behind the screen

Kapitel 67

Kräftig biss ich mir auf den Finger, um wieder ins Hier und Jetzt zu kommen. Nein, nein, nein! Nicht nur, dass das total unrealistisch war und ich mir langsam echt sorgen um meine Tagträumereien machen sollte, inzwischen hatte ich nur noch sechzehn Minuten und immer noch ein leeres Blatt!

Bevor meine Gedanken wieder abtrifteten kritzelte ich schnell meinen Namen in die obere Ecke und las mir die erste Aufgabe durch. Erleichtert atmete ich auf, als ich bemerkte, dass ich zumindest diese Aufgabe mit dem Wissen der letzten Stunde lösen konnte.

Aus Angst mir könnte die Antwort entfallen und ein Bild von einem heißen dunkelhaarigem Typen mit Sixpack könnte sich in meinen Kopf schleichen, beeilte ich mich mein Ergebnis aufzuschreiben und wandte mich der zweiten Aufgabe zu.

Hier wurde es schon kniffliger und mich allzu lange auf eine Lösung zu konzentrieren war kaum drin.

Immer wenn ich abzuschweifen drohte biss ich mir kräftig auf die Zunge, den Finger oder was auch immer, damit mich der kurze Schmerz wieder aus den Träumereien zurück holte.

Glücklicher Weise bestand die HÜ nur aus drei Nummern und auch das Ergebnis der zweiten schien mir ziemlich logisch. Die dritte warf mir jedoch ein unlösbares Rätsel auf. Ein Blick auf die Uhr verriet mir allerdings eh, dass wir nur noch drei Minuten Zeit hatten und so kritzelte ich noch irgendeinen Ansatz hin, bevor Mr. Ich-muss-meinen-Schülern-ja-unbedingt-eine-HÜ-reindrücken in die Hände klatschte und zwei Mädchen aus der hintersten Reihe aufforderte die Blätter ihrer Mitschüler einzusammeln.

Sobald die ersten abgegeben hatten wurde es natürlich laut im Saal, da jeder sich bei seinem Nachbar beschweren musste, wie scheiße die Aufgaben gewesen waren und auch ich hätte da einige Sachen einzuwerfen. Jedoch schob ich die HÜ einfach in ein kleines Eck meines Hirnes und widmete mich wieder wichtigeren Sachen. Also wo war ich stehen geblieben: Ich drückte Dyan an die Spinde und...

So langsam begann ich wirklich diesen Lehrer zu hassen. Laut Brüllend sorgte er für Ruhe und begann sofort mit dem neuem Thema. Welcher Lehrer musste nach einem Test auch noch mit dem nächsten Thema anfangen?! Stöhnend ließ ich meinen Kopf auf den Tisch fallen. Wenn ich es diesem Arsch nicht zu trauen würde, nächste Stunde gleich wieder einen Test zu schreiben, hätte ich schon allein aus Protest meine Sachen geschnappt und wäre gegangen, so jedoch durfte ich weitere zwanzig Minuten damit verbringen, diesem aufgeblasenen Hornochsen zuzuhören und mir halbwegs passende Notizen aufzuschreiben, während ich gegen die Erinnerung ankämpfte, wie es war Dyan zu küssen.

Am Ende der Stunde hatte ich kleine rote Male auf meinen Fingern, wo ich mir immer wieder drauf gebissen hatte und meine Zunge blutete wahrscheinlich an mehr als nur einer Stelle. Aber wenigstens war jetzt endlich Pause!!

Als einer der ersten stürmte ich aus dem Saal und schloss mich der Schülermenge an, die alle auf die Cafeteria zusteuerten. Von den anderen war noch nichts zu sehen, als ich den großen Saal mit den vielen Esstischen betrat und so ließ ich einfach meine Schultasche auf einen Stuhl an unserem üblichen Platz fallen und stellte mich schon mal an der Essensausgabe an.

Erst jetzt, als ich Dyan bald wieder gegenüber stehen würde, spürte ich, wie ich nervös wurde. Innerhalb einer halben Minute musste ich mir zweimal meine verschwitzten Hände an der Hose abwischen und jedes Mal, wenn eine weitere Schülergruppe zur Mittagspause hereinkam, hielt ich hektisch nach seinem dunklen Haarschopf ausschau. Allerdings war dieser nie zu finden und grausamer Weise schien das meine Nervosität nur noch zu steigern.

Erst als die Cafeteriadame sich kräftig räusperte, fiel mir auf, dass ich bereits an der Reihe war und bestellte schnell mein übliches Sandwich und ein Wasser. Schon jetzt von uns Schülern angenervt murmelte sie etwas von Jugendlichen und einer Aufmerksamkeitsspanne von Goldfischen und leider konnte ich ihr da heute in meinem Fall nicht widersprechen, denn mein Blick war schon längst wieder zur Tür geglitten. Und dieses Mal fand ich ein bekanntes Gesicht. Aber eins, dass ich am liebsten gar nicht kennen würde.