Written in the stars • Ziam

Kapitel 8

Ich hing den rätselhaften Zettel sorgfältig mit Hilfe eines Magneten an meinen Kühlschrank, damit er mir nicht auch noch auf irgendeine Weise abhandenkam. Der Regen prasselte noch immer in dicken Tropfen gegen das Glas des Küchenfensters und rann in kleinen Bächen daran hinab.

Auch wenn ich mir jetzt zu gerne den Kopf über diese rätselhaften Botschaften zerbrochen hätte, beschloss ich, die Gedanken daran in den gleichen hintersten Winkel meines Kopfes zu verbannen, in den auch schon die Grübeleien über meinen Vater und Niall gewandert waren. Ich hatte jetzt gleich erst einmal Wichtigeres vor.

Louis hatte heute Morgen seinen Ersttermin mit seinem Anwalt gehabt und ich war neugierig, wie es gelaufen war und was die beiden besprochen hatten. Leider konnte sich Louis - auch mit finanzieller Unterstützung - keinen Spitzenanwalt, so wie ich es ihm prophezeit hatte, leisten. Es war verzwickt, denn die Anwaltskosten würden auch so vermutlich schon genug in die Höhe schießen. Dennoch würde er so wenigstens nicht auf einen Pflichtverteidiger zurückgreifen müssen.

Als ich Louis eine Stunde später wieder im Besucherraum 1 der Justizvollzugsanstalt gegenübersaß, wirkte er auf mich deutlich hoffnungsvoller und fröhlicher als bei meinen letzten Besuchen. Unter seinen Augen langen zwar noch immer dunkle Schatten, aber seine Gesichtsfarbe war wieder etwas rosiger und glich nicht mehr ganz so sehr der einer Leiche und auch seine Augen waren weniger stumpf.

„Ist wohl gut gelaufen?", fragte ich lächelnd. Noch während er nickte, antwortete Louis mit einer Stimme, die an die kicksende Stimme eines pubertären Jugendlichen erinnerte: „Ja, auf jeden Fall. Der Anwalt sagte, eine reine Zeugenaussage könne man recht einfach entkräftigen und da sich meine gesamte Anklage vermutlich darauf stützen wird, wird es ein Kinderspiel, mich hier rauszuholen."

Jetzt war ich es, der übereifrig nickte. „Ja, genau sowas habe ich mir auch schon gedacht. Also sieht dieser - wie hieß er nochmal?" - „Herr Granner" - „Ja, genau, also sieht dieser Herr Granner das genauso wie ich, das beruhigt mich. Hat er denn auch schon etwas zu seiner angestrebten Strategie geäußert?"

Daraufhin schüttelte Louis mit dem Kopf. „Wir haben erstmal nur so den allgemeinen Stand der Dinge festgehalten und uns kennengelernt. Außerdem hat er mich nochmal nach meinem Alibi beziehungsweise meiner Aussage gefragt. Er wollte schon am Mittwoch wieder vorbeikommen. Er war echt nett."

Ohne, dass ich es aussprechen mochte, beruhigte mich das ebenso. Wäre Louis Anwalt ein unsympathischer Kotzbrocken gewesen, wüsste ich nicht, was ich getan hätte. Ich finde, es ist wichtig, dass man sich mit seinem Verteidiger gut versteht, damit dieser einem in jedem Fall wohlgesonnen ist.

„Das freut mich, Lou. Und wie geht es dir sonst so? Hast du dich inzwischen etwas mit der Umgebung hier... arrangieren können?" Ich wollte nicht angefreundet sagten, das klang so, als erwartete ich, dass Louis hier noch länger bleiben würde.

„Naja, soweit es eben geht, ne? Ich achte auf jeden Fall darauf, unterm Radar zu bleiben. Die meisten Typen hier sind ja dann doch etwas, naja, größer als ich." - „Das ist ja auch nicht schwer", zwinkerte ich ihm zu und ich war froh, dass er lachte.

Nachdem wir noch eine weitere Stunde über alles Mögliche gequatscht hatten (ich hatte Louis unter anderem darüber aufgeklärt, was in der vergangenen Woche auf dem Revier los gewesen war), verabschiedeten wir uns wie immer mit einer langen Umarmung. Durch das Gefängnis-Shampoo roch Louis nicht mehr so wie früher, aber es fühlte sich dennoch vertraut an.

Der Beamte, der zur Aufsicht eingeteilt war, beäugte die Geste inzwischen schon mit weniger Argwohn als noch vorige Woche und lächelte mir verabschiedend zu als ich den Raum vor Louis verließ, der von einem weiteren Beamten begleitet wurde.