Woche 4, Sonntag - London

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"Was machen wir heute?", fragt Sirius, als wir im Hotel beim Frühstück sitzen.
"Ihr beide überlegt euch, was ihr Mrs Potter sagt, wenn sie fragt, warum ihr erst zwei Wochen nach Ferienbeginn aufkreuzt und warum ihr noch nicht von der Schule geflogen seit und wenn ihr damit fertig seid, dann geht ihr in die Winkelgasse und tauscht bei Gringotts Geld um, sodass wir das hier bezahlen können", sage ich.
"Und du?"
"Ich fahre mit der U-Bahn nach Surrey und schaue nach, wie viel von unserem Haus noch steht", erkläre ich. "Und danach gehe ich zum Friedhof."
"Wir treffen uns heute Abend wieder im Hotel", meint James und ich nicke, nehme meine Tasche und stehe auf.
"Bis dann." Ich gebe James einen kleinen Kuss und winke Sirius zu, bevor ich das Hotel verlasse und an der nächsten U-Bahn-Station ein Ticket löse.

Wenig später stehe ich im vertrauten Little Whinging und bewege meine Schritte unaufhaltsam auf mein Zuhause zu.
Noch eine Straße. Eine Ecke. Die unschuldige Straße hinunter, gesäumt von Apfelbäumen...geschockt bleibe ich stehen.
Dort, wo vor wenigen Wochen noch unser Haus mit den blauen Fensterrahmen stand, ist jetzt ein Trümmerhaufen, umschlossen von hässlichem Bauzaun. Daran hängt ein Holzschild, worauf geschrieben steht:

An unsere wunderbaren Nachbarn, Cathlyn und Michael Evans, die hier ihren Tod fanden.

Darunter ein seit eineinhalb Wochen abgelaufenes Datum und die Unterschriften von allen unseren Nachbarn. Wie nett von ihnen.
"Hey, Sie! Was...Lily!" Eine Frau eilt auf mich zu. Sie ist eine gute Freundin meiner Mutter gewesen, Arabella. Sie nimmt mich in den Arm. "Wo warst du all die Zeit?"
"Ich habe es nicht gewusst! Ich war in der Schule und habe es viel zu spät erfahren."
"Sei stark, mein Mädchen und lass dich nicht unterkriegen."
"Danke, Arabella."
Sie lächelt und ich gehe in Richtung Friedhof davon. Dort angekommen finde ich das Grab verhältnismäßig schnell, denn sie sind im Familiengrab, wo auch schon meine Großeltern liegen.
Ich sehe mich um, dass mich niemand sieht und ziehe meinen Zauberstab, mit dem ich einen Kranz aus Lilien und Efeu erscheinen lasse, den ich aufs Grab lege. Lilien, nicht, weil es Trauerblumen sind, sondern weil sie zeigen, dass ich hier war, Lily. Ob Petunia Petunien aufs Grab gelegt hat?
"Lily! Du bist tatsächlich gekommen!", ruft jemand hinter mir. Ich wirble herum.
"Petunia!", rufe ich entgeistert.
"Du warst so freundlich, in deinem Brief zu schreiben, wann du hier aufkreuzt", erklärt sie. "Und da dachte ich, jetzt, wo wir uns wieder vertragen, sollten wir uns von einander verabschieden."
Ich lächle.
"Danke, Tunia."
"Es tut mir Leid", sagt sie und kommt näher. "Alles."
"Nein, mir tut es Leid. Es ist meine Schuld, dass sie tot sind."
"Wie meinst du das?"
"Ihre Mörderin...Bellatrix Lestrange, sie ging mit mir zur Schule, aber sie..."
"Du gehst mit Mördern zur Schule?", fragt sie angewidert.
"Wir sind im Krieg. Beide Seiten werden auf Hogwarts ausgebildet. Aber meist sind wir in unterschiedlichen Häusern. Mein Haus und das derjenigen, die später eher Mörder werden, sind verfeindet. Sie hasst mich. Sie hat Mum und Dad getötet, um mich zu verletzen."
Ich erwarte, dass Petunia mir Vorwürfe macht, dass sie mich hasst, aber sie fragt nur:
"Warum wollte sie dich verletzen? Was hast du ihr getan?"
"Zwei Gründe. Nummer eins: Ich habe nichtmagische Eltern. Das ist für sie genauso, wie für dich, dass ich eine Hexe bin. Nummer zwei: Ich bin inzwischen befreundet mit ihrem Cousin, der sich gegen seine komplette Familie gestellt hat und kein Mörder geworden ist."
"Krass." Petunia ist vollkommen fasziniert. "Das scheint ja ziemlich dramatisch zu sein."
"Dramatisch? Wir sind im Krieg!"
"Das musst du mir genauer erklären."
"Wie wäre es, wir setzen uns ins Café und ich erzähle dir ein wenig mehr."
Sie nickt.
Wenig später sitzen wir in unserem Lieblingscafé.
"Was ist das jetzt für ein Krieg?"
"Ich muss ganz vorn beginnen", sage ich. "Es gibt einen Zauberer, der so böse ist, dass niemand seinen Namen ausspricht. Man spricht von Du-weißt-schon-wem und Dem, dessen Name nicht genannt werden darf. Nur sehr wenige, zum Beispiel Dumbledore, sagen seinen Namen. Er hat Gefolgsleute um sich gescharrt, mit dem Ziel, euch Muggel, also nichtmagische Menschen, auszurotten und zu unterwerfen. Er glaubt, dass ihr weniger Wert seid, weil ihr nicht zaubern könnt. Außerdem sind auch nur diejenigen Zauberer, die reines Blut haben und deshalb sind Halb- oder sogenannte Schlammblüter ebenfalls nicht lebenswürdig."
"Vollidiot", kommentiert Petunia.
"Wohl wahr. Aber ein ziemlich mächtiger Vollidiot. Und wir, also die Guten, wir versuchen...ich habe keine Ahnung, was wir versuchen. In erster Linie wohl, ihn aus Hogwarts und dem Ministerium raus zu halten, glaube ich."
Wir reden noch eine Weile, irgendwann bezahlen wir und gehen.
Draußen zieht Petunia mich in ihre Arme.
"Wir sehen uns nie wieder", sage ich. "Es ist besser, dann haben wir beide eine höhere Überlebenschance."
"Stirb nicht", bittet sie. "Und komm zurück, wenn ihr diesen Krieg gewonnen habt. Denn das werdet ihr."
"Versprochen."

Unter Muggles - Die Rumtreiber im MugglecampWhere stories live. Discover now