#74 Der Götterbote

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Erst als er schon auf dem Weg zu An-Taetsin war, fiel ihn noch ein weiterer Grund ein, der gegen Roman sprach.
Roman ab Tavolam war in Wahrheit ein Urenkel von Abrutan lo Prodition.
Sein richtiger Name, der nie genannt wurde, war eigentlich Roman ab Iuniam-Ressis. Und die Familie Iuniam galt neben den Iovams und den Apollams als eine der stärksten und mächtigsten unter den Divinobles.

Was wenn Trevor es tatsächlich geschafft hatte Terastan zu unterwerfen? Und was, wenn er da mit einem forsch auftretenden Roman völlig unbeeindruckt dasselbe machen würde? Dieser Hitzkopf würde ihm bestimmt einen passenden Vorwand liefern.
An-Anadur hatte zwar keine konkrete Vorstellung, was ein König wie Trevor mit zwei hochrangigen Divinoble anfangen könnte, aber sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er das könnte und das nicht unbedingt eine gute Sache für Sore wäre.

Aber da er auch eine kleine Diva war, dachte er jetzt garnicht daran nochmal umzudrehen und Ieran seine Bedenken vorzutragen. Der war schließlich Divinimperator und er ja nur sein Uxvir. Soll er sich doch ganz majestätisch selbst die Finger verbrennen. Es war ja nicht so, dass er, An-Anadur, keine Sympathien für Trevor hatte. Und der würde ja sicherlich nicht gleich Sore im Sturm erobern und seinen Virion vom Thron stoßen. Ein kleiner Dämpfer hingegen könnte der divinoblen Selbstüberschätzung ja auch nicht schaden.

*****

"Nos, Ieran ab Iovam, ab Libulan origam Divinimperator do Imperion Sorenam, ad omnam tempes augeror do imperion, confiteron e pandoron que nos denominaron Divicomes Roman ab Tavolam come noi Apostolion!²"

Die Ernennung eines Apostolion war in Sore ein richtiger Staatsakt der auch erstmalig im Fernsehen übertragen wurde. Was allerdings nicht verwundert, da die letzte solche Ernennung beinahe 200 Jahre her war.
Woran man schon merken konnte, dass dergleichen kein alltägliches Ereignis war. Die meisten Sorener erlebten so etwas in ihrem Leben überhaupt nicht und wenn, dann höchstens ein einziges Mal. Selbst Divinoble und ihre Uxvirs waren bei der Ernennung eines Apostolions im besten Falle vier oder fünf Mal in ihrem Leben anwesend.

Die angevinische Übersetzung als 'Besunder Envoy of the High Cesar'³ wurde der wirklichen Bedeutung eines Apostolions nicht ganz gerecht, ein Apostolion war mehr als nur ein Sondergesandter des Staatsoberhauptes von Sore. Da die Divinimperator ihre Legitimation zur Herrschaft von ihrer Abstammung von Libulan herleiteten und sich daher auch als Nachfahren und Repräsentanten von Libulan sahen – so war es zumindest Staatsdoktrin in Sore – war ein Apostolion mehr eine Art Bote der Götter als ein Diplomat des Staates Sore.
Damit einhergehend war die Ernennung eines solchen auch alleine das Recht und die Aufgabe des Divinimperators. Nichtsdestotrotz hatte der sorenische Staat im Zweifel die Suppe auszulöffeln die dieser Apostolion – und der Divinimperator durch ihn – ihm womöglich einbrockten. Auch das war ein Grund warum die Divinimperatoren von diesem Recht nur selten Gebrauch machten.

Nun aber war es geschehen und ein frischgebackener Apostolion namens  Roman ab Tavolam war bereit nach Kingstown-of-the-North aufzubrechen um dort den wahren Willen von Terastan zu erfahren.
Nein, letztere teilte man der Bevölkerung natürlich nicht mit, da hieß es beschönigend, dass der Apostolion mit Terastan ab Apollam und An-Trevur ab Somnia über die Konsequenzen für die Thronfolge in Sore sprechen sollte, die sich womöglich aus der Tatsache ergeben  könnten, dass Terastan zugleich Prinzgemahl von Angevinien und An-Trevur als König Trevon Staatsoberhaupt desselbigen war.

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Natürlich blieb bei all' dem Pomp die Ernennung eines Apostolion auch in Kingstown-of-the-North, Tschinkyu und den anderen Hauptstädten nicht unbemerkt.

Trevor hatte sich noch in der Nacht mit Lord Simon, dem Lord High Stewart, dem Lord of the Household,  der Premierministerin, dem Außenminister und einigen führenden Militärs getroffen.

"Also, Kronprinz Taejo spricht uns im Namen von ganz Kitaien sein Bedauern darüber aus, dass Sore eine so unerfreuliche Maßnahme gegen uns ergreift" berichtete er, "nach den Erfahrungen die sie in Kitaien mit einem Apostolion gemacht haben, rät man uns, diesen umgehend zur unerwünschten Person zu erklären und unser Militär in Alarmbereitschaft zu versetzen. Auf keinen Fall sollten wir den ins Land lassen..."
"Das ist aber nicht der Weg den Eure Regierung vorschlägt, Sire!" merkte Mrs. Slater dazu an.
"Keine Sorge Premierministerin, das ist auch nicht der Weg den Wir zu gehen gedenken" beruhigte sie Trevor sofort.

"Unser Plan sieht vor, dass wir den Sondergesandten mit allen Ehren in Kingstown-of-the-North empfangen.
Dann hören wir uns sein Begehr an und dann entscheiden Wir, ob Wir dem stattgeben wollen" erklärte Trevor nun wie er vorzugehen gedachte.
"Dieser Roman ab Tavolam wird mit Sicherheit den Auftrag haben mit Eurem Gemahl zu sprechen" wandte der Lord High Stewart nun ein.
"Oh" bestätigte Trevor, "davon ist auszugehen!"
"Und was gedenkt Ihr dann zu tun?" fragte der Außenminister nun.
"Nun, zunächst werden Wir ihm mitteilen, dass der Prinzgemahl von Angevinien ihn nicht empfangen möchte" erwiderte Trevor.
"Ihr glaubt aber nicht ernsthaft, dass Ihr damit durchkommt" gab sich die Slater nun skeptisch.
"Nein. Aber damit gewinnen wir Zeit" lautete Trevors Antwort, "und wenn dieser Roman dann weiter insistiert, dann darf er mit meinem Gemahl sprechen!"
"Aber, dann kehrt der nach Sore zurück und berichtete da alles!" wandte der Lord High Stewart sofort  ein.
Nun meldete sich Simur zu Wort: "Immer vorausgesetzt, er kehrt nach Sore zurück. Roman ab Tavolam heißt eigentlich Roman ab Iuniam-Ressis und ist ein Nachfahre von Abrutan dem Verräter und Caisaron von Misrata. Darüberhinaus ist er wie alle Divinoble sehr von sich selbst überzeugt, hält sich für etwas besseres und er ist sehr impulsiv."
"Was wollen Sie damit sagen, Lord Simon?" hakte die Slater sofort nach.
"Nun" erwiderte der, "erstens, ist es nicht beleidigend, dass man uns einen Nachfahren des schlimmsten Verräter der sorenischen Geschichte schickt? Und was, wenn dieser Roman gegenüber seiner königlichen Hoheit übergriffig würde? Sowas haben wir aus guten Gründen schließlich auch nicht seitens Terastans geduldet. Warum sollten wir dergleichen bei einem  Roman dulden?"
"Aber dieser Apostolion wird doch niemals gegenüber seiner königlichen Hoheit, dem König, übergriffig werden!" hatte der Lord of the Household nun Bedenken.
"Ach, wird er nicht?" konterte Simur süffisant, "nun, der Satz 'In der Politik ist eine starke Behauptung oft besser als ein schwacher Beweis' ist Ihnen geläufig?"
"Ja natürlich" entgegnete der, "aber dann steht ja Aussage gegen Aussage?"
"Die Aussage des Königs von Angevinien, eines Dukes der Peerage  von Angevinien, des Lord High Stewart und womöglich auch der Premierministerin gegen die Aussage eines Romans, den herzuschicken schon eine Beleidigung für ganz Angevinien ist" korrigierte Simur ihn jovial.
"Wir werden uns sicherlich nicht mit diesem Roman in Anwesenheit seiner ganzen Entourage und aller Medienvertreter von Sore und Angevinien unterhalten" kam es zynisch von Trevor.
"Ihr wollt, dass dieser Roman im Zweifel eurem Gemahl längerfristig Gesellschaft leistet" hakte jetzt einer der Militärs noch einmal nach, "habt ihr nicht Angst, dass Sore uns dann den Krieg erklärt?"
"Sore wird uns nicht den Krieg erklären meine Herren!" mischte sich die Slater ein, "haben Sie ein wenig Vertrauen, aber wir sind kein rückständiges Kitaien mehr, dass man nach Belieben herumschubsen kann wie vor 200 Jahren!"

"Also dann" sprach Trevor nun, "bereiten sie alles vor für den großartigsten und pompösten Staatsempfang den Angevinien je gesehen hat. Ich will alle Peers, die Vizekönige aller Gebiete und die Spitzen der Geistlichkeit präsent haben. Ich will Spitzenküche, Theater, Konzerte, Musical, Tanz und Unterhaltung. Schöpfen Sie aus dem Vollen!"

¹ Macho
²Wir, Ieran ab Iovam, durch Anstammung von Libulan Hochkaiser des Sorenischen Imperiums, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches bekennen und tun kund, dass wir den Divincomes Roman ab Tavolam zu unserem Apostolion ernennen!
³Sondergesandter des Hochkaisers

Das Land jenseits der Berge.Where stories live. Discover now