Hals, da er mich offensichtlich nicht umbringen wollte. ,,Ein Wort", die Sklavin hielt ihre Hand an ihre Kehle um zu zeigen, dass es dann nicht so klimpflig mit mir ausgehen würde.

Er zog mich zwischen den herumwuselnen Sklaven hindurch und ich traute mich nicht mich zu wehren. Mein Hals brannte und als ich ihn vorsichtig berührte spürte ich das Blut unaufhörlich aus dem geraden Schnitt hinauslaufen. Hilfesuchend blickte ich zu den Menschen, die noch immer das Tanzbein schwangen und war erleichtert, als ich merkte, dass sie endlich auf uns aufmerksam geworden waren. Ich nutzte die Chance, da die Sklavin und ihr 'Freund' unaufmerksam geworden waren und wirbelte um mich herum um mich aus ihrem Griff zu entreißen. Verblüfft starrten sie mich an und ich befriedigte mich mit einem Kinnhacken gegen den Sklaven. In meiner langen Zeit als Sklavin hatte ich so einige Kniffe gelernt, die ich gegen meine Herren einzuwenden wusste. Jetzt wies es sich als sehr praktisch herraus. Dann trat ich in den Bauch der Sklavin und rannte.

Wütende Geräusche von hinten zeigten mir, dass ich noch lange nicht sicher war. Ich drängte mich an den immernoch herumrennenen Sklaven vorbei und wagte einen schnellen Blick über die Schulter. Die beiden wurden gerade von ein paar Security überwältigt. Sie bekamen einige Elektroschocks aus merkwürdigen schwarzen Waffen und noch einige Schläge darauf. Ängstlich drehte ich meinen Kopf wieder nach vorne nur um in zwei weitere Security zu rennen. Einer griff nach meinen Haaren und riss mich zu sich. Ich gab einen Schrei von mir, wehrte mich aber nicht weiter. Ich war nicht davon gerannt. Ich wollte nicht flüchten. Einer der Männer, er hatte schwarze kurzgeraspelte Haare und war sehr breit gebaut, zielte mit dem Elekrochoker auf mich und als er mich traf zuckte gewaltiger Schmerz auf mich ein. Er schoss mir Tränen in die Augen und ich ging auf den Boden. Ich keuchte und versuchte bei Bewusstsein zu bleiben. Einer der Männer trat nach mir und ich konnte nicht ausweichen. Ich hatte nichts getan. Die beiden machten weiter und ich sah nur noch schwarz. Gerade als ich einen weiteren Tritt spürte und glaubte ohnmächtig zu werden, hörte ich eine laute, ein wenig verzweifelte, aber definitiv autoritäre Stimme ein lautes Stopp rufen. Die beiden Männer stoppten aprubt und ich hörte Schritte auf uns zukommen. Schritte die meinem Herrn gehörten. Genau wie die Stimme, die die Männer zum aufhören gebracht hatte.

Ich zitterte. Er würde denken ich wäre weggerannt. Er würde denken ich wollte flüchten. Denken ich hätte seinen Befehl ignoriert. Denken ich wäre immer noch nicht seine Sklavin. Denken ich wäre nicht gebrochen. Nicht sein. Ich konnte mich nicht bewegen und als ich versuchte mich vor ihm hinzuknien gab ich nur ein kläcklichen Laut von mir. Mir tat alles weh und trotzdem versuchte ich meine Augen zu öffnen. Durch den winzigen Spalt, der dadurch entstand, erkannte ich Schuhe. Die Schuhe meines Herrens.
,,Lasst sie in Ruhe"
,,Aber Sir..."
,,Sie hat nichts getan"
,,Aber-"
,,LASST SIE IN RUHE!", mein Herr schrie fast und ich glaubte Verzweiflung daraus zuhören. Aber warum? Ich startete einen zweiten Versuch mich hinzuknien und schaffte es tatsächlich einigermaßen. Mein Kopf war unendlich schwer und ich begnügte mich daher den Boden zu betrachten.

,,Kiya, lass das", die Stimme meines Herren klang irgendwie sanft. Sanft und nicht wütend. Nur auf die Security. Auf die war er definitiv sehr wütend. Aber warum? Das Denken viel mir schwerer und ich musste mir alle Mühe geben nicht umzukippen. Plötzlich spürte ich eine kalte Hand an meiner Wange. Ich blickte auf und sah geradewegs in die schwarzen Augen meines Herren. Sie sahen mich so besorgt und schuldig an, dass ich glaubte mich zu täuschen. Mein Schädel brummte und alles tat weh.
,,Komm, wir gehen nach Hause", wisperte mein Herr mir zu und bevor ich nur den Mund aufmachen konnte, hob mein Herr mich auch schon hoch. Er trug mich in beiden Armen und ich war viel zu schwach um mich dagegen zu wehren. Ich konnte nichts tun, außer meinen Kopf an seine Brust zu lehnen und endlich die Augen zu schließen.
Das letzte was ich hörte bevor ich in Ohnmacht fiel war die Stimme meines Herrn, die unendlich schultbewusst in mein Ohr flüßterte:
,,Es tut mir so leid Kiya. Das ist alles meine Schuld"
Ich spürte seinen Atem an meinem Ohr und hörte die gleichmäßigen Schritte, mit denen er das Haus verließ.

Mein Kopf brummte höllisch und mein ganzer Körper fühlte sich geprügelt an. Was ja grundsätzlich auch Sinn machte. Ich wurde schon öfter solange geschlagen bis ich Ohnmächtig wurde, aber seit ich bei Élio lebte war ich nicht mehr so zerschandelt gewesen. Ich öffnete prüfend die Augen und schaute an die weiße Zimmerdecke. Moment, das war nicht meine eigene. Erprubt setzte ich mich auf, ignorierte den Schmerz der mich daraufhin durchzuckte und sah mich um. Eindeutig das Krankenzimmer. So schlimm?

Als ich auf die Seite schaute, gab ich erschrocken einen leisen Schrei von mir. Mein Herr schreckte aus dem Schlaf auf und ich machte mich, immernoch erschrocken, daran hinzuknien. Mein Herr stoppte das mit einer kurzen Handbewegung.
,,Du musst dich ausruhen Kiya"
,,Herr, ich wollte nicht...ich hab nicht...ich wollte nicht fliehen", ich sah ihn nicht an und fürchtete er könnte es falsch verstehen. Das er denken würde es wäre anders. Ich hatte nichts mit dem Aufstand zu tun.
,,Weiß ich doch", sagte mein Herr nur und ich konnte nicht anders als mich über ihn zu wundern.
,,Hör mal, Kiya", er stützte seine Ellenbogen auf der Bettkante ab: ,,Es tut mir leid. Es war meine Schuld. Ich hätte besser aufpassen müssen."
,,Herr-"
,,Lass mich ausreden"
Wie auf Knopfdruck verstummte ich.
,,Nein, bitte lass mich ausreden", verbesserte er sich, während er seitlich an mir vorbeischaute. Und ich verstand auf was er hinauswollte. Was der Unterschied war. Der Unterschied zwischen Imperativ und einer Bitte. Ich blieb weiter leise und wartete darauf, dass er weitersprach.
,,Ich habe dir versprochen dich nicht zu verletzten. Dann habe ich zu viel Blut von dir getrunken und jetzt das. Ich weiß, dass es nicht direkt meine Schuld war, aber nur wegen mir warst du dort. Du wurdest verletzt und ich konnte dich nicht beschützen."

Er wirkte so schuldbewusst, dass ich ihn unmittelbar trösten musste. ,,Sie haben mich doch beschützt, Herr. Schließlich wäre ich ohne sie nicht hier" Ich wusste, dass ich recht hatte und er nichts dagegen sagen konnte. Ich lächelte und ließ mich zurück in die Lacken gleiten. Dann tastete ich nach dem Schnitt, des Messers, der an meinem Hals liegen müsste. Doch als ich meinen Hals berührte war dort weder ein Grind noch etwas anderes. Verwirrt blickte ich zu meinem Herrn, der verlegen seine Schuhe betrachtete.
,,Warum-"
,,Vampire können offene Wunden schließen"
,,Achso...dann danke"
,,Dank mir nicht", kam es schuldbewusst von meinem Herrn.
Ich zog die Beine an und umschloss sie mit meinem Schwanz: ,,Mir geht es gut...ich hab schon so einiges ausgehalten" Ich versuchte mich an einem Lächeln, bekam es aber nicht wirklich gut hin.
,,Und ich wollte eben, dass es dir hier besser geht"
,,Es geht mir besser"
Er schnaupte und murmelte: ,,wohl kaum"
Diesmal lächelte ich wirklich: ,,auch wenn man es kaum glauben kann"

Mein Herr sah endlich auf und ich sah so viele Selbstvorwürfe in seinen schwarzen Augen. ,,Sag mir wie ich es besser machen kann"
,,Was?"
,,Was möchtest du? Ich kann dir alles geben außer eine freilassung" Ich schnappte nach Luft. Er will mir etwas schenken?
,,Ich möchte nichts"
,,Garnichts?"
,,Garnichts"
,,Irgendetwas musst du wollen"
,,Nein, Herr" Gott, wie hartnäckig konnte man sein?
,,Dann befehle ich dir etwas zu wollen"
,,Was ergibt das denn für einen Sinn?"
,,Und? Was willst du?"
,,Nichts", seufzte ich, doch auf den Blick, den mein Herr mir zu warf, versuchte ich es mit:
,,Ein Buch"
,,Was?"
,,Wenn ich schon etwas wollen muss, will ich ein Buch...Herr"
,,Ein Buch? Ich biete dir alles an...und du willst ein Buch?"
,,Ich will garnichts", stellte ich klar. : ,,Aber wenn mir keine andere Chance bleibt, als etwas zu wollen, will ich in Buch"
,,Du bist nicht gut im Umgang mit Geschenken, oder?"
,,Nein, Herr", mein Hals wurde trocken. Noch nie hatte ich etwas geschenkt bekommen. Wie sollte ich auch.
,,Ein Buch also"
,,Ich habe in meiner Ausbildung lesen gelernt" In meiner Ausbildung zu Sklavin.

Plötzlich wechselte mein Herr das Thema auf etwas über das ich nie sprach: ,,Also bist du dein Leben lang schon dafür ausgebildet worden wie es ist eine Sklavin zu sein?" Ja und ich bin trotzdem so verdammt schlecht. Ich nickte widerwillig. ,,Du bist in einem Sklavenheim geboren?" Ein zweites wiederwilliges nicken. ,,Und deine Eltern?" ,,Kenn ich nicht. Sie wurden fortgeschickt sobald ich geboren wurde. Sie haben sich nicht einmal gekannt bevor sie... Irgendwie muss man das Aussterben der Neko ja verhindern.", ich bemühte mich um einen neutralen Ton und versuchte die Tränen und den Eckel, der immer dann auftauchte wenn ich über dieses beschissene System nachdachte, zu unterdrücken. ,,Das ist-", mein Herr sah geschockt aus und zeigte mir warum ich diesen Teil meiner Vergangenheit lieber vergessen würde. ,,...mein Leben", fiel ich ihm trocken ins Wort.
,,Jetzt nicht mehr", nachdenklich schaute er auf seine Hände.
,,Sehen sie Herr? Es kann nur besser werden."
__________________
1565 Wörter
-Hoffe es gefällt euch
-freu mich über Feedback

You've reached the end of published parts.

⏰ Last updated: Oct 05, 2023 ⏰

Add this story to your Library to get notified about new parts!

Auf ewig Sklave Where stories live. Discover now