Kapitel 10

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Draco lächelte als Aurora entschieden quietschte und ihn regelrecht anstrahlte. Er beugte sich vor, küsste sie auf die Wange, bevor er so tat, als würde er sie kitzeln und das reichte bereits aus, um sie erneut zum Glucksen zubringen. Sie griff etwas ungeschickt nach Dracos Hand und schnappte sich einen Finger, bevor sie Draco wieder losließ und sie ihre kleine Faust in ihren kleinen Mund schob. Sie war wunderbar. Sein Sonnenschein.
„Du solltest das nicht zu lange zulassen", meinte Mrs. Weasley plötzlich und Draco sah auf. „Wenn sie beginnt mit dem Daumenlutschen, verunförmigt das nur ihren kleinen Kiefer.
Draco zog die Brauen nach oben.
„Ich denke nicht, dass sie an ihrem Daumen nuckelt, sondern an ihrer Hand."
Und das war eher ein Zeichen dafür, dass sie langsam hungrig wurde. Mrs. Weasley ging darauf gar nicht ein.
„Ich hatte bei meinen Kindern dafür kleine Fäustlinge."
Draco rollte mit den Augen und strich sanft über Auroras runde Wangen. Er würde ihr ganz sicher keine Fäustlinge anziehen.

„Ich denke, sie braucht einfach ein Fläschchen, das ist alles", entgegnete er und hob seine Tochter hoch, um an die Küchenzeile zu gehen.
Mrs. Weasley sah ihm dabei zu, wie er versuchte, das Fläschchen aufzuwärmen, als sie schnaubte und ihm Aurora abnahm, was es wesentlich leichter machte. Wieso sah das bei Astoria immer so einfach aus? Sie schien kein Problem damit zuhaben Dinge gleichzeitig zu machen, während sie Aurora im Arm hatte.
„Ich wünschte, du würdest aufhören, dich von Astoria fernzuhalten", sprach Mrs. Weasley und setzte sich mit Aurora an den Küchentisch. „Das ist doch kein Dauerzustand." Nun im Grunde sah er das auch so. Innerlich fluchte er oft, wenn Astoria schon nicht da war oder sich hastig verabschiedete, wenn er vorbeikam. Sie war recht kühl zu ihm. Distanziert. Und das war sicher nicht das, was er gewollt hatte. Er wollte Abstand, aber nicht, dass sie ihn schnitt. „Ihr habt ein gemeinsames Kind", erklärte die Ältere mahnend. Als wüsste er das nicht. „Ihr müsst euch aussprechen, Draco. Dringend."

Er bezweifelte, dass das irgendetwas bringen würde. Er hatte versucht mit Pansy darüber zu reden. Darüber, was Astoria ihr vorwarf und sie war regelrecht explodiert.
„Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht lüge", hatte sie verzweifelt ihn angefahren. „Wieso glaubst du ihr mehr als mir? Wir kennen uns ein Leben lang. Und sie? Wie lange kennst du Greengrass?" Nun im Grunde gar nicht, weil er sich daran nicht erinnern konnte. „Wieso sollte ich dich angreifen, wenn du mir das Leben rettest?"
Darauf hatte er auch keine Antwort. Er wusste nur, dass Pansy mit ihm nicht mehr sprach, weil sie beleidigt war, dass er das Thema nochmal angesprochen hatte und Astoria ihn mied, weil er es selbst verlangt hatte, und im Grunde bereute er das schon wieder. Vielleicht war es ja nur eine Vermutung von Astoria, aber sie irrte sich, was Pansy betraf. Pansy, die auch jetzt eingeschnappt war. Waren den alle Frauen in seiner Umgebung verrückt?

Er lächelte milde als er das Fläschchen warm gemacht hatte und Aurora wieder auf seinen Arm nahm um sie zufüttern. Außer sein kleines Mädchen. Hoffentlich wurde sie nie so hysterisch und nachtragend, sondern blieb für immer sein kleiner Engel.
„Wie wollt ihr Weihnachten feiern, wenn ihr nicht miteinander redet?", fragte Molly weiter und Draco atmete schwer aus.
„Ich werde auf jeden Fall hierherkommen."
Er wollte bei Aurora sein.
„Schön. Aber du kannst nicht von Astoria verlangen, dass sie den ganzen Heiligabend und die Feiertage sich verkriecht, nur weil du da bist. Sie wird auch mit ihrem kleinen Mädchen feiern wollen."
Das war ihm bewusst.
„Ich rede mit ihr. Versprochen."
„Heute noch", verlangte Mrs. Weasley und Draco nickte abgehackt.
Sie war wie eine Übermutter, die alles und jeden kontrollieren wollte. Aber sie hatte recht. Es musste geklärt werden.

Er würde einfach warten. Sie war mit Fred unterwegs. Spazieren, hatte es Ginny vorhin genannt als er angekommen war und Draco spürte wieder diese innere Unruhe. Er hatte sich eigentlich mit den Weasley Zwillinge immer gut verstanden, seitdem er beim Orden war. Doch seitdem Fred so viel Zeit mit Astoria verbrachte, spürte er eine innere Unzufriedenheit und den Drang Fred Weasley zusammenzuschlagen. Er wollte es nicht Eifersucht nennen, denn was wusste er schon von der Beziehung zu Astoria und ihm selbst? Aber es fühlte sich so an. Er hatte das Gefühl, dass Fred Weasley sich ein drängte in dem Konstrukt von Astoria, Aurora und Draco selbst und das mochte er einfach nicht. Nein, er hasste es sogar. Auch wie Fred mit Aurora umging. Es war nicht wie die anderen... er führte sich wie Auroras Vater auf und das nervte Draco nur noch mehr, denn er war Auroras Vater und von dieser Rolle würde er keinen Zentimeter weichen.

Draco und Molly Weasley sahen irritiert auf als es an der Haustür klopfte und sie stand auf.
„Wer ist das denn?"
Fast niemand vom Orden klopfte hier an. Es war einer der Stützpunkte. Man kam und ging einfach. Anderseits konnte niemand ohne Berechtigung hier auf das Grundstück. Er kannte die Stimme nicht, die Hallo sagte und nach Astoria fragte, als Molly die Tür öffnete, brachte aber Draco in Alarmbereitschaft. Welcher Fremde würde nach Astoria fragen? Das ergab keinen Sinn. Er unterbrach das Füttern von Aurora und legte sie in die Babywippe, wo sie unmutig nörgelte.
„Ich weiß. Ich weiß, gleich", versuchte er sie zu beruhigen, bevor er sich von seiner Tochter abwandte und zu Mrs. Weasley ging, die immer noch an der geöffneten Tür stand.

Der Mann, der vor der Tür stand, hatte rabenschwarzes, etwas verwuscheltes Haar, einen drei Tage Bart und braune Augen, die sich verengten, als er Draco sah.
„Malfoy?" Dracos Brauen wanderten nach oben.
„Kennen wir uns?"
Denn er war sich sicher, diesen Mann noch nie in seinem Leben gesehen zu haben.
„Nein", sprach der Mann kühl. „Aber ich kenne deinen Vater." Draco verstand gar nichts mehr. „Was macht ein Malfoy beim Orden?"
Er wollte etwas sagen, doch Molly legte mit Bestimmtheit eine Hand auf Dracos Schulter.
„Draco ist schon seit einigen Monaten beim Orden. Er ist ein vollständiges Mitglied und wir vertrauen ihm."
Der Mann, in einem dunklen Reisemantel gehüllt, schnaubte und Draco spürte Wut in sich aufkeimen.
„Und wer sind sie? Und vor allem wie kommen sie hierher?"
„Kingsley hat ihm Zugang gewährt", antwortete der Fremde und Molly wirkte ebenso misstrauisch dem Mann gegenüber, wie Draco wohl selbst.
Wieso gewährte Kingsley jemand fremden Zugang?

„Ich sagte, bereits. Ich suche Astoria", erklärte der Mann und Dracos Stirn zog sich noch mehr kraus.
Das hatte er verstanden. Die Frage war nur, wer war der Mann und was wollte er von Astoria?
„Onkel Hektor?", fragte eine vertraute Stimme und der Mann sah sich um, als scheinbar Fred mit Astoria vom Spaziergang wieder kam. Onkel Hektor? Wie kam er hierher? „Onkel Hektor", wiederholte Astoria erfreut und war mit wenigen Schritten bei ihrem Onkel, um ihm um den Hals zu fallen. Der Mann schien einen Moment beinahe überfordert, bevor er seine Arme um Astoria schloss und sich dann löste, nur um ihr Gesicht zu umfassen.
„Lass dich ansehen. Du bist genauso hübsch wie deine Mutter. Aber du hast eindeutig die Augen unseres Familienzweigs."
Astoria schüttelte kaum sichtbar den Kopf.
„Wie... wie kommst du hierher?"
„Ich habe ihn hierher gebracht", sprach Kingsley und Dracos Kiefer spannte sich noch mehr an als Kingsley das Grundstück erreichte.

Sie gingen ins Haus und während Astoria mit ihrem Onkel und Aurora nach oben verschwand, fragte Molly leise und aufgeregt, wie es sein konnte, dass Astorias Onkel, der angeblich im Ausland war, plötzlich hier in England war. Kingsleys Story war schnell erzählt. Er war unterwegs gewesen im Ministerium und war dabei Hektor Greengrass über den Weg gelaufen. Einfach so.
„Das ergibt keinen Sinn", murrte Draco und spürte die Unruhe in sich aufsteigen.
„Natürlich ergibt es keinen Sinn.", schimpfte Molly Weasley.
„Er hat Kontakte", unterbrach Kingsley sie beide und Draco presste seine Lippen fest zusammen. „Ich weiß nicht, wen er bezahlt und schmieren musste. Aber er hat es geschafft, ohne Probleme ins englische Ministerium zu reisen und so wie ich das einschätze, wird er auch kein Problem damit haben England wieder zu verlassen."

Und dabei Astoria und Dracos Tochter mitnehmen? Auf gar keinen Fall.
„Das gilt vielleicht für ihn. Aber was ist mit Astoria? Sie wird gesucht, oder nicht?", schimpfte die Ältere aufgebracht. „Sie kann nicht einfach so ins Ministerium stiefeln und England verlassen." Das sah Draco genauso. „Bei Merlin, wieso ist er überhaupt hier?"
„Astoria hat ihm geschrieben", antwortete Kingsley tonlos und sie sahen sich alle an, bevor Mrs. Weasley nach Luft schnappte.
„Wie bitte? Artur hat gesagt, es wurde einstimmig beschlossen..."
„Scheinbar war das Astoria egal.", erwiderte Kingsley und Mrs. Weasley fluchte etwas Unverständliches vor sich hin.
Wunderbar. Sie hatte sich also nicht an die Abmachung gehalten. Ganz große Klasse dachte Draco bitter und starrte hoch zur Decke.





Sie waren nach oben gegangen und Hektor hatte sie immer wieder umarmt. Sie hatten beide geweint, bevor Aurora sich lautstark bemerkbar gemacht hatte und Astoria ihr ein Fläschchen gegeben hatte und dann erzählt hatte. Alles erzählt hatte, was ihr einfiel. Die Entführung und Gefangenschaft in Manor. Draco, der sich um sie gekümmert hatte. Wie sie zusammengekommen waren und sein Plan. Ihre eigene Flucht, als er nicht mehr aufgetaucht war. Dracos Gedächtnisverlust und ihre Vermutung über Parkinson. Den Tod ihrer Familie. Auroras Geburt. Einfach alles, was ihr einfiel und Hektor hörte aufmerksam zu. Er hatte ein wenig Ähnlichkeit mit ihrem Vater. Vor allem wohl seine Augen. Er war etwas kleiner als Hyperion und wesentlich schmaler, wenn auch nicht dürr. Er war auf jeden Fall noch größer als Astoria selbst. Sein Haar wirkte zerwuschelt und sie erkannte bereits ein paar graue Haare darin. Nicht viele. Nur ein paar. Ihr Vater hatte immer korrekt gekämmtes Haar. Hektor wirkte trotz seiner dunklen Hose und dem dunkelblauen Samtjackett beinahe verwegen und das nur wegen der Frisur und dem Bart.

Er hielt Aurora im Arm und lächelte als diese ihren Mund verzog und gähnte.
„Sie ist so hübsch wie du", sprach er leise. „Sie sieht dir sehr, sehr ähnlich."
Astoria lächelte milde, bevor sie sich auf den Rand ihres Bettes setzte, nur um gegenüber ihrem Onkel zu sitzen, der im Sessel saß.
„Ich denke, sie sieht Draco ähnlicher."
Hektor schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich meine, ja, sie hat seine Haare, eindeutig. Aber sie sieht dir ähnlich. Sie hat das gleiche hübsche Gesicht wie du damals als Baby. Das gleiche Lächeln." Astoria spürte wie sich ihre Mundwinkel noch mehr hoben und Hektor sah zur ihr grinsend auf. „Das liegt in der Familie. Deine Mutter war eine Schönheit und das hat sie an euch Kinder weitergegeben." Ja, vielleicht. Hektor sah wieder auf Aurora. „Malfoy also", sprach er und Astoria legte etwas den Kopf schief.

„Du scheinst so, als würdest du ihn nicht leiden können."
Er schüttelte fahrig den Kopf und blickte weiterhin auf Aurora.
„Ich kenne deinen Draco nicht." Momentan war er nicht ihr Draco, aber sie sagte dazu nichts weiter. „Ich kenne nur sein Vater und der war zu meiner Zeit ein Riesenarschloch."
„Nun, ich versichere dir, dass Draco das nicht ist. Auch wenn es vielleicht so wirkt, weil er sich nicht erinnert. Was aber nicht seine Schuld ist."
„Du musst dich nicht rechtfertigen, Astoria", wehrte er ab. „Ich... muss mich daran gewöhnen. Das ist alles. Und ich darf wohl Lucius Malfoys Sohn nicht mit ihm gleichsetzen."
Das sollte er wirklich nicht tun.

„Onkel", sprach sie nach einer Weile der Stille und er sah mit diesen vertrauten Augen auf, die sie von ihrem Vater kannte. „Wie bist du hierhergekommen?"
Er lachte etwas.
„Oh, das war leichter als du glaubst." War es das? „In dieser Hinsicht wird sich wohl nie etwas ändern. Mit genügend Gold kann man alles kaufen."
Kaufen?
„Was musstest du bezahlen?", fragte sie leise und er lächelte schief.
„Das ist nicht wichtig. Gold spielt keine Rolle und ich musste nur meine Verbindung in England bezahlen." Er legte den Kopf schief. „Die Frage ist, bist du bereit mitzukommen?" Ihr Herz schlug schnell. „Ich habe deinen Brief ja erhalten.", fuhr er fort und hielt Aurora im Arm, während er mit der anderen Hand in seine Brusttasche griff und nach einem zusammengefalteten Papier griff, und ihr reichte.
Sie entfaltete diese und konnte kaum glauben, was sie da las. Es waren zwei Blätter. Zwei beglaubigte Blätter des französischen Ministeriums.

„Deinem Gesichtsausdruck zu beurteilen, hat Hyperion seinen Kindern auch Französisch beibringen lassen, so wie es unsere Eltern bei uns getan haben."
Natürlich hatte er das. Sie sah wieder auf die Dokumente. Es waren beglaubigte Anträge zur Ausreise und zur Berechtigung in Frankreich Asyl zubekommen.
„Wie konntest du so schnell das schaffen?", fragte sie und er lächelte weiterhin.
„Astoria, ich bin ein sehr reicher Mann mit sehr viel Einfluss und Macht in Frankreich." Sie konnte es kaum fassen. Sie hatte mit Monaten gerechnet. „Tori", sprach Hektor leise. „Komm mit mir. Aurora und du. Ich kann niemals deine Familie ersetzen. Unsere Familie. Aber ich kann dich in Sicherheit bringen. Dich und dein Kind. Denn England ist schon lange kein sicherer Ort mehr."
Sie wischte sich über die Wange. Versuchte sich zu beruhigen.
„Draco...", wisperte sie schwer und ihr Onkel schüttelte den Kopf.
„Ich kann ihm nicht helfen. Er trägt das Mal. In Frankreich würde man ihn sofort festnehmen und nach dem Gesetz ins Gefängnis schmeißen. Egal was er getan hat oder nicht. In Frankreich gehen sie einer strengen Politik nach, was die Anhänger des Dunkeln Lords betrifft."

Astoria bezweifelte, dass Draco mitkam. Er wollte ja nicht einmal mit ihr reden. Außerdem erinnerte er sich nicht an ihre gemeinsame Zeit. Der einzige Beweis dafür war ihre gemeinsame Tochter.
„Tori", sagte Hektor nachdrücklich und sie sah ihn an. „Du musst jetzt an Aurora und an dich denken." Sie sah auf ihr kleines Mädchen. „Sie ist nicht sicher und du bist es auch nicht. Nicht nur, weil du die Tochter deines Vaters bist. Sondern, weil es auch Aurora gibt."
Das wusste sie. Draco war ihr Vater und ihr Vater war ein Verräter des Dunklen Lords. Sie schniefte.
„Ist es denn auch sicher, wenn wir gehen? Lässt man uns gehen?"
Sein Blick war milde.
„Ja. Wir werden so das Land verlassen, wie ich eingereist bin. Keine Fragen. Keine Gefahr. Das kann ich dir versprechen. Ich würde weder dein Leben noch das deiner Tochter riskieren, Tori." Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. „Ihr seid meine einzige Familie. Die einzige Familie die ich noch habe, Astoria. Ich werde euch beschützen, mit meinem Leben. Du musst nur zustimmen und mitkommen. Nichts weiter."





Draco hatte sich davon abgehalten nach oben zugehen. Er hatte gewartete und als Hektor endlich herunterkam und Kingsley bat eine Unterkunft für ihn zu suchen und Mrs. Weasley damit ankam, dass er sicher nicht irgendwo untergebracht werden würde, sondern beim Orden bleiben sollte, ging Draco nach oben. Er blieb in der Tür stehen, als er sah, dass Astoria Aurora zudeckte in ihrem Bettchen.
„Du gehst, oder?", fragte er und sie wandte den Kopf. Er trat weiter ins Zimmer. „Du gehst und nimmst mir meine Tochter weg."
„Draco", seufzte sie und stand dabei auf.
„Oder?"
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich nehme dir gar nichts weg und das weißt du."
Er ballte die Fäuste.
„Wie würdest du das denn sonst nennen, wenn du nach Frankreich gehst und Aurora mitnimmst?"
Sie trat weiter auf ihn zu.
„Ich will sie in Sicherheit wissen. Weg vom Krieg. Weg vom Versteckt sein", antwortete sie eindringlich. „Das würdest du doch auch wollen, oder nicht? Dass sie in Sicherheit ist. Unbeschwert aufwächst und... ein normales Leben lebt."

Natürlich wollte er das, aber er wollte sie auch nicht hergeben. Egal wie egoistisch das klang.
„Wieso hast du ihm überhaupt geschrieben? Wir haben es verboten."
„Verboten?", fragte sie aufgebracht nach und wandte den Kopf, doch Aurora schlief Selig weiter.
„Er ist mein Onkel. Habt ihr wirklich geglaubt, ich würde ihn ignorieren?"
„Ihr seid doch in Sicherheit und..."
„Für wie lange?", unterbrach Astoria ihn. „Soll Aurora für immer versteckt bleiben?" Er kniff die Lippen zusammen. „Du weißt selbst nicht, wie lange dieser Krieg noch geht und wie er ausgehen wird. Was glaubst du machen die mit mir oder deiner Tochter, wenn sie uns finden?" Er wollte daran nicht denken, denn bei diesen Gedanken wurde ihm nur schlecht. Er zuckte zusammen, als sie nach seinen Händen griff und flehend zu ihm aufsah. „Ich will sie dir nicht wegnehmen. Sie ist und bleibt deine Tochter. Unser Kind. Aber ich will sie in Sicherheit wissen."

Er schluckte hart.
„Ich kann nicht nach Frankreich."
Sie nickte mit gesenktem Blick.
„Ja ich weiß. Noch nicht. Aber auch das kann sich ändern. Und wenn der Krieg vorbei ist, dann komme ich wieder und..." Sie atmete schwer aus. „Ich verspreche dir, dass ich sie dir nicht vorenthalte, aber ich muss etwas tun. Für Aurora."
Er wurde panisch. Er spürte es deutlich.
„Und was ist mit uns?", hörte er sich fragen, bevor er weiter darüber nachdachte.
In ihren Augen regte sich etwas, bevor sie den Kopf senkte und er drei oder vier Tränen über ihre Wangen rollen sah.
„Kannst du dich denn erinnern?"
Er schüttelte kaum sichtbar den Kopf. Natürlich nicht. Aber er hatte das Gefühl, dass wenn sie ging, dass er noch weniger die Chance hatte sich wieder zu erinnern.
„Du darfst nicht gehen", sprach er. „Ich... ich brauch dich hier."
Sie murmelte schwer seinen Namen und er zuckte zusammen als sie sein Gesicht sanft umfasste, sich etwas streckte und ihn küsste.

Zart und vorsichtig. Er war einen Moment perplex, bevor er den Kuss erwiderte. Sie hatte warme, zarte Lippen. Als sie sich löste, sah sie ihn suchend an. Abwartend.
„Und?"
Er schüttelte den Kopf und sie senkte ihre Hände von seinem Gesicht und ihre Augen füllten sich mit neuen Tränen.
„Tori...", sprach er schwer, weil irgendetwas in ihm innerlich zerriss.
Es nicht ertrug, sie so zu sehen.
„Ich kann nicht nur hierbleiben...", fing sie schwer an und wischte sich energisch über die Wangen. „...um zu hoffen, dass du dich erinnern kannst." Konnte sie schon, egal wie egoistisch das klang. „Ich muss an Aurora denken."
„Denkst du, das tue ich nicht?"
„Doch, Draco. Ich bin mir sicher, dass du das tust." Scheinbar nicht. „Und Himmel, du hast keine Ahnung, wie schwer das für mich ist.", sprach sie und schniefte. „Ich liebe dich so sehr. So furchtbar sehr, Draco. Es verzerrt mich und macht mich wahnsinnig, dass du dich an uns nicht erinnern kannst." Er schluckte schwer. Es zerriss ihn, sie so leiden zusehen. „Aber ich kann nicht nur deswegen hierbleiben und dabei Auroras Gesundheit und Leben aufs Spiel setzen."
Und vielleicht auf etwas warten, was nicht mehr eintreten würde, denn vielleicht würde er sich nie wieder an sie erinnern. Und das wurde ihm schweren Herzens bewusst.
„Dann... dann musst du gehen", sprach er leise.
Egal wie sehr er diesen Gedanken hasste. Er musste an seine Tochter denken. An ihr Überleben und das ihrer Mutter.

VergissmeinnichtWhere stories live. Discover now