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Die Minuten scheinen sich für sie in quälender Langsamkeit zu dehnen, während sie immer noch von einer tief sitzenden Wut auf Ryan erfüllt ist. Diese Wut, die sich wie ein dunkler Schatten über ihre Gedanken legt, lässt nicht nach, wird nicht gemildert durch die Anwesenheit der Menschen um sie herum. Ihre Stimmung bleibt unverändert düster, unbeeindruckt von den fröhlichen Gesprächen und dem Lachen, das sie umgibt.

Mit einer fast mechanischen Bewegung öffnet sie ihr Notizbuch, das sie stets bei sich trägt. Es ist ihr stummer Begleiter, ihr Zufluchtsort, wenn die Welt um sie herum zu laut, zu chaotisch wird. Sie zieht einen Bleistift aus ihrem Haar, eine Geste, die sie schon so oft ausgeführt hat, dass sie kaum noch darüber nachdenkt. Der Bleistift ist ihr Werkzeug, ihre Waffe, mit der sie ihre Gedanken und Gefühle auf das Papier bannt.

In einer selbstgewählten Isolation von ihrer Umgebung beginnt sie, ihre Gedanken und Gefühle auf das Papier zu werfen. Ihre Lippen, die in einem tiefen, dunklen Rot bemalt sind, formen stumm die Worte, die sie niederschreibt. "Ich muss raus, hau' die Haustür zu. Einfach wegrennen, Dad, ich bin genau wie du. Und ich glaub', dass ich niemanden mehr brauch'. Ganz alleine mit mir selbst und dem Gefühl in meinem Bauch. Wie ich alles und jeden nur verachte. Ich glaub', ich hätt' mich tot gesoffen, wenn es geklappt hätte."

Mit jeder Zeile, die sie schreibt, offenbart sie mehr von ihrem inneren Schmerz, ihrer Verzweiflung. "Nach so vielen Wunden und Narben und all den vergossenen Tränen, fühl' ich mich heut' noch wie mein Display gebrochen. Deswegen versuch' ich schon seit Jahren die ganzen Scherben zu kleben. Aber egal, was ich auch tu, da bleibt ein Loch in meiner Seele."

Ihre Worte sind roh und ehrlich, ein Spiegelbild ihrer inneren Zerrissenheit. "Und ich fühle nichts mehr ,auch nicht die riesengroßen Steine auf mei'm Weg. Warum fällt mir dieses Lieben so schwer? Kann mir irgendjemand zeigen wie's geht?"

Eine junge Frau, deren zierliche Statur in starkem Kontrast zu ihrer auffälligen Erscheinung steht, tritt an Celestes Tisch. Ihre Haut ist mit einer Vielzahl von Tattoos bedeckt, die von filigranen Mustern bis hin zu kühnen, farbenfrohen Bildern reichen. Mehrere Piercings zieren ihr Gesicht - in der Nase, den Augenbrauen und den Lippen - und verleihen ihr einen rebellischen, punkigen Look. Trotz ihrer harten Erscheinung ist sie unglaublich hübsch, mit funkelnden Augen und einem ansteckenden Lächeln, das ihre jugendliche Energie und ihren freien Geist widerspiegelt.

Sie tippt mit ihrem Kugelschreiber auf das Notizbuch, das vor Celeste auf dem Tisch liegt, und zieht damit ihre Aufmerksamkeit auf sich. ,,Hey, Kleine!"

Sie sieht leicht verärgert auf, ihre Augen treffen die der Kellnerin. Sie ist offensichtlich nicht begeistert von der Unterbrechung, doch die Kellnerin lässt sich davon nicht beirren. ,,Ich habe kein Problem damit, wenn du dir die Nacht bei uns um die Ohren schlägst." Erklärt sie mit einem leichten Schulterzucken. ,,Aber du musst schon etwas bestellen." Ihre Worte sind direkt, aber nicht unfreundlich. Sie ist es gewohnt, mit allen Arten von Kunden umzugehen, und sie lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen.

Celestes Augen wandern zurück zu ihren Notizen und murmelt ihre Bestellung: ,,Vanille-Milchshake ohne Sahne, dafür mit einem Schuss Rum."

Die Kellnerin hebt eine Augenbraue. ,,Dann brauche ich einmal deinen Ausweis."

,,Ich habe ihn vergessen!" Antwort sie fast Knurrend.

,,Dann tut es mir leid, ich-" Die junge Frau beginnt zu erklären, doch Celeste unterbricht sie.

,,Hör zu!" Schaut sie auf und knallt ihr Buch zu. ,,Hier hast du einen Fünfziger! Dafür behältst du deine langweilige Ansprache für dich, machst mir bitte das, was ich bestellt habe, und vergisst, dass du mich nach meinem Ausweis gefragt hast!"

Is It Love - ColinWhere stories live. Discover now