Langsam trank ich den ersten Schluck und genoss das Gefühl, wie die kühle Flüssigkeit meinen Rachen benetzte. Es tat so unheimlich gut. Es folgten noch ein paar kleine Schlucke, bevor ich Jin das Glas wieder gab und er es beiseite stellte.

"Wie fühlst du dich? Kannst du dich noch daran erinnern, was passiert ist?", fragte der Ältere und sah mich dabei fragend an. Ich fuhr mir kurz durch die verwuschelten Haare und kratzte alle Erinnerungen die ich noch hatte zusammen.

"Nur...Teilweise. Dieser Typ hatte mir ne Pille in den Mund gesteckt... Danach ist alles wie hinter einem Schleier.", erklärte ich, wie es in meinem Kopf gerade aussah. Verstehend nickte mein Cousin und blickte einen Moment auf seine Hände.

"Ich hab echt einen Schrecken gekriegt, als du mich angerufen hast. Du klangst ziemlich neben der Spur. Hoseok hat mir dann erzählt, was passiert ist.", klärte Jin mich auf. Frustriert raufte ich mir die Haare. Hobi und Yoongi hatten sich sicher um mich kümmern müssen. Wie sollte ich den beiden noch in die Augen schauen können?

"Warum bin ich so dumm?", fluchte ich leise und ließ den Kopf hängen.
"Was denken sie jetzt bloß von mir? Es tut mir leid, Jin.", entschuldigte ich mich erneut bei dem Älteren. Mir war mehr als klar, dass ich totalen Mist gebaut hatte.

"Wichtig ist nur, dass dir nichts passiert ist, Jimin. Deine Freunde haben gut auf dich aufgepasst.", sagte Jin beruhigend. Ich konnte spüren, wie er mir sanft über die Schulter streichelte. Sowohl seine Worte als auch die Berührungen sorgten dafür, dass ich mich etwas besser fühlte.

Ich sah zu Jin auf. Wieder lag ein warmes Lächeln auf seinen Lippen.
"Sie machen sich sicher auch Sorgen, also solltest du dich später mal bei ihnen melden.", fügte er noch hinzu, weshalb ich nickte. Erst als der Ältere das sagte, wurde mir bewusst, dass ich keine Ahnung hatte, wie spät es eigentlich war.

Kurz sah ich mich nach meinem Handy um, nur um es auf meinem Nachttisch liegen zu sehen. Als ich es in die Hand nahm, um nach der Uhrzeit zu schauen, musste ich feststellen, dass es bereits früher Nachmittag war. Wie lange hatte ich bitte geschlafen?!

Keine Sekunde später fielen mir allerdings die Nachrichten von Yoongi auf. Ich öffnete den Chat und lass sie mir schnell durch. Die erste hatte er bereits heute Morgen um kurz nach 10 geschickt und fragte, wie es mir ging. Und dass ich mich melden solle, wenn ich wach war.

Die zweite Nachricht war etwa vor einer halben Stunde und fragte nur erneut, ob ich wach sei. Sie mussten sich wirklich Sorgen machen. Schnell schrieb ich ihm eine kurze Antwort, dass es mir einigermaßen gut ging und ich später mal anrufen würde. Während ich die Buchstaben eintippte, merkte ich gar nicht, wie eine einsame Träne sich aus meinem Augenwinkel löste und meine Wange hinunter lief.

"Du Jimin?", hörte ich Jins vorsichtige Stimme fragen. Ich sah von meinem Handy auf und legte es an die Seite.

"Hm?", gab ich nur unsicher von mir. Sein zögerlicher Gesichtsausdruck sagte mir, dass er etwas fragen wollte. Und das war ihm sichtbar unangenehm. Ganz vorsichtig, als könnte ich unter der Berührung zerbrechen, wischte er mir mit dem Daumen die Träne vom Kiefer, bevor sie hinunter fallen konnte.

"Wieso hast du...einfach so...eine Pille geschluckt, die dir irgend ein Fremder hin hällt?", fragte er schließlich mit gesenkter Stimme. Ich hatte damit gerechnet und doch verkrampfte sich jeder Muskel meines Körpers. Ich schaffte es nicht, seinem Blick standzuhalten und schaute hinunter auf meine Hände.

Nervös spielte ich an meinen Fingern. Ich wollte nicht darüber reden. Es war mir unangenehm, davon zu erzählen, was Hyunjin mir in der Zeit, in der wir zusammen waren, alles eingetrichtert hatte. Dennoch war es wohl das mindeste, Jin davon zu erzählen, nachdem er so gut zu mir war.

Tief atmete ich durch und versuchte die richtigen Worte dafür zu finden.
"Naja, ich...ich weiß...wie dumm das war.", fing ich leise an. Irgendwie wollte meine Stimme nicht so ganz mitspielen, weshalb ich mich kurz räusperte.
"Aber ich konnte nicht anders.", seufzte ich.

Als ich einen kurzen Blick nach oben riskierte, konnte ich Jins verwirrtes Gesicht sehen. Natürlich verstand er nicht, was ich damit sagen wollte, also holte ich weiter aus.
"Es war, als hätte er...einen Schalter bei mir umgelegt. Mit den richtigen Worten...tu ich alles, was man mir sagt.", erklärte ich mit zittriger Stimme.

Es laut vor jemandem auszusprechen, führte mir selbst erst richtig vor Augen, wie kaputt mein Ex mich gemacht hatte. All die Erinnerungen trieben mir die Tränen in die Augen und ich blickte an die Decke, um sie weg zu blinzeln, bevor sie meine Augen verlassen konnten. Geduldig saß Jin vor mir und wartete schweigend darauf, dass ich bereit dazu war, weiter zu reden.

"Er hat...immer von mir erwartet, dass ich ihm gehorche. Wenn ich es nicht tat, oder ihm widersprach...hat er mich bestraft. Ich sollte immer einfach den Mund aufmachen und schlucken, was er mir gab. Ich habe nie gefragt. Er hat nur gesagt, dass ich mich dann gut fühlen würde. Ich war brav.", sagte ich leise.

Mitfühlend legte der Ältere seine Hand auf mein Knie, um mich nicht zu unterbrechen. Auch wenn es schwer war, tat es irgendwie echt gut, das alles mal jemandem anzuvertrauen.
"Ich wollte doch nur, dass mal jemand stolz auf mich ist.", gab ich schluchzend von mir. Ich konnte die Tränen einfach nicht länger zurückhalten.

"Hey...", sagte Jin leise. Er stand auf, nur um sich direkt neben mich sinken zu lassen und seine Arme um mich zu legen. Widerstandslos, ließ ich mich an ihn heranziehen und vergrub mein Gesicht an seinen breiten Schultern.
"Es ist Okay, Jimin.", hauchte er mir ins Ohr und strich immer wieder beruhigend über meinen Rücken.

"Von niemandem solltest du dich so behandeln lassen. Du bist viel mehr Wert, als er dich hat glauben lassen. Und ich bin sehr stolz auf dich, dass du mir das anvertraut hast. Das war sehr mutig von dir, Jimin.", hörte ich ihn sagen und begann nur noch stärker zu weinen.

Ein Moment der Stille verging, bevor er an der Tür klopfte und diese einfach aufgerissen wurde. Schniefend sah ich von Jins Schulter auf und blickte direkt ins Taehyungs riesigen, vor Sorge überlaufenden, Kulleraugen. Hinter ihm standen auch Namjoon und ihre Eltern, doch ich kam gar nicht dazu, etwas zu sagen, da stürzte sich der Jüngste bereits auf mich.

"Jiminie!", jammerte er und schmiss sich einfach auf mich.
"Geht es dir gut?!", fragte Tae weinerlich und schlang beide Arme fest um meinen Hals. Jin hatte von mir abgelassen, um seinem stürmischen kleinen Bruder Platz zu machen. Völlig überrumpelt legte ich meine Arme um den schmalen Körper.

"Es geht schon...", antwortete ich mit immer noch verheulter Stimme und musste kurz schniefen. Mit nassen Augen sah Tae mich an und ich konnte sehen, wie seine Unterlippe zu beben begann.
"Warum weinst du jetzt?", fragte ich ihn irritiert. Immerhin hatte er meiner Meinung nach gar keinen Grund dazu.

"Ich hab mir so Sorgen gemacht!", gestand er heulend und klammerte sich einfach weiter, halb auf mir liegend, an mich. Er war besorgt um mich gewesen? Fragend wanderte mein Blick von dem Braunhaarigen zum Rest der Familie, welche mich aus warmen Augen betrachteten.
"Habt ihr etwa...", zögerte ich, meinen Satz zu beenden.

"Na, was glaubst du denn, junger Mann. Du hast uns allen ganz schön Sorgen bereitet.", beantwortete mein Onkel die unausgesprochene Frage mit einem sanften und erleichterten Lächeln auf den Lippen.

Ich hätte glatt wieder los heulen können.

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Endlich hat unser Jiminie mal den Mund aufgemacht! :3

Endlich hat unser Jiminie mal den Mund aufgemacht! :3

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PolyamoryWhere stories live. Discover now