Er ist hier.

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„Sirius ist im Schloss. Eleonor, er ist hier.", informierte Remus mich aufgeregt. „Ich weiß. Ich hab es auch mitbekommen. Sie riegeln die Türen ab." Ich fuhr mir über mein Gesicht. „Ich hasse es, dass er so viel Angst verbreitet. Er hat all diese Dinge nicht getan." Ich seufzte schwer. „Ich weiß." Er lief auf und ab. Das tat er immer, wenn er angespannt oder aufgeregt war. „Er sollte mit uns auf Harry aufpassen. Wir hätten ihn beim Aufwachsen zusehen sollen. Niemals hätten wir zulassen dürfen, dass Albus ihn zu den Dursleys schickt."

„Ich weiß.", antwortete ich nochmal. Seine Schritte, die ich im Augenwinkel beobachtet hatte, stoppten. „Kannst du auch irgendwas sinnvolles dazu zu sagen?" Ich blickte zu Remus auf. „Was soll ich denn dazu sagen, Remus? Hm?", wollte ich ein bisschen gereizt wissen. „Wir hätten ihn zu uns nehmen sollen. Müssen, wenn nicht sogar. Wir hätten es gekonnt, Remus. Wir wären es ihnen schuldig gewesen. Ihnen allen." Mit einem schweren Seufzer kam er zu mir und setzte sich neben mich auf das Sofa. „Aber wir durften nicht. Dumbledore hat es uns untersagt. Die Entscheidung lag nicht in unserer Hand. Wenn das der Fall gewesen wäre, dann wäre die Entscheidung anders ausgefallen. Wir hätten Harry aufgenommen." Er strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Wir hätten uns um ihn gekümmert.", schmunzelte er liebevoll. 

„Wenn Sirius auftaucht, dann wird es auch Zeit, dass er von Adelaide erfährt.", sprach ich ein ganz anderes Thema an. Wenn wir schon dabei waren... „Harry weiß noch nicht einmal über Sirius bescheid. Alles zu seiner Zeit."

„Wir wissen genau, wie Menschen auf derartige Nachrichten reagieren, wenn sie längst überfällig sind. Wir haben ihn schon viel zu lange über seine Familie im Dunkeln gelassen." Ich kam nicht um den Gedanken herum, dass wir das mit den Geheimnissen schon viel zu lange mitmachten.

„Er wird es doch sowieso irgendwann herausfinden.", tat Remus es als etwas völlig unwichtiges ab. Doch das war es nicht. Nicht in meinen Augen. „Und du hältst es für eine kluge Idee, den Zeitpunkt dem Zufall zu überlassen? Oder wer es ihm sagt? Willst du, dass er es von Sirius persönlich erfährt?", stellte ich eine Reihe bedenkenswerter Fragen, die mir so im Kopf rum schwirrten. Überzeugung schwang in seiner Stimme mit, als er antwortete: „Ja. Um ehrlich zu sein schon." Fassungslos blinzelte ich. Doch er ließ mich überhaupt nicht dazu kommen, weiter darüber zu diskutieren. „Und wenn Sirius herausfindet, dass Adelaide sich in seiner Obhut befindet wird er sie wecken wollen."

„Er weiß, dass kann er nicht.", erwiderte ich. „Wir reden hier über Sirius. Er wird einen Weg finden. Und wenn er das nicht tut, dann wird er mich finden."

„Dann musst du ihm sagen, dass er sie nicht wecken kann, bevor Harry nicht fünfzehn wird. Dagegen kann niemand etwas tun. Adelaide hat Dumbledore höchst persönlich aufgetragen, dafür zu sorgen." Es war eine verfluchte Zwickmühle. Remus überlegte. „Dann-" Er sprang auf und begann von Neuem auf und ab zu gehen. „Wir müssen Sirius nicht sagen, dass wir sie in den Grimmauldplatz gebracht haben." Schockiert verfolgten meine Augen ihn. „Das meinst du nicht wirklich ernst, oder?" Die Hände in die Seiten gestützt stand er wortlos da. Das er dazu nichts sagte, sagte mir absolut alles. Verständnislos starrte ich ihn an. „Bei Merlins Bart. Das ist doch vollkommen verrückt. Sirius weiß, dass ihr Leichnam irgendwo da draußen ist. Er wird sie finden wollen und es auch tun. Es wird die Situation nicht besser machen, wenn du auch ihn in Unwissen lässt. Er wird wütend auf dich sein. Und auf mich."

„Aber es wird ihn verrückt machen, wenn sie bei ihm ist, aber nicht bei ihm sein kann. Könntest du das etwa?"

„Nein, aber-" Meine Versuche waren zwecklos. Argumentieren war zwar eigentlich weder meine, noch seine Stärke. Aber was dieses Thema anging hatte ich gegen ihn, beim besten Willen, keine Chance. „Siehst du? Wir sagen es ihm nicht. Noch nicht." Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare. „Ich übernehme auch die volle Verantwortung dafür.", versprach Remus mir. Dennoch unzufrieden ließ ich mich tiefer in die Polster sacken. „Ja, ja. Ist gut. Ist ja gut." Ich hatte nachgegeben. Wie immer. Ich war einfach zu nachgiebig. Gott verdammt.

„Du hast ihn aber nicht ins Schloss gelassen, oder?" Dieses Mal sah er mich fassungslos an. Die Frage kam für ihn einer Beleidigung nahe. „Ich? Was denkst du denn von mir? Er ist mein Freund. Aber, bei Merlin, dafür will ich nicht verantwortlich sein. Er schafft es auch ganz alleine, Chaos zu hinterlassen. Dafür braucht er meine Hilfe nicht." Beschwichtigend hob ich meine Arme. „Wie kommst du darauf? Hat Snape mit dir geredet?"

„Als ob ich mir von Severus noch was einreden lasse. Pf, nein. Ich denke nur, ich habe eine Berechtigung, diese Frage zu stellen." Uns beiden war klar, dass Sirius unschuldig war. Also wollten wir, dass Harry ihn kennenlernte. Aber die ganze Welt dachte, dass Sirius schuldig war. Und wenn jemand herausfinden würde, dass Remus einen flüchtigen Gefangenen in Hogwarts Zutritt verschafft hat, dann würden sie Remus wegen Beihilfe zum Mord an Harry Potter angeklagt. Und dann hätte ich sie alle verloren.

Da Remus mich immer noch so grimmig ansah, fügte ich verzweifelt bei: „Das ist keine Anschuldigung, Remus. Bitte versteh mich nicht falsch. Ich will es nur wissen." Seine Miene wurde weicher. Voller Aufrichtigkeit sah er mich an. „Ich habe ihn nicht ins Schloss gelassen.", versicherte er mir. „Dann glaube ich dir."

GOLDING (Remus Lupin FF)Where stories live. Discover now