Das Drama um den Hippogreif

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Das Gejammer eines Jungen hallte über den gesamten Gang. Hagrid redete panisch aber bemüht beruhigend auf den Jungen ein. Als die beiden an meiner geöffneten Bürotür vorbeikamen, erhaschte ich einen Blick auf Hagrid, in dessen Arm der vor Schmerzen gequälte Draco Malfoy jammernd seinen offenbar verletzten Arm hielt.

Sofort sprang ich auf und folgte den beiden nach gegenüber in den Krankenflügel. „Hagrid, was ist passiert?", fragte ich aufgebracht. „Seidenschnabel, er- Er hat Malfoy gebissen."

„Warte nur —Ah!— bis mein Vater davon hört." Ich verdrehte meine Augen. Diese Spruch hatte damals sogar Lucius immer schon gesagt. Und Klein Malfoy führte die Tradition weiter, selbst, wenn er vor Schmerzen aufschrie. Unglaublich. Hagrid hatte den verletzten Jungen auf einer Liege abgelegt und starrte wie hypnotisiert auf ihn herunter. Ich war hinter ihm stehen geblieben. „Hagrid, du kannst deine Schüler doch nicht so nah an einen Hippogreif lassen. Du weißt, wie gefährlich es werden kann." Poppy war mittlerweile auch herbeigeeilt um Dracos Arm zu versorgen. „Aber er hat doch gar nichts Böses getan." Ich griff rücksichtsvoll nach seinem Arm und führte ihn von dem Krankenbett weg. „Darum geht es mir doch gar nicht, Hagrid. Seidenschnabel ist immer noch ein lebendes Wesen. Wenn Seidenschnabel sich bedroht fühlt, dann weiß er sich zu verteidigen. Malfoy nicht. Ich bin mir sehr sicher, du hast ihn gewarnt, aber das sind Kinder. Du musst aufpassen, dass so etwas nicht passiert." Ich ging mit Hagrid rüber in mein Büro, damit Poppy in Ruhe ihren Job erledigen konnte.

„Aber ich wollte doch gar nicht, dass jemand verletzt wird.", stotterte Hagrid zutiefst bestürzt. „Ich weiß.", seufzte ich. „Ich weiß. Setzt dich erstmal hin. Poppy kümmert sich um Malfoy und in Null Komma Nichts geht es ihm wieder prächtig."

„Okay." Mit einem Krachen ließ er sich auf meine Couch fallen, die unter seinem Gewicht in zwei Teile zerbrach.

Keine Woche später wartete ich mit ein paar Eltern im Büro des Schulleiters. Lucius hatte natürlich von dem Unfall erfahren und sofort ein riesiges Drama daraus gemacht. Ja, jemand war verletzt worden. Mir war aber sehr wohl bewusst, dass es Lucius herzlich egal gewesen wäre, wenn jemand anderes das verletzt worden wäre. Doch zu unserem Pech hatte es gerade Draco erwischt. Und da war Lucius empfindlich.

„Eleonor."

„Lucius.", begrüßte ich den grimmig dreinschauenden Mann lächelnd. Ich hatte mir in meiner Schulzeit längst angewöhnt, Slytherins mit einem Lächeln zu begegnen. Aus meiner Erfahrung, und dank Adelaides Geschichten, wusste ich mittlerweile, dass die meisten Slytherins zu selten ein Lächeln sahen. Auch, wenn sie erwachsen waren. Hinter Lucius betrat Draco den Raum, leicht den Kopf gesenkt, ganz der einschüchternden Anwesenheit seines Vaters zu verschulden.

„Dann sind ja jetzt alle da. Setzten Sie sich." Wir nahmen auf den uns zugewiesenen Sitzen platz. Es war keine kleine, dennoch eine überschaubare Runde. Hagrid und ich, Lucius und Sohn, Professor Dumbledore und der Zauberminister und der Rest des Elternrates. „Wir haben uns heute hier versammelt, über den Fortgang des Hippogreifs Seidenschnabel zu verhandeln." Der Minister berichtete über die Geschehnisse der letzten Woche.

Dann gab er das Wort an Hagrid weiter. Er erzählte ausschweifend und emotional darüber, wie unglaublich toll Seidenschnabel war. All die Dinge, die er mir die letzten Wochen immer von Neuem vorgeschwärmt hatte. Dieselbe Erfahrung die ich am ersten Tag auch gemacht hatte. Hagrid berichtete sehr anrührend. Tatsächlich sahen viele der Eltern sehr bewegt aus.

Doch sobald Familie Malfoy das Wort erhob, war alles wieder verflogen. „Mister Malfoy, haben Sie selbst irgendetwas dazu zu sagen?", erkundigte sich Professor Dumbledore bei dem Jungen mit streng hochgezogener Augenbraue. „Nicht das ich wüsste.", antwortete er überzeugt. Malfoy wollte seine Arme vor der Brust verschränken, merkte aber schnell, dass das mit sein dem Gipsarm nicht funktioniert. „Sie haben also nicht die Warnung Ihres Professors willentlich missachtet und sich damit in Gefahr gebracht?" Er schüttelte seinen Kopf. „Wieso sollte ich das tun? Ich bin doch nicht blöd."

GOLDING (Remus Lupin FF)Where stories live. Discover now