Die Flamme in der Finsternis

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"Du kannst jetzt mit deiner Fragerei anfangen."

"Mmh, ich überlege noch wo ich anfangen soll."

Stille. Carne streckte seinen Rücken und trank einen Schluck aus seinem Becher, bei dem vielen Reden war ihm der Mund ganz trocken geworden. Dann legte er noch zwei dicke Zweige auf das heruntergebrannte Lagerfeuer. Seine Hände kribbelten durch die Kälte. Jetzt, im ersten Frühlingsmonat, konnte durchaus noch Schnee fallen, vorallem hier im Norden auf die Hügel. Er ließ den Kampf gegen den Schatten noch einmal Revue passieren. Warum hatte er ihn so spät erkannt? War die aufkeimende Dunkelheit damals bereits so stark gewesen und hatte seine Wahrnehmungen getrübt?

"Warum hast du dich dem Schatten offenbart?" Ferions Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

Er überlegte kurz. "Es hat ihn destabilisiert. Um ehrlich zu sein, ich weiß auch nicht genau warum ich das gemacht habe, es war eine instinktive Handlung."

"Seeehr unbefriedigend." kritisierte Ferion mit gerunzelter Stirn. "Hast du Callum danach mal besucht?"

"Ja. Zweimal war ich da, aber die Besuche liegen inzwischen auch Jahre zurück. An mich hat sich dort keiner erinnert. Alle glauben Callum hätte den Schatten alleine bezwungen. Mein einziges Zeugnis dort ist wohl eine Quittung."

"Im Moment keine weiteren Fragen, eurer Ehren."

"Gut." sagte Carne amüsiert. "Ich übernehme die erste Wache. Morgen kannst du mich weiter ausquetschen."

"Einverstanden. Ich brauche auch meinen Schönheitsschlaf."

"Der nützt dir nicht viel."

"Ja, ich bin einfach schon so schön, mehr geht fast nicht mehr." feixte Ferion. "Gute Nacht, Schönster aller Schönen."

"Gute Nacht, Neidischster aller Neider."


Im fernen Norden ragten schroffe Berge auf, es sah fast so aus, als ob ihre schneebedeckten Spitzen die Wolken aufspießen würden. Ein kalter Wind wehte und trieb die Wolken vor sich her, wie eine Hundemeute das Wild. Und in dem Wind war ein Tosen.

Von Norden her ritt mit dem Wind ein schwarzer Reiter, in der Faust eine Sense und hinter ihm eine Heerschar. Der Tod.

Der Wind des Südens trug den Geruch von Blut und Eisen herbei. Mit ihm ritt ein roter Reiter. In der Hand das blutbefleckte Schwert. Der Krieg. Auch ihm folgten viele Krieger.

Der Reiter aus dem Westen war grün. Fäulnis und Krankheit brachte er mit und trug eine Schlange.

Als letztes heulte der Ostwind. Mit ihm klapperte der fahle Reiter auf seinem Knochenpferd, sein Zeichen war der Totenschädel. Der Hunger.

Ihre zerfetzten Standarten knatterten, ihre Jagdhunde, die Bargesthe, heulten und rissen an ihren Ketten. Die flammenden Augen prüften jeden den sie erblickten und rissen Seelen von ihren Körpern fort.

Nun war sie vereint, die Wilde Jagd. Sie verbeugten sich vor ihrem Meister Arawn. Dieser war ein Fürst der Liathsidé und ein Mächtiger im Rat der Unseelie.

Das Heer der Geister verließ die Höhen und verschwand. Jeder der sie dabei erblickte erzitterte vor Furcht und floh.

Als sie hinfort geritten waren, erschien der Mond wieder. Doch nicht silbern wie üblich. Nein, blutrot war sein Anglitz.

Auch Carne hatte sie beobachtet und sein Herz war von Furcht ergriffen, hatte Arawn nicht einst dem Schwarzen Prinzen gedient.

Doch dann erblickte er ein schemenhafte Gestalt zwischen den Bäumen. Kaum sichtbar in der Dunkelheit. Die Silhouette einer Frau die ihm zulächelte, während der Wind flüsterte, „Vergiss nicht, ich werde immer bei dir sein!"

Und die Flamme der Hoffnung erstrahlte wieder in seiner Seele.


Die Flamme in der FinsternisWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu