#34-Gefühlscocktails und ein neuer Job.

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„Hey ihr beiden! Schön, dass ihr so pünktlich seid", begrüßt uns die Direktorin, die ich nun zum ersten Mal bewusst anschaue. Sie ist eine kleine, bunte Person, mit einem sehr offenen Lächeln und einer ziemlich verrückten Brille. Außerdem trägt sie einen kurzen, roten Bob, deren Farbe perfekt auf ihrem knalligen Lippenstift abgestimmt ist.

Krass! So hatte ich mir die Direktorin einer Tanzschule nicht wirklich vorgestellt. Ich meine, ich kenne schließlich Isi. Groß, durchtrainiert und immer sportlich angezogen. Geschminkt habe ich sie bis jetzt nur einmal gesehen. An dem Tag, als sie ihre letzte Aufführung mit ihrem damaligen Tanzpartner hatte, der nun ihr glücklicher Ehemann ist. Da war sie geschminkt, aber auch nicht wirklich viel.

Die Person, die jetzt vor mir sitzt, macht einen ganz anderen Eindruck auf mich. Sie sieht eher so aus, als wäre sie Leiterin eines Kindergartens oder einer Grundschule.

„Wir freuen uns auch sehr hier sein zu dürfen!", Kevin ist immer noch damit beschäftigt die kleine Ava verwirrt anzuschauen. Ich kann es total verstehen, ich meine wie wahrscheinlich ist es, dass du in einen fremden Ort kommst und dich dort ein Mädchen erkennt, dass nicht einmal in deinem Alter ist.

Einen kurzen Blick in Jace Richtung kann ich mir nicht verkneifen, dieser starrt wie gebannt auf den Boden, während er mit seiner rechten Hand Ava auf den Stuhl festhält. Ich mustere seine große Hand und muss prompt daran denken, wie sie an diesem einen heiligem Abend auf meiner Hüfte gelegen, über meine Wange gestrichen hat.

Natürlich folgt erstmal eine ausgewachsene Gänsehaut- gibt es so etwas überhaupt? Eine ausgewachsene Gänsehaut? Wenn nicht, dann habe ich es gerade erfunden. So intensiv stellen sich die Haare an meinem Körper auf.

Verdammt, Themawechsel!

Dieser kommt auch unerwartet schnell, wenn auch nicht wirklich in die Richtung in der ich es gerne hätte. Frau ichKenneIhrenNamenImmerNochNicht klatscht auf einmal mit einem begeisterten Gesichtsausdruck in ihre kleinen Hände.

„Das Timing ist perfekt! Auch wenn ich keinen blassen Schimmer habe, warum Ava dich, Stella kennt, finde ich trotzdem, das es einem Schicksalsschlag gleicht!"

Ich muss mich wirklich sehr zusammenreißen, dass ich nicht laut anfange zu lachen. Schicksal? Wenn das alles kein Schicksal ist, fresse ich einen Besen. So viel Schicksal, wie mir in den letzten Monat über den Weg gelaufen ist, kann ein einziger Mensch eigentlich gar nicht verarbeiten. Wenn ich Recht überlege kann ich aus dieser Sicht ernsthaft stolz darauf sein, dass ich an meinem Schicksal noch nicht verreckt bin.

Ok, ganz böser Humor Stella.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich könnte schwören, dass mich aus diesem Gedanken heraus meine Schicksalsengel von oben böse und tadelnd mustern. Ja, ja ist ja schon gut. Schicksal ist eine ganz tolle Sache.

Innerlich verdrehe ich die Augen.

Ich bin überrascht, dass niemand von den Beteiligten mal nachhakt warum mich ein kleines Mädchen aus einer völlig anderen Nation wiedererkennt, doch gleichzeitig bin ich ziemlich erleichtert darüber. Was hätte ich denn sagen sollen?

Ja, ich hatte was mit ihrem großen Bruder auf der Hochzeit meiner Tante, der Arsch war am Anfang auch noch ganz nett, dann hat er mich aber unergründlicher Weise einfach stehen lassen und ignoriert mich seit dem.

Ich glaube die Kinderfreundin würde mich direkt nach Hause schicken.

„Warum soll das denn Schicksal sein?", kichere ich verunsichert und hoffe dass es sich nicht paranoid anhört.

Jace zuckt beim Erklingen meiner Stimme leicht zusammen. Ich bin mir sicher, dass niemand außer mir etwas davon bemerkt hat. Doch ich finde es ehrlich gemein. Verabscheut er mich auf einmal so doll, dass er nicht mal meine Stimme ertragen kann?

Was ist schon perfekt?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt