21 - [Gespräch]

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Mit zugeschnürter Lunge, saß ich in dem Wohnzimmer der alten Eleonore auf ihrem Sofa.

Der Boden knarrte unter ihren Beinen, als sie mit einem Teeservice aus der Küche kam.

Ihr Geruch hatte sich in den Wänden und Möbeln festgesetzt.

Sie stellte das Tablett auf einen kleinen hölzernen Beistelltisch ab und setzte sich vorsichtig auf ihren Sessel.

,,Was hattest du in meinem Garten verloren, Harrington?" Fragte sie wütend, während sie uns beide etwas Tee eingoss.

,,Es tut mir leid" Ich nahm die Tasse dankend an, doch traute mich nicht, ihr in die Augen zu schauen.
,,Das beantwortet nicht meine Frage. Außerdem sieht man jemanden an, wenn man ein Gespräch führt" Mahnte Sie mich streng.
,,Verzeihung" Sofort wanderte meine Augen zu ihr.

Schulterlanges, graues Haar. Knochige Finger und weniger Falten, als eine Frau in ihrem Alter eigentlich haben sollte. Alles im allem, ihr Alter entsprach ihr irgendwie nicht im geringsten. Im Gegensatz zu ihrem Ex-Mann Mister Woods. Er sah definitiv älter aus, als er eigentlich war.

Stur starrte sie mir in die Augen. Es fühlte sich an, als konnte ihr Blick mich durchschauen.
,,Ich habe jemanden gesucht" Gestand ich etwas beschämt.
,,Wen denn?" Sie klang neugierig. Zu meiner Überraschung, verspürte sie keinerlei Anzeichen von Wut mehr.

Verunsichert führte ich die Tasse von meinem Mund weg.
,,Ihr Name ist Quinn" Stotterte ich.
,,Und wie geht es weiter?" Sah sie mich genervt an.
,,Crowley. Quinn Crowley"

Sofort begann Miss Eleonore ins Leere zu starren. Die Zahnräder in ihrem leicht demenzkranken Kopf, begann sich zu drehen. Selten habe ich ihre restlichen Gehirnzellen so arbeiten sehen.

Etwas ziellos bewegte sie ihre Hand von der Tasse weg und führte sie zu uns auf Augenhöhe.
,,Schwarze Haare?" Fragte sie und zeigte nun auf ihren Kopf.

Langsam stieg die Freude in mir auf.
,,Ja" Miss Eleonore schreckte förmlich auf, als ich ihr etwas zu enthusiastisch antwortete.

,,Ach, das Kind hat öfters hier rumgelungert" Seufzte sie bemitleidend, als sie sich wieder beruhigt hatte.

Leicht verwundert, zog ich meine Augenbraue nach hoben. Quinn meinte, dass Miss Eleonore sie nie erwischt hatte.

,,Warum haben sie nicht die Polizei gerufen?" Leichtes Misstrauen durchzog meine Stimme. Die Frau hätte bei jeden anderen die Polizei verständigt, aber bei Quinn nicht.
,,Das Kind hat mir einfach leid getan" Sprach sie schulterzuckend.
,,Warum?" Ungläubig sah ich zu ihr auf.

Mir war es fremd zu sehe, wie jemand aus Ashville, Mitleid für jemand anderen, als nur sich selbst empfand.

Miss Eleonore stellte ihre Tasse auf den Tisch ab und verschränkte ihre Hände miteinander.
,,Hast du dir dieses Kind mal angesehen? So jemanden lässt man lieber in Ruhe" Jetzt verstand ich.

Die Polizei wurde nie aus Mitleid nicht verständigt. Miss Eleonore wollte nur nie die Verantwortung dafür übernehmen. Sie wollte nichts mit der Polizei zu tun haben. Sie wollte nichts mit Quinn zu tun haben.

Heimlich lachte ich in mich hinein. Warum glaubte ich auch, dass irgendjemand diese selbstsüchtige Mentalität den Rücken kehren würde?

,,Wann hatten Sie Quinn zum ersten mal gesehen?" Hauchte Ich betrübt. Meine Freude verflog in allen Richtungen.

Kopfschütteln nahm sie wieder einen schluck aus ihrer Tasse.
,,Vielleicht vor ein paar Monaten" Es klang eher wie eine Frage, auch wenn es eine Antwort war.

,,Und was hatte sie getan?" Intensiv traf mein Blick auf ihren. Als hätte sie mich meiden wollen, starrte sie weg.
,,Herum getollt" Meinte sie flach.
,,Und was haben Sie getan, als Sie Quinn zum ersten mal vorfanden?" Ich versuchte meine Wut zu unterdrücken.

Hilfesuchend sah sie sich im Raum um. Ihre Augen trafen immer wieder, auf ihre leicht verfärbte Tapete.
,,Ist das hier ein Verhör?" Entgegnete sie mir entsetzt. Völlig empört stellte sie ihre Tasse - wiedereinmal - auf den Tisch.

,,Ich weiss nicht, was für einen Spaß du dir mit mir erlaubst, aber-" Wollte sie schon fast Brüllen, doch schwieg.
,,Ich lege Sie nicht rein. Ich vermisse nur meine Freundin. Ich mache mir Sorgen um sie" Versuchte ich mit gebrochener Stimme zu sagen.

,,Da kann ich dir auch nicht helfen! Das Kind kommt und geht, wann immer es ihr passt. Ich habe nichts mit ihr zu tun, und so soll es auch bleiben!" Brüllte sie nun wirklich.

Ihre Stirn runzelte sich, ihre Augen waren zugekniffen und ihr Gesicht lief rot an. Die Frau hasste mich.
,,Verschwinde von meinem Grundstück" Demonstrativ zeigte sie mit ihren knochigen Zeigefinger auf die Haustür.

Mit einem genauso grimmigen Ausdruck stand ich von ihrer Couch auf und lief davon.

Ein letzter Blick fiel auf die Uhr, welche über der Küchentür hang. Es war schon längst Schulschluss gewesen und meine Lüge von heute morgen, hätten sie mir auch nicht mehr geglaubt.

Ich schmiss die Tür ins Schloss und lief den Trappelpfad, welcher der eigentliche Weg zum Rosengarten war, entlang.

Noch immer knisterten die Blätter unter meinen Schritten. Auch die kalte Luft kam mir entgegen geweht.

Die Stimmung um mich herum, brachte mich zum verzweifelen. Ich war wütend, traurig und ängstlich gewesen.

Mein Kopf war voll mit Quinn gewesen. Wo war sie? War sie noch am Leben? Diese Fragen treiben mich in den Wahnsinn. Unaufhörlich redete diese Stimme in meinem Kopf auf mich ein

Es ist deine Schuld. Quinn verdient es glücklich zu sein, nur du nicht. Wie traurig, dass sie dachte, du könntest ihre Freundin sein.

Sie quälte mich. Sie quälte mich den ganzen Weg nach Hause. Verschwommen von den Tränen, die ich mühevoll versuchte zurück zuhalten, erkannte ich ein Auto in der Einfahrt.

Ich fühlte wie meine Beine schwach wurden, als wenn ich erlaubt gewesen wäre, endlich eine Pause einzulegen.

Ich besaß keinen Halt mehr und ließ mich zu Boden fallen. Die Tränen begann zu laufen.

It's Okay - I'm There For You Where stories live. Discover now