Woche 2, Sonntag - Vollmond

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Heute ist Sonntag. DER Sonntag. Heute, um genau 21:44 geht der Vollmond auf.

Den Ausflug haben wir uns heute gespart und im Moment sitzen wir in meinem und Potters Zimmer und planen noch einmal durch, für heute Abend.
Black wirkt nervös, er hat seine Arme angespannt und vergräbt seine Fingernägel in seinen Handballen.
Potter wirkt konzentriert, wie ich ihn selten gesehen habe.
Remus hat die Augen halb geschlossen, er ist blass und wirkt, als würde er jeden Moment zusammenklappen.
"Also, um Viertel nach acht, nach dem Abendessen, schleicht ihr beide euch raus und Black und ich bleiben hier und setzen uns in dieses Zimmer", gehe ich den Abend noch einmal durch. "Wenn die Betreuer kommen, so gegen zehn, dann erklären wir, dass Remus schon im Bett ist und Potter im Bad. Sobald die Betreuer wieder weg sind, schleicht sich Black auch raus, dazu belege ich ihn mit einem Desillusionierungszauber. Soll ich das bei euch auch machen?"
Potter schüttelt den Kopf.
"Nicht nötig, wir haben eigene Mittel", erklärt er ernst.
"Sag jetzt bitte nicht, dass du einen Tarnumhang hast." Ich schaue ihn leicht verzweifelt an.
"Ich habe einen Tarnumhang", sagt er grinsend. "Woher weißt du das?"
"Intuition." Ich werfe einen Blick auf die Uhr. "Wir sollten zum Abendessen."
Die Jungs stehen mehr oder weniger schwankend auf und wir verlassen das Zimmer.
Während Black dicht neben Remus geht, wahrscheinlich aus Angst, dass er umkippt, läuft Potter neben mir her und starrt zu Boden.
"Ihr schafft das schon", sage ich sanft. Er hebt den Blick.
"Was, wenn nicht?", fragt er ängstlich. Ja, Potter hat Angst.
"Dann schickt ihr rote Funken und ich helfe euch", erkläre ich. "Ich sitze am Fenster und beobachte den Wald, falls ihr Hilfe braucht."
"Wie willst du uns helfen?", fragt er zweifelnd.
"Indem ich zur allergrößten Not eine Feuerwand am Waldrand aufbaue und somit unsere Existenz verrate, und dann hinterher alle Gedächtnisse lösche."
"Was bringt das?", will Potter wissen.
"Werwölfe gehen niemals in die Nähe von Feuer", meine ich überrascht. Weiß er das nicht? "Sie haben einen sehr ausgeprägten Selbsterhaltungsinstinkt, der sie von Feuer und Wasser fernhält. Ein Werwolf wird im Zweifelsfall immer vom Feuer weg laufen und das wäre dann in unserem Fall, weiter in den Wald hinein."
Bewundernd sieht Potter mich an.
"Ich hoffe nicht, dass es so weit kommen wird", sage ich zum Schluss. Wir sind im Speisesaal angekommen und lassen uns an den Tisch fallen, wo auch Alais und die anderen Mädchen schon sitzen.
"Ist alles in Ordnung?", fragt Carole besorgt.
"Es geht ihm nicht gut, aber sonst ist alles okay", sagt Potter hart. Man merkt ihm seine Nervosität an.
Carole und Lisa wenden sich wieder ab, aber ich sehe, dass ihnen die Situation unangenehm ist. Alais beugt sich zu uns und fragt:
"Okay, was ist los?"
"Er", beginnt Black.
"Black! Nicht!", herrscht Remus ihn an und packt seine Schulter. Er ist nicht er selbst! Geistesgegenwärtig lege ich einen Muffliato um unseren Tisch. Fasziniert beobachte ich die Situation.
Black schaut auf die Tischplatte, Remus tut ihm weh, doch er sagt nichts.
Potter legt seine Hand sanft auf Remus' und hebt mit der anderen sein Kinn an und zwingt ihn so, ihm in die Augen zu schauen.
Ich kann Remus' Augen sehen, sie sind schwarz und pupillenlos, in ihnen liegt ein undefinierbarer Blick. Erschrocken zucke ich zurück.
"Remus, schau mich an", sagt Potter leise. "Du bist kein Monster. Wir sind für dich da, ganz ruhig, es ist alles okay."
Langsam entkrampft sich Remus' Hand und seine Augen werden wieder normal.
Ich richte unter dem Tisch meinen Zauberstab auf Carole und Lisa und murmle:
"Obliviate."
Der Blick verschleiert sich, kurz darauf reden sie weiter, als wäre nichts passiert. Das hätte ich viel früher tun sollen. Ich lasse meinen Zauberstab wieder in die Tasche gleiten.
Remus Blick ist leer. Die Jungen stehen auf und verlassen den Saal, ich folge ihnen und auch Alais kommt uns hinterher.

In unserem Zimmer wirft Black gerade den Tarnumhang über die beiden anderen Jungen und kurz darauf schließt sich die Tür.
"Er ist krank", erkläre ich Alais. "Es ist nicht heilbar."
Das dunkelhäutige Mädchen wirft einen Blick aus dem Fenster.
"Ist er ein Werwolf?", fragt sie.
Geschockt sieht Black sie an.
"Werwölfe sind in unserer Welt sehr bekannt, allerdings...sehr breit gefächert."
"Das soll heißen?", fragt Black.
Wir erzählen Alais schließlich alles über Werwölfe und sie berichtet uns von wilden Geschichten über Werwölfe von den Muggels.
Schließlich klopft es.
Geschockt schaue ich Black an, dann springen wir wortlos auf.
Ich laufe zum Bad, schalte Licht und Dusche ein, schließe die Tür von außen und murmle "Colloportus", während sich Black um sein und Remus' Zimmer kümmert. Nach fünf Sekunden öffne ich die Tür.
"Ja?"
Die Betreuerin vor der Tür mustert mich misstrauisch.
"Warum hat das so lange gedauert?"
Ähm...Ausrede, Ausrede!!!
"Naja, wir waren gerade dabei ins Bett zu gehen und James ist im Bad, Remus schläft schon und Sirius hört Musik und hat es wahrscheinlich nicht gehört." Ich klimpere mit den Wimpern. In diesem Moment kommt Black aus seinem Zimmer.
"Oh, hey!", sagt er. "Genug geschaut oder wollen Sie noch ins Bad, um zu prüfen, dass James auch ja dort ist und gucken, ob Remus auch wirklich schläft?"
Im Ausreden erfinden ist er offenbar Meister, kein Wunder. Aus seinem Mund klingt das alles so lächerlich.
Die Betreuerin geht. Alais spaziert in ihr Zimmer hinüber.
"Gute Nacht!", ruft sie noch.
Ich schließe die Tür und desillusioniere Black, der kurz darauf ebenfalls das Zimmer verlässt.
Da man von unserem Zimmer aus den Wald nicht sehen kann, gehe ich (nachdem ich die Dusche wieder ausgestellt habe) ins Zimmer der beiden Jungs und setze mich dort ans Fenster.



Leise murmelnde Stimmen.
Kichern.
Was sagen sie? Sie sollen still sein.
Jemand hebt mich im Prinzessinnen-Stil hoch.
Ich kuschle mich in die starken Arme, die mich halten. Die Brust desjenigen, der mich trägt vibriert, als er leise lacht.
Kurz darauf lässt derjenige mich auf etwas weiches sinken. Mein Bett? Er zieht mir sanft die Schuhe von den Füßen und deckt mich zu. Kurz passiert nichts, dann berühren sanfte Lippen meine Stirn.
"Schlaf gut, Lily..."
In diesem Moment weiß ich, wer er ist.

Unter Muggles - Die Rumtreiber im MugglecampWhere stories live. Discover now