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Jeongguk ruft Taehyung nicht an. Er ist ein zu großer Feigling.
Stattdessen ruft er Minju an.
Er mochte Minju schon immer mehr, als gut für ihn war. Sie hatte immer zu viel Verständnis für ihn, hat immer verstanden, woher sein Verhalten kommt.
Jeongguk sitzt am äußersten Rand der Couch, schon bereit, gleich mit den Mins ins Kino zu gehen, irgendein Zeichentrickfilm, den Jiyoon unbedingt sehen wollte, auf den sie schon mindestens zwanzig Jahre lang gewartet hat, dass er endlich rauskommt.
Jeongguk erwartet, dass das Gespräch höchstens eine Minute lang dauern wird. Solange, bis Minju realisiert, wer sie da angerufen hat und das Gespräch beendet.
Aber –
„Hallo Jeongguk-ssi", begrüßt sie ihn erfreut, ihre Stimme ist warm wie immer, als hätte sie immer noch seine Nummer eingespeichert. Da ist das Klirren von Geschirr im Hintergrund. Jeongguk muss sie beim Kochen gestört haben. „Es ist schon eine Weile her. Hey, Eunji-yah, zuerst Hände waschen!"
Kein Groll, als hätte er nicht komplett verschissen. Nichts. Nur – Es ist schon eine Weile her. So eine tröstliche Formulierung, gesprochen in einer Art, wie nur Mütter es können.
„Ich habe dich vermisst", sagt sie. „Ist es dir gut ergangen?"
Ist es ihm gut ergangen? Die meiste Zeit hat er auf ein Kind des Mannes aufgepasst, in den er all die Jahre verliebt war. Er hat sogar die Anrufe seiner Mutter dafür aufgeschoben. Früher haben sie am Telefon gemeinsam gelacht und Scherze erzählt, aber jetzt ist es nur ein stetiges Rückversichern, dass es ihm gut geht. Er kommt jeden Abend nah Hause, die Lichter gehen automatisch an und Geld und Berühmtheit sind alles, was er jemals wollte, aber –
„Minju-ssi", flüstert Jeongguk, rollt sich auf der Couch zusammen, umarmt sich selbst wie ein kleines Kind und muss plötzlich einen dicken Knoten runterschlucken, der sich gemeinsam mit ein paar Tränen in seiner Kehle gesammelt hat. „Ich glaube nicht, dass es mir gut ergangen ist..."
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Jeongguk erkennt sie schon aus der Distanz.
Sie stehen ein paar Meter von der Warteschlange, die zum Eingang der Lotte World führt, entfernt. Taehyung ist damit beschäftigt, für mehr Zuckerwatte zu bezahlen, und Minju ist damit beschäftigt, die klebrige Süßigkeit aus Eunjis Gesicht zu entfernen. Oder so. Eunji scannt mit ihrem Blick die ankommenden Besucher und so ist es kein Wunder, dass sie ihn sofort entdeckt.
„Onkel!!", schreit sie, die Zuckerwatte landet vergessen auf dem Boden und sie springt in seine Arme. Minju versucht noch, sie an ihrem Mantel zurückzuhalten, aber vergeblich.
Jeongguk fängt sie ohne Probleme auf und sie macht es sich in seinen Armen gemütlich. Jiyoon findet sich selbst schon viel zu erwachsen und, genau wie ihr Vater, macht sie sich nicht viel aus körperlicher Nähe und Aufmerksamkeit. Deswegen sieht Jeongguk immer zu, dass er eine höfliche Distanz zu ihr einhält. Eunji hingegen ist das komplette Gegenteil – sie kuschelt ständig mit ihren Eltern, hält ihre Hand ohne mit den Augen zu rollen und sie hat Jeongguk noch nie keine Umarmung gegeben, die sein Herz brechen lässt, aber nur, um es gleich darauf wieder zu heilen.
